Gute Geschäftsergebnisse versprechen eigentlich eine gute Kursperformance. Dies stimmt bei den Banken nicht - oder schon lange nicht mehr. Die Aktien der Grossbank UBS haben seit ihrem guten Quartalsbericht am 20. Oktober bereits wieder 5 Prozent an Wert eingebüsst. Goldman Sachs verzeichnete zwar am 14. Oktober ein Rekordergebnis. Die Aktien sind trotzdem aktuell 10 Prozent weniger wert als Mitte Oktober. Generell haben es Aktien von traditionellen Banken vor allem aus Europa seit Jahren schwer. 

Diese Entwicklung mag paradox erscheinen, ist es aber nicht. In der aktuellen Marktlage sind Wachstumsaktien gefragt, und da gehören Bankentitel nicht dazu. Zu sehr trüben die Niedrigstzinsen, die aktuell wieder ansteigenden Kreditrisiken und die bestehende Kostenstruktur die Perspektiven. Das "temporär" gesteigerte Handelsvolumen ist dabei nur ein Tropfen auf einen heissen Stein.

Sind Finanztitel für Anleger aktuell ein No-Go? Nein, insbesondere wachstumsstarke Unternehmen aus der Fintech-Welt können von der Entwicklung hin zu einer digital werdenden Gesellschaft auch in der Kursperformance profitieren. Dies auch insofern, da Regierungen und Zentralbanken in der Corona-Krise deren Rolle im Finanzsystem zunehmend anerkennen und stärken. Hier vier Fintech-Titel und deren Perspektiven.

Square - Mobiles Zahlen wird zur Normalität

Zwar wurden die Aktien des amerikanischen Fintech-Unternehmens Square im Corona-Crash stark verkauft und verloren innerhalb eines Monats 50 Prozent ihres Werts, doch danach ging es steil aufwärts. Seit Jahresbeginn haben die Wertpapiere 173 Prozent hinzugewonnen. Im Gleichschritt stieg auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in die luftige Höhe von 260.

Performance der Square-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: cash.ch).

Das amerikanische Unternehmen vertreibt mehrere Software- und Hardware-Produkte, die Kreditkartenzahlungen vereinfachen. Insbesondere kleinere Unternehmen gehören zu den Kunden. In der Corona-Krise, wo bargeldloses Zahlen ein starkes Wachstum zeigt, gehört Square deswegen zu den Gewinnern.

Die Cashcow von Square bleibt aber die sogenannte CashApp. Diese App erlaubt es Nutzern Geld zu empfangen und zu versenden. Im zweiten Quartal generierte die App einen Umsatz von 1,2 Milliarden und einen Gewinn von 281 Millionen Dollar - 62 Prozent des Gesamtumsatzes und 47 Prozent des Gesamtgewinnes von Square.

Square lanciert im Verlauf des nächsten Jahres seine eigene Bank, Square bank. Square will damit hauptsächlich Kredite und Depositprodukte für Kleinstunternehmen anbieten. Diese Unternehmen bekommen damit eine vollumfängliche Dienstleistung, um Zahlungen abzuwickeln. Trotz der hohen Bewertung bleiben die  Square-Aktien wegen der entstehenden Produktpalette ein vielversprechender Kauf für die Zukunft.

MercadoLibre - Das lateinamerikanische Amazon

Das an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq gelistete Unternehmen MercadoLibre gehört wie der Onlinehandelsriese Amazon zu den diesjährigen Corona-Profiteuren. Die Aktienperformance ist mit einem Plus von 124 Prozent seit Jahresbeginn für ein in Südamerika tätiges Unternehmen mit Hauptsitz im krisengeschüttelten Argentinien ausgezeichnet.

MercadoLibre hat mit seiner gleichnamigen Onlinehandelsplattform fast schon eine Monopolstellung in Südamerika, was die häufig genannte Analogie zu Amazon erklärt. In dieser Betrachtungsweise geht aber die Bedeutung der Fintech-Sparte von MercadoLibre unter. Die Bezahlplattform Mercado Pago wickelt Milliardenschwere Dollarbeträge pro Quartal ab und wächst rasant - 142 Prozent legte der Zahlungsverkehr im zweiten Quartal gegenüber der Vorjahresperiode zu.

