Die internationalen Marktkommentatoren sind nicht angetan von der Entwicklung des Schweizer Aktienmarkts und verweisen mit spitzer Feder darauf, dass der Swiss Market Index (SMI) den Konkurrenten EuroStoxx 50 Index und S&P 500 Index in diesem Jahr deutlich hinterher hinkt. Seit Jahresanfang legte der Euro Stoxx 50 um 8 Prozent sowie der S&P 500 Index um 14 Prozent zu, der SMI steht dagegen unverändert da.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg warf am Donnerstag in diesem Zusammenhang sogar die Frage auf, ob die Schweizer Valoren in diesen unsicheren Zeiten den Nimbus als defensive Bollwerke eingebüsst haben. Ein genauerer Blick auf die Kursentwicklung der einzelnen SMI-Titel zeigt, wo das Problem sitzt: Ein grosser Teil der relativ mediokren Performance des SMI in diesem Jahr ist auf die zwei Schwergewichte Roche und Nestle zurückzuführen. Diese machen mehr als 30 Prozent der Gewichtung im SMI aus. Roche leidet unter sinkenden Verkäufen von Covid-Medikamenten und einer verunglückten Pharma-Pipeline, während der Lebensmittelkonzern Nestle in letzter Zeit die Erwartungen der Analysten sowie Investoren verfehlte und als möglicher Verlierer des Booms bei Medikamenten zur Gewichtsreduktion gilt. Zudem konnte auch Novartis, das zweitgrösste Mitglied des SMI, die Anleger nicht begeistern.
Es erstaunt deshalb kaum, dass nach einer schwachen Gewinnsaison die Gewinnerwartungen der SMI-Mitglieder deutlich hinter denen der Konkurrenten in der Eurozone zurückliegen. Wenig förderlich ist ebenso, dass der starke Franken übermässig auf die Gewinnmargen drückt. Allerdings betrifft diese Entwicklung nicht nur das dritte Quartal des laufenden Jahres. Seit Anfang 2021 ist der Gewinn pro Aktie der Unternehmen des Euro Stoxx um fast 30 Prozent angestiegen, während die im SMI vertretenen Firmen nahezu kein Wachstum verzeichneten.
Im langfristigen Vergleich überzeugt der SMI
Trotz Frankenstärke und Euroschwäche seit Anfang 2021 weiss der Euro Stoxx 50 zu überzeugen. In Franken gerechnet legte der Euro Stoxx 50 Index 5,19 Prozent zu, der SMI verliert 0,55 Prozent. Gar noch stärker geht es mit dem S&P 500 hoch, er legt um 18,8 Prozent zu.
Nun daraus zu schliessen, dass das Geld besser in europäischen und amerikanischen Aktien angelegt werden soll, wäre allerdings verfrüht. Wird die Performance über einen längeren Zeitraum unter Einschluss der reinvestierten Dividendenerträge - sogenannter Total Return - auf Frankenbasis herangezogen, so dreht sich das Bild, wie nachfolgende Tabelle zeigt:
Langfristiger Vergleich des Total Return von SMI, Euro Stoxx 50 und S&P 500 Index in CHF
Über einen Zeitraum von 24 Jahren - den Euro Stoxx 50 Index gibt es erst seit 1999 - zeigt eine ausgeprägte Überperformance des SMI gegenüber dem Euro Stoxx 50 Index. Und auch gegenüber dem amerikanischen S&P 500 Index muss sich der SMI nicht gross verstecken.
Das gute Abschneiden der Schweizer Börse im Vergleich zu den amerikanischen und europäischen Leitindizes ist aber weniger auf die Kursentwicklung, sondern auf die Dividendenzahlungen sowie deren Reinvestieren und den starken Franken zurückzuführen. In Lokalwährung würde nämlich der S&P 500 mit einer Outperformance gegenüber dem SMI deutlich oben ausschwingen. Da sich der Dollar als auch der Euro über 24 Jahre abgewertet hatten, ist die relative Performance des SMI aus der Sicht der hiesigen Investoren überzeugend. Seit 1999 hat der SMI auf Total-Return-Basis annuallisiert 4,30 Prozent Rendite abgeworfen, der S&P 500 4,54 Prozent und der Euro Stoxx 50 magere 1,39 Prozent.
Das erklärt, weshalb Aktienstrategen und Ökonomen wie Karsten Junius, Chefökonom Safra Sarasin (Im cash-Interview hier) betonen, Schweizer Aktien seien langfristig überzugewichten.
Ein Hauptgrund, weshalb der Euro Stoxx 50 seit drei Jahren gut abschneidet, ist einerseits auf die gut wirtschaftetenden Grossunternehmen zurückzuführen und andererseits auf den Umstand, dass der Euro Stoxx 50 Index keine so grossen Schwergewichte wie der SMI kennt. Im Performance-Vergleich haben kurzfristig die europäischen Unternehmen die Nase vorn. Entsprechend unterscheiden sich die beiden Indizes seit fast drei Jahren immer stärker voneinander, wie nachfolgender Vergleich zeigt.
Angeführt wird die Gewinnerliste im Euro Stoxx 50 von Unicredit mit einem Kursanstieg von 213 Prozent, Hermes mit 113 Prozent, Banco Bilbao Vizcaya mit 97 Prozent gefolgt von den Energiewerten Eni und Totalenergies sowie Ferrari.
Im SMI kommt die UBS mit plus 78 Prozent dagegen im Drei-Jahres-Vergleich nicht an den europäischen Spitzenreiter Unicredit heran. Ebenso bleibt der Schweizer Luxusgüter-Hersteller Richemont hinter den europäischen Pendants Hermes und Ferrari zurück. Am Stärksten fällt allerdings ins Gewicht, dass Novartis +6,33 Prozent, Nestlé -4,17 Prozent und Roche -22,94 Prozent wegen Ihrer hohen Gewichtung die Kursentwicklung des SMI ausbremsen. Ferner haben sich die europäischen Energiewerte sehr gut entwickelt - an der Schweizer Börse schafft es dagegen kein Energieunternehmen in den SMI.
Insofern bleibt zu konstatieren, dass Schweizer Aktien aufgrund der starken Heimwährung eine hohe Gewichtung in jedem Portfolio von Schweizer Anlegerinnen und Anlegern verdienen. Damit der wichtigste Schweizer Leitindex SMI im Vergleich aber wieder zu alter Hochform findet, sind deutlich bessere Perfomances der Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche gefragt.
2 Kommentare
Der SMI ist der falsche Massstab, selbst wenn der Langfristvergleich positiv ausfällt. Die SPI reflektiert die Dividendenzahlungen und ist deshalb als Vergleich mit ausländischen Indizes beizuziehen!
Die wesentliche Thematik bei einem langfristigen Vergleich ist die geringere Geldentwertung des Franken wodurch dieser gegenüber € und $ zunimmt. Dadurch sieht der Schweizer Index optisch weniger schick aus.