Wieso lassen wir uns von Betrügern einwickeln? Weil sie raffinierte psychologische Tricks gebrauchen, die Schwachstellen ausnutzen. Social Engineering nennt sich diese Vorgehensweise. «Dabei werden Menschen gezielt beeinflusst, um ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen», sagt die Psychologin Mirjam Loewe-Baur, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Kantonspolizei Zürich.

Bei weitem nicht nur naive oder demente Personen werden so zu Opfern. Laut Loewe-Baur trifft es sogar nicht selten Leute, die in einer Führungsposition tätig sind.

Noch eine falsche Annahme: Immer die gleichen Tricks – das verfängt doch irgendwann nicht mehr. Leider nein. Hier die vier erfolgreichsten Maschen.

Masche 1: Die falsche Polizei

Angebliche Polizisten rufen an und behaupten, in der Nachbarschaft sei es zu Einbrüchen gekommen. Oder sie hätten bei einer verdächtigen Person eine Liste mit potenziellen Opfern gefunden. Oder jemand schleiche ums Haus. Die Zielperson wird überredet, ihr Geld einem falschen Polizisten zu überreichen, per E-Banking zu überweisen oder den Zugriff darauf zu gewähren – damit das Ersparte sicher auf dem Polizeiposten aufbewahrt werden könne.

Warum es funktioniert:

Zunächst lassen wir uns von der Autorität der Polizei einschüchtern. Mit Tricks wird Vertrauen erweckt. Auf dem Display erscheint oft eine Nummer, die nach Polizei aussieht – oder man wird gebeten, die 117 einzutippen, um den Anrufer zu verifizieren. Weil der Anruf dabei nicht unterbrochen wird, landet man aber wieder bei den Betrügern. Zudem wird einem Angst gemacht, man verliere das ganze Ersparte.

So schützt du dich:

  • Entscheide nicht sofort. Und bespreche dich mit einer Person, der du vertraust, bevor du etwas unternimmst.
  • Überprüfe die Identität des Gegenübers, etwa indem du das Gespräch unterbrichst und die 117 anrufst.
  • Übergebe oder überweise nie Geld an eine unbekannte Person – auch nicht, wenn sie vertrauenswürdig scheint.

Masche 2: Der Enkeltrick

Täter kontaktieren eine meist betagte Person telefonisch und geben sich als Enkelin, Bekannte oder Verwandter aus. Sobald etwa das Opfer einen Namen nennt («Daniela, bist du es?»), wird ihn die Täterin benutzen und so eine Vertrauensbasis aufbauen. Aufgetischt wird eine emotionale Geschichte, warum die anrufende Person angeblich in Schwierigkeiten steckt – etwa, sie sei in einen Unfall verwickelt und brauche dringend Hilfe. Deshalb soll das Opfer eine hohe Geldsumme zahlen.

Warum es funktioniert:

Die Anruferin ist sympathisch und weckt mit gewissen Informationen das Vertrauen. Sie schmeichelt dem Opfer, nennt es zum Beispiel «Lieblingsgrossvater». Oder verspricht, nächste Woche zu Besuch zu kommen. Die Täter bauen emotional und zeitlich Druck auf. Sie treten zum Beispiel autoritär auf und drohen, den Kontakt abzubrechen, wenn das Geld nicht kommt. Mit Aussagen wie «Du bist schuld, wenn ich meine Existenz verliere» wird der Druck erhöht. Oft rufen die Betrüger im Dreiminutentakt an, damit man sich nicht absprechen kann und isoliert wird.

So schützt du dich:

  • Entscheide nie unter Zeitdruck. Wenn du dich gedrängt fühlst, ist es nicht unhöflich, den Hörer aufzulegen.
  • Stelle Kontrollfragen, die eine fremde Person nicht beantworten kann. Etwa: «Wie heisst meine Schwester?»
  • Unterbreche den Anruf und rufe die Verwandte oder den Bekannten unter deren echter Nummer zurück.
  • Lasse deinen Namen aus dem Telefonbuch entfernen oder reduziere den Vornamen auf das Initial. Betrüger suchen oft gezielt nach traditionellem Vornamen, um einen Hinweis auf Alter oder Herkunft des Opfers zu erhalten.
  • Gebe möglichst wenig persönliche Informationen preis, ob am Telefon oder im Internet.

Masche 3: Die Liebeslüge

Beim sogenannten Romance Scam erstellen Täter ein gefälschtes Profil auf einer Online-Partnerbörse oder auf Facebook. Sie kontaktieren mögliche Opfer, es werden Nachrichten ausgetauscht. Erstaunlich schnell werden die Opfer mit Liebeserklärungen eingelullt. So verlieben sich manche – und zwar in eine Illusion, etwa in einen attraktiven Geschäftsmann aus Kanada. Die Online-Romanze wird über Wochen und Monate hinweg aufgebaut, bis man sich angeblich im echten Leben treffen will. Doch unmittelbar davor kommt etwas dazwischen: Der Täter gibt vor, er sei plötzlich erkrankt, habe einen Unfall erlitten oder sei am Flughafen überfallen worden. Das verliebte Opfer wird gebeten, etwa die Behandlungs- oder Reisekosten zu überweisen. Zu einem Treffen kommt es – oh Wunder – nie.

Warum es funktioniert:

Die Täter spielen mit Emotionen. Der angebliche Verehrer schenkt dem Opfer Aufmerksamkeit und baut über mehrere Monate eine starke Bindung auf. Das Gegenüber wird emotional abhängig. Es fühlt sich gut an, jeden Morgen eine Nachricht auf dem Handy zu haben von jemandem, der an einen denkt. Je länger das dauert, desto schwieriger wird es, den Kontakt abzubrechen. Wer gesteht sich nach monatelanger Beziehung gern ein, dass alles nicht real ist? Bei ihrer Forderung arbeiten die Betrüger dann mit Druck: Die Not ist angeblich gross, die Zeit knapp.

So schützt du dich:

  • Nimm keine Online-Freundschaftsanfragen von Personen an, die keinen Bezug zu deinem Leben haben. Oder hinterfrage, weshalb ein gut situierter, attraktiver Mensch aus einem fernen Land eine Beziehung mit dir will.
  • Werde misstrauisch, wenn jemand vor dem ersten Treffen schon von der grossen Liebe spricht.
  • Verschicke keine intimen oder heiklen Fotos von dir. Man könnte dich damit erpressen.

Masche 4: Phishing-Mails

Man erhält eine E-Mail von einem bekannten Absender, etwa von Amazon, Netflix oder der Post. Nur: In Wahrheit stecken Betrüger dahinter. Man wird zum Beispiel aufgefordert, innert 24 Stunden über einen Link die Kreditkartenangaben zu aktualisieren oder einen Kleinbetrag einzuzahlen – sonst werde der Online-Zugang gesperrt oder das bestellte Paket kostenpflichtig zurückgeschickt.

Warum es funktioniert:

Die Mails sind mit dem bekannten Firmenlogo versehen, gut formuliert und sehen professionell aus. Wir lassen uns täuschen, weil wir es als normal empfinden, solche Mails etwa von der Post zu erhalten. Zudem besteht Zeitdruck: Wenn wir die angesetzte Frist verpassen, drohen Nachteile.

So schützt du dich:

  • Sei misstrauisch bei Mails, die dich zu raschem Handeln auffordern, vor allem wenn Nachteile angedroht werden, etwa eine Kontosperrung.
  • Banken fragen nie per Mail nach persönlichen Daten wie etwa einem PIN oder TAN.
  • Falls deine Bank oder deine Geschäftspartner per Mail an dich gelangen, wirst du in der Regel mit Namen angesprochen und nicht mit etwas im Stil von «Sehr geehrter Kunde».
  • Öffne keine Mail-Anhänge, wenn du die Absenderin nicht persönlich kennst oder nicht hundertprozentig sicher bist, dass sie vertrauenswürdig ist.