Die Schweizerische Nationalbank (SNB) tut es erneut: Sie senkt den Leitzins. Der markant gesunkene Inflationsdruck ermöglicht ihr diesen Schritt. Und weitere Zinssenkungen in naher Zukunft hält sie für denkbar.

Der sogenannte SNB-Leitzins wird um 0,25 Prozentpunkte auf 1,00 Prozent gesenkt, wie die SNB am Donnerstag mitteilte. Damit setzt die Nationalbank die Zinswende fort und lockert ihre Geldpolitik weiter.

Es ist der dritte Lockerungsschritt der SNB, nachdem diese schon im März ihren Leitzins vor allen anderen grossen Notenbanken um ein Viertelprozent gesenkt hatte.

Zuletzt hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen zum zweiten Mal in diesem Jahr um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Und die US-Notenbank hatte ihre Zinswende vergangene Woche mit einem grossen Schnitt um 0,50 Prozentpunkte eingeläutet.

Folgen weitere Zinsschritte?

Die schnell sinkende Inflation beschäftigt die SNB offenbar: Bereits in den nächsten Quartalen könnten weitere Zinssenkungen erforderlich werden, betonte sie. Dies, um die Preisstabilität auch in der mittleren Frist zu gewährleisten. So deutliche Worte wählt die Notenbank selten.

Denn die Teuerung hierzulande sei zuletzt nochmals deutlich zurückgegangen, sagte Thomas Jordan am Donnerstag bei seiner letzten Pressekonferenz als Präsident des SNB-Direktoriums.

Das liege nicht zuletzt am starken Franken, tieferen Erdölpreisen und bevorstehenden Strompreissenkungen. In der Folge seien in der mittleren Frist auch geringere Zweitrundeneffekte zu erwarten.

Daher sei es gut möglich, dass die Teuerung noch tiefer als von der SNB angenommen ausfallen wird, sagte Jordan. Insgesamt schätze die Notenbank die Abwärtsrisiken für die Inflation zurzeit höher ein als die Aufwärtsrisiken, sagte er.

Teuerung im Bereich Preisstabilität

Die Teuerung in der Schweiz wird gemäss den aktuell gültigen SNB-Prognosen bereits 2025 und 2026 sehr deutlich sinