Seit der Ringhandel in der Schweiz im Jahr 1996 abgeschafft wurde, geht der Börsenhandel weit gesitteter vonstatten als zuvor. Vorbei sind die an den wilden Westen erinnernden Szenen am Börsenring, wo Händler in grosser Hektik Kauf- und Verkaufspreise hinausschreien, um einen Handel abschliessen zu können. Wie es an der Effektenbörse Zürich im Jahre 1962 zu und her ging, sehen Sie im Video hier.
Doch auch wenn im heutigen Online-Handel nur noch wenig an die damalige Zeit erinnert, so ist die Grundfunktionsweise der Börse unverändert geblieben: Kaufwillige Anleger treffen an der Börse auf solche, die ihre Titel abstossen wollen. Es kommt zu einem Börsengeschäft, wenn sich die beiden Parteien auf einen Preis einigen können. Heute wie damals werden die Angebote von Käufer- und Verkäuferseite im Orderbuch, auch Auftragsbuch genannt, festgehalten.
Was nicht alle Anleger wissen: Das aktuelle Orderbuch von Schweizer Aktien steht für Anleger offen zur Verfügung. Und vor dem Kauf oder Verkauf einer Aktie lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen, damit man sich ein Bild darüber machen kann, welcher Preis realistisch ist und wo die Kaufs- bzw. Verkaufslimite gesetzt werden sollte.
Welche Auftragsarten gibt es überhaupt? Lesen Sie dazu den Artikel "So kaufen und verkaufen Sie Aktien - Tipps für Einsteiger und Erfahrene" |
Einsehbar ist das Orderbuch entweder auf der Homepage der SIX (auf gewünschte Aktie klicken, dann "Orderbuch anzeigen") oder direkt bei cash.ch (nur verfügbar für Bankkunden und Profi-Abo-Besitzer). Und das sieht dann, hier am Beispiel der Santhera-Aktie, so aus:
Orderbuch und Timeserie der an der Schweizer Börse SIX gehandelten Santhera-Aktie. Datum 22.11.2018, 12:15 Uhr / Quelle: cash.ch
Was entnimmt nur der Anleger diesen Tabellen? Zunächst zum eigentlichen Orderbuch auf der rechten Seite des Screenshots: Die ersten drei Spalten (Zeit, Volumen und Geld) beschäftigen sich mit der Käuferseite. Der Geldkurs (in Grafik nur "Geld" genannt) zeigt auf, was Käufer für den Santhera-Titel maximal zu zahlen bereit sind. Der höchste Wert beträgt 14.22 Franken. 1'288 Aktien ("Volumen") werden zu diesem Preis nachgefragt, wobei der letzte Auftrag in dieser Höhe um 12:06:30 Uhr einging. 300 weitere Aktien werden zum Preis von 14.20 Franken nachgefragt, 350 weitere zu 14.12 Franken usw.
Dem stehen die potenziellen Verkäufer gegenüber, denen die letzten drei Spalten gewidmet sind (Brief, Volumen und Zeit). Das tiefste Santhera-Verkaufsangebot steht zum Zeitpunkt des Screenshots bei 14.48 Franken, zu diesem Preis wurden 69 Aktien angeboten. Es folgen 234 weitere Titel zum Angebotspreis von 14.50 Franken, weitere 342 zu 14.52 Franken usw.
Orderbuch zeigt nur ausstehende Aufträge
Im Orderbuch sind nur Aufträge ersichtlich, die aufgrund von Preisdifferenzen zwischen Angebot und Nachfrage noch nicht ausgeführt werden konnten. Der tiefste angebotene Preis für eine Santhera-Aktie beträgt hier also 14.48 Franken, der höchste nachgefragte Kurs jedoch nur 14.22 Franken. Die Differenz dieser beiden Werte, sie beträgt 0.26 Franken, wird Geld-Brief-Spanne (englisch bid-ask spread) genannt. Diese ist in der Regel umso grösser, je weniger häufig ein Titel gehandelt wird. Eine grössere Geld-Brief-Spanne erschwert den Handel.
Zusätzlich steht links in der obigen Grafik die Timeserie. Sie zeigt die effektiv ausgeführten Trades und zu welchem Preis sie abgewickelt wurden. Hier haben sich also Angebot und Nachfrage gefunden. Der letzte Santhera-Handel fand gemäss Grafik um 12:06:29 Uhr statt, 15 Aktien wechselten zum Preis von 14.28 Franken den Besitzer.
Was nützt das Auftragsbuch nun konkret dem Anleger? Es gibt ihm einen Anhaltspunkt darüber, zu welchem Preis ein Verkauf bzw. Kauf durchgeführt werden kann. Wer Santhera-Aktie kaufen will, weiss, dass es Anbieter gibt, die für 14.48 Franken zu verkaufen bereit sind und kann seinen Kaufantrag entsprechend setzen. Umgekehrt ist für einen Verkäufer im Orderbuch ersichtlich, dass gegenwärtig Aktien zu maximal 14.22 Franken nachgefragt werden.