Die Inflation fiel überraschend im Januar auf 1,3 Prozent nach 1,7 Prozent im Dezember, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag mitteilte. Das heisst: Schweizer Konsumgüter waren im Dezember 1,3 Prozent teurer als im entsprechenden Vorjahresmonat. Ökonomen hatten eigentlich eine weiter steigende Inflation erwartet. Das sind die Ökonomenstimmen dazu: 

Alexander Koch, Ökonom Raiffeisenbank

«Die Schweizer Inflation hat im Januar ihren Abwärtstrend bestätigt. Trotz der Mehrwertsteuererhebung ist die Gesamtjahresrate stärker als erwartet von 1.7 Prozent auf 1.3 Prozent zurückgefallen. Die Händler haben keine weitreichenden Preiserhöhungen zum Jahreswechsel durchgesetzt. Eher im Gegenteil. Die saisonalen Preisabschläge bei Bekleidung und Beherbergung fielen kräftiger aus als üblich. Vor allem langlebigere Güter werden nach teilweise kräftigen Aufschlägen in der Hochinflationsphase wieder günstiger, nicht zuletzt Gebraucht- und Mietwagen.

Auch die Jahresrate bei den Energiepreisen ist deutlich gefallen. Die Stromtarife wurden zwar um saftige 17.8 Prozent gegenüber dem Vormonat angehoben. Aufgrund der nochmals stärkeren Anhebung Anfang letzten Jahres um 25.5 Prozent ist der Beitrag zur Inflationsrate aber sogar gesunken. Zudem hat sich der Rückgang der Gaspreise aufgrund der nachhaltig niedrigeren Grosshandelspreise fortgesetzt.

Alles in allem bestätigen die ersten Konsumentenpreisdaten in diesem Jahr das entspannte Preisumfeld in der Schweiz. Das Auslaufen des Preisschubs bei Gütern dämpft erheblich. Und wegen moderater Lohnerhöhungen ist auch die Preis-Pipeline im Dienstleistungssektor weitaus leerer als andernorts. Ungeachtet noch anstehender Mietpreiserhöhungen im Jahresverlauf wegen den Referenzzinssatzerhöhungen, sind die Chancen gestiegen, dass die Inflation deutlicher unter der 2 Prozent-Marke verharrt.»

Karsten Junius, Chefökonom J. Safra Sarasin

«Die Inflation hat sich im Januar massiv abgeschwächt, obwohl die administrierten Preise mit ihrem Indexgewicht von 24,9 Prozent sich um 1,3 Prozent auf Monatsbasis erhöht haben. Allein die Strompreise erhöhten sich um 17,8 Prozent. Importierte Preise machen den Grossteil des Disinflationsdrucks aus. Sie fielen um 1,3 Prozent auf Monatsbasis und um 0,9 Prozent auf Jahresbasis und reflektieren den starken Franken und die gefallenen Ölpreise.

Dies trägt dazu bei, dass die Kerninflation mit einem Indexgewicht von 67,1 Prozent um 0,4 Prozent auf Monatsbasis fiel. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im März ist dadurch gestiegen, wenngleich unsere Prognose bei einem ersten Zinsschritt im Juni bleibt. Zu beachten bleibt, dass die inländischen Preise mit 0,6 Prozent auf Monatsbasis und 2,0 Prozent auf Jahresbasis gestiegen sind, der Arbeitsmarkt solide bleibt und die Produktionskapazitäten mit Ausnahme des verarbeitenden Gewerbes sehr stark ausgelastet sind. Es wäre daher verfrüht, den Kampf gegen die Inflation als gewonnen zu bezeichnen.»

Thomas Stucki, Anlagechef St. Galler Kantonalbank

«Die tiefe Inflationsrate ist sicher überraschend. Haupttreiber sind aber nach wie vor die Importgüter, die im Jahresvergleich um 0.9% billiger geworden sind. Die Inlandteuerung ist auch gesunken, aber mit 2.0% für Schweizer Verhältnisse immer noch überdurchschnittlich hoch. Für die SNB erhöht die tiefere Inflationsrate die Handlungsfreiheit, ist aber kein Grund, die Zinsen nun rasch zu senken.»

Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz

«Der Rückgang der Teuerung im Januar auf 1.3% war stärker als allgemein erwartet wurde. Sinkende Energie- und Flugverkehrspreise sowie abnehmende Zweitrundeneffekte dämpften die Inflation in der Schweiz. Der Franken schwächt sich nach der starken Aufwertung über den Jahreswechsel gegenüber USD und EUR weiter ab. Dies dürfte die SNB freuen weil sie damit weniger Druck hat, gegen einen übermässig aufwertenden Franken anzukämpfen, sei es mit Interventionen am Devisenmarkt oder mit einer Zinssenkung schon im März. Wir erwarten weiterhin, dass die grossen Zentralbanken wie die amerikanische Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen gegen Jahresmitte ein erstes Mal senken werden und die SNB dann im Juni ebenfalls eine Zinssenkung vornehmen wird.»

(cash)