Die Preise am Schweizer Immobilienmarkt haben sich auf hohem Niveau stabilisiert. Weder Credit Suisse noch Raiffeisenbank gehen von einer nennenswerten Preiskorrektur in der Schweiz in diesem Jahr aus. Ganz anders präsentiert sich die Situation auf dem europäischen Immobilienmarkt.

Schweden sticht dabei mit einem Preisrückgang für Immobilien mit 16 Prozent hervor, gefolgt von Deutschland und Dänemark mit je einem Rückgang von 10 Prozent. Zu unterschiedlich sind die Ausgangslagen, um die Situation in den einzelnen Märkten einfach zu vergleichen und daraus zu schliessen, dass die Preisspirale am Schweizer Immobilienmarkt nun auch gegen unten drehen dürfte. 

Hohe Quote an variablen Hypotheken ist in Schweden problematisch

Ein vertiefter Blick nach Schweden und Dänemark zeigt, warum der Schuh in Schweden drückt. "Die Dänen haben zu einem grossen Teil langfristige Hypotheken mit festem Zinssatz", sagt Karen Frosig, die 64-jährige CEO der Sydbank und eine der dienstältesten Top-Direktorinnen im dänischen Finanzsektor. Das ist ein direkter Gegensatz zu Schweden, wo die meisten Hypotheken entweder eine variable Verzinsung oder eine Bindung von bis zu einigen wenigen Jahren haben.

"Das bedeutet, dass die Zinserhöhungen durch die Schwedische Zentralbank Riskbank direkt und rasch in die Kosten für den Schuldendienst einfliessen. Wir sehen im Gegensatz zu Schweden, dass unsere Kunden in Dänemark viel Liquidität auf dem Konto haben", betont Frosig. "Abschreibungen auf faule Kredite werden durch mangelnde Liquidität auf Kundenseite verursacht und wir sehen keine Anzeichen dafür in Dänemark." Dies deckt sich mit den Beobachtungen in der Schweiz. Bei den Schweizer Kreditinstituten sind keine Anzeichen zu erkennen, dass ein erhöhter Abschreibungsbedarf besteht. 

Der Anteil in Dänemark ist bei den Festhypothek auf einem ähnlich hohen Niveau wie in der Schweiz - in Schweden liegt der Anteil Festhypotheken dagegen nur bei 50 Prozent. Die neuesten Zahlen der Schweizerischen Nationalbank liegen noch nicht vor, aber Festhypotheken dürften gemäss Einschätzung der Raffeisen Schweiz immer noch rund 80 Prozent des ausstehenden Hypothekarvolumen in der Schweiz ausmachen. Dadurch ergibt sich ein guter Schutz gegen schnell steigende Hypothekarzinskosten. 

Entsprechend scheint das Risiko verhältnismässig klein, dass die Immobilienpreise in der Schweiz so stark wie in Schweden fallen könnten, da die Kunden in der Schweiz über genügend Liquidität verfügen. "In der Schweiz ist Wohneigentum ein Privileg der Wohlhabenden. In Schweden ist die Eigentumsquote dagegen mit 65 Prozent viel höher als in der Schweiz mit 36 Prozent, wie Francis Schwartz, Ökonom bei der Raiffeisen Schweiz festhält. Er führt weiter aus, dass in Schweden breitere Bevölkerungsschichten Zugang zum Eigentumsmarkt haben und weniger Wohlhabende eher von Krisen betroffen seien.

Wirtschaftswachstum und tiefe Arbeitslosigkeit sprechen gegen sinkende Preise

In Dänemark dürften zudem noch aus anderen Gründen keine zunehmenden Wohnungsmarktprobleme wie im benachbarten Schweden auftreten. "Ich sehe keine Anzeichen dafür, dass wir mit den gleichen starken Rückgängen konfrontiert werden wie in Schweden", erklärt Forsig. "In Dänemark haben wir so gut wie keine Arbeitslosigkeit. Solange Hausbesitzer beschäftigt sind, können sie in der Regel ihre Hypotheken bezahlen."  

Auch wirtschaftlich ist die Situation zwischen Schweden sowie Dänemark und der Schweiz nicht zu vergleichen. Der schwedische Immobilienpreisrückgang, ausgelöst durch eine Reihe von schnellen Zinserhöhungen der Riksbank, wird laut der jüngsten Prognose dazu beitragen, dass die Wirtschaft als einzige in der Europäischen Union ganzjährig schrumpft. In der Schweiz und Dänemark sind die wirtschaftlichen Perspektiven dagegen wesentlich besser. Das Seco erwartet für die Schweiz im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent, für Dänemark wird gar ein Wachstum von 2,7 Prozent vorhergesagt. 

Strenge regulatorische Vorgaben für die Kreditvergabe

Die Bankerin Frosig führt weiter aus, dass der dänische Wohnungsmarkt "derzeit durch eine sehr gute Kombination von Faktoren geschützt ist". Das Polster werde zudem durch jahrelang sehr strenge Regeln der Finanzaufsicht gestützt. Dieses hat die Hausbesitzer daran gehindert, sich während der Boomzeit nach Ende des Corona-Lockdowns zu stark zu verschulden.

Ähnlich äussert sich Schwartz und meint zur Situation in der Schweiz: "Bei der Hypothekarvergabe rechnen Banken mit kalkulatorischen Zinsen von 5 Prozent. Damit ist sichergestellt, dass die Kunden die Hypothekarzinsen auch noch bei einem viel höheren Zinsniveau problemlos bezahlen können." Die Kreditvergabe in Schweden war dagegen in den letzten Jahren an deutlich lockerere Bedingungen geknüpft. Das rächt sich nun und schlägt direkt auf die Immobilienpreise durch. 

Preisentwicklung und Fallhöhe sind entscheidend

Ein wesentlicher Faktor für das Korrekturrisiko am Immobilienmarkt ist auch die Preisentwicklung. So sind zum Beispiel die Preise am dänischen Immobilienmarkt vor dem Corona-Einbruch weniger stark gestiegen als in Schweden. Dort betrug der Preisanstieg in den vergagenen 15 Jahren je nach Marktsegment 130 bis 160 Prozent. Ein Blick nach Deutschland bestätigt diese Zahlen. Auch dort sind die Preise in den lezten 15 Jahren um 120 bis 150 Prozent gestiegen. Die jüngste Preiskorrektur in Deutschland um 10 Prozent ist deshalb nicht als dramatisch einzuordnen. Es bleibt unter dem Strich bei einer satten Preissteigerung. 

Die Fallhöhe der Preise in der Schweiz ist dagegen geringer, haben doch die Preise für Wohnungen und Einfamilienhäuser seit der Finanzkrise 2008 gemäss Thomas Rieder, Senior Economist bei der Credit Suisse, nur um 66 Prozent zugelegt. Dadurch erhalten die Preise eine natürliche Stütze, weil Preisübertreibungen ausblieben und die Fallhöhe geringerer ist. 

Es scheint, dass der Schweizer Immobilienmarkt trotz der jüngst wieder anziehenden Sätze für Festhypotheken und dem prognostizierten Anstieg beim Saron gut aufgestellt ist. Ein knappes Angebot, solide Finanzierungen, hohe Barmittel, eine robuste Wirtschaft und ein weiter freundlicher Aktienmarkt könnten gemäss Raiffeisen gar zu weiter steigenden Preisen führen.  

 

Thomas Daniel Marti
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