66 Prozent der von Bloomberg befragten Analysten empfehlen ein "Buy"-Rating. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 1258,23 Dollar, was knapp 2 Prozent unter der aktuellen Bewertung liegt. Ein Punkt erschwert aber ein Investment in MercadoLibre stark. Mit seinem Fokus auf Südamerika ist das Unternehmen in einer Weltgegend präsent, die sehr stark unter der Corona-Krise leidet. Daten zu einer eindeutigen konjunkturellen Erholung können ein Investment aber sofort interessant machen.

PayPal - Venmo-App als Treiber

Der einst von Elon Musk und Peter Thiel mitbegründete Online-Bezahldienstleister PayPal hat in diesem Jahr das Momentum auf seiner Seite und macht es mit seiner Aktienperformance anderen Fintechs gleich. 85 Prozent haben die Aktien seit Jahresbeginn an Wert gewonnen.

Performance der PayPal-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: cash.ch).

Den Online-Bezahldienst von PayPal kennt vermutlich Jedermann. Als wichtigstes Zugpferd entpuppt sich jedoch mehr denn mehr die Mobile-Bezahllösung namens Venmo. Diese App ermöglicht wie die CashApp von Square Geldtransaktionen zwischen Nutzern und ist momentan die Nr. 1 im US-Markt.

PayPal weist nicht aus, wieviel neue Nutzer die App verzeichnet, einzig das Transaktionsvolumen wird quartalsweise ausgewiesen. Dieses stieg im zweiten Quartal um 52 Prozent auf 37 Milliarden Dollar gegenüber der Vorjahresperiode. Die Zahlen für das dritte Quartal werden am 2. November veröffentlicht. Das starke Wachstum sollte im momentanen Corona-Umfeld anhalten.

Die von Bloomberg erfassten Analysten sind in der grossen Mehrheit sehr bullish gegenüber PayPal. Obwohl die Aktien dieses Jahr schon sehr stark gestiegen sind, sehen die Analysten im Durchschnitt ein Aufwärtspotenzial von 11 Prozent. Ein Kauf lohnt sich bei PayPal trotz der hohen Bewertung und wegen Corona immer noch.

Ant Financial - Die rote Banken-Bedrohung

Ant Financial ist schon vor dem Börsengang das am höchsten bewerte Fintech-Unternehmen der Welt. Die Nachfrage nach den Ant-Aktien ist so gross, dass das chinesische Fintech die Bücher für sein Weltrekord-IPO vorzeitig schliesst.

Mit ihrem Hauptprodukt Alipay, dass eine Milliarde Kunden zählt, können Händler per Mobiletelefon bezahlt werden - Code scannen genügt. Aber Ant Financial ist weit mehr als ein einfacher Zahlungsabwickler. Er ist Kreditgeber, Versicherer und Broker in einem geworden. Die Tochter des chinesischen Onlinhandels-Giganten Alibaba setzt mit ihrem Geschäftsmodell daher insbesondere auch das traditionelle Investmentbanking unter Druck.

Gleich beim Börsengang einsteigen oder abwarten, ist für Anleger bei Ant Financial die Hauptfrage. IPOs sind zwar häufig eine gute Investition, oft sind sie aber auch mit einem grossen Hype verbunden, was zu überhöhten Preisen führt. Der Hype könnte dieses Mal aber berechtigt sein. Anleger sollten sich daher den 5. November vormerken. Dann beginnt der Handel mit Ant-Aktien an der Börse in Hong Kong.

ETF als Alternative

Es muss nicht immer eine Aktie sein, um an einem Wachstumsmarkt zu partizipieren. Der "Global X FinTech ETF" (Exchange Traded Funds) (FINX), deckt die innovativsten Unternehmen der FinTech-Welt ab. Seit Jahresbeginn hat FINX 24 Prozent an Wert zugelegt.

An der Digitalisierung der Finanzbranche kann ein Anleger auch mittels des "Invesco KBW NASDAQ Fintech UCITS ETF" profitieren. Der ETF bündelt Fintechs unter anderem aus den Bereichen Finanzen, Software, gewerbliche Dienstleistungen und IT-Services. Wegen seiner sehr breiten Aufstellung steht dieses ETF jedoch seit Jahresbeginn "nur" 1 Prozent im Plus.

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren