Die Periode nach der Finanzkrise war von ultratiefen, phasenweise negativen Zinsen geprägt. Sie endete erst 2022, als die Notenbanken die Zinsen heraufzusetzen begannen. Im Zeitraum von 2008 bis 2021 hat die Menge der vorhandenen Banknoten in den grossen Währungsräumen zugleich markant zugenommen. In den USA betrug der Anstieg 168 Prozentpunkte, in der Eurozone rund 130 Prozentpunkte und in der Schweiz 125 Prozentpunkte, wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) in einer Studie von Ende September festhält.

Die Anstiege mögen insofern erstaunen, als bargeldlose Zahlungsmittel - inbesondere Bezahlapps - im Laufe der Zeit aufgekommen sind. Folglich hätte man annehmen können, dass Bargeld immer weiter verdrängt wird. Die SNB liefert nun eine Begründung, weshalb Bargeld und speziell grosse Banknoten dennoch weiterhin gefragt waren.

Der Gedankengang setzt bei den Zinsen an. Hohe Zinsen gehen mit einer schwächeren Nachfrage nach Geldscheinen einher, wohingegen tiefe Zinsen eine stärkere Bargeldnachfrage begünstigen. Den Extremfall konnte man in der Schweiz während der Negativzinsphase beobachten: Die Bevölkerung hortete Cash, statt das Geld in Zinsprodukte anzulegen.

Die Probe aufs Exempel lief ab 2022. Ist die Banknotennachfrage im Gefolge steigender Zinsen wieder gefallen? Ja, sagt die Nationalbank - die Nachfrage sei «spürbar» zurückgegangen, während die Geldpolitik gestrafft wurde. Laut Statistik beträgt der Rückgang rund 40 Prozentpunkte, die Menge der vorhandenen Banknoten ist heute folglich nur noch 80 bis 90 Prozentpunkte höher als Ende der Nullerjahre, nicht mehr 125 Prozentpunkte.

Der Befund zum Zusammenhang von Zinsen und Banknotennachfrage unterstreiche, so die SNB, die Rolle des Bargeldes als Wertaufbewahrungsmittel für die Bevölkerung. Begehrt seien speziell die wertvollen Noten, und zwar: «Diese grossen Banknoten werden in erster Linie als Wertaufbewahrungsmittel gehalten.» Demgegenüber seien kleinere Noten vor allem als Zahlungsmittel gefragt.

Eine Schattierung zu dieser aktuellen Analyse stammt aus der SNB-Zahlungsmittelumfrage bei Privatpersonen, welche repräsentativ ist und im Zweijahresrhythmus durchführt wird. Laut der jüngsten Ausgaben haben 37 Prozent der Befragten in den zurückliegenden ein bis zwei Jahren mindestens eine 1000-Franken-Note besessen. Im Umkehrschluss: Ein grosser Teil der Bevölkerung hat keine 1000er-Banknote gehalten. Sie konzentrieren sich demnach in den Händen und Geldbeuteln einer relativ kleinen Gruppe.

Kurzfristig spielen wohl illegale Motive eine Rolle

Die SNB-Zahlungsmittelumfrage benennt auch den hauptsächlichen Verwendungszweck der 1000er-Note, das Barzahlen von Gütern und Dienstleistungen. Dieser Zweck wurde von knapp 40 Prozent der Befragten genannt. Zur Wertaufbewahrung wird die 1000er-Note nur von rund zehn Prozent der Bevölkerung genutzt, wie aus der Zahlungsmittelumfrage hervorgeht.

Das klingt nach einem Widerspruch zum Befund der SNB-Notiz von Ende September, dass grosse Noten in erster Linie als Wertspeicher genutzt werden. Die Unstimmigkeit kann erklärt werden, unter anderem so: In der SNB-Notiz wird die gesamte Nachfrage nach Bargeld analysiert – unabhängig von der Nutzergruppe. Die Zahlungsmittelumfrage bezieht sich lediglich auf Privatpersonen, die in der Schweiz leben und älter als 15 Jahre sind.

Weiter aber: Die Zahlungsmittelumfrage beruht auf persönlichen Interviews. Dadurch wird das Problem der sozialen Erwünschtheit verschärft, wie Tobias Trütsch, Experte für Zahlungsverkehr und Geldwirtschaft der Universität St. Gallen, sagt. Die Angaben zur Verwendung der Schweizer Banknoten seien darum konservativ und kaum wahrheitsgetreu.

«Es gibt nämlich statistische Indizien, dass die Tausendernote zur Steuervermeidung verwendet wird», so Trütsch. Er beobachtet starke Zunahmen der Nachfrage nach 1000er-Noten jeweils im Dezember sowie ein deutliches Abflauen im Januar.

Solche Schwankungen sind auch in einer Grafik der aktuellen SNB-Studie abgebildet. Jahr für Jahr steigt und fällt sichtbar die Kurve, welche die Menge der vorhandenen Banknoten zeigt.

Die Menge der vorhandenen Banknoten in unterschiedlichen Währungsräumen.

Die Menge der vorhandenen Banknoten in unterschiedlichen Währungsräumen.

Quelle: snb

Es ist ein kurzfristiges Auf und Ab. Im langfristigen Trend steigt die Kurve nach oben, vor allem nach dem Jahr 2008. Dieser Trend hängt mit den tiefen Zinsen zusammen. Folglich: Langfristig und grundsätzlich bestimmen die Zinsen, wie stark grosse Banknoten gefragt sind. Zeitweilig spielt mutmasslich unlauteres Verhalten hinein.

Die SNB musste sich 2019 bei der Neulancierung der neuen 1000-Note gegen Vorwürfe wehren, die grösste Schweizer Banknote Note diene womöglich der Steuerhinterziehung oder Kriminellen zur Geldwäscherei. Der damalige SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg begründete die steigende Bargeldnachfrage jeweils zu Jahresende mit den Weihnachtskäufen, Bargeldgeschenken oder Gratifikationen.

 

Reto Zanettin
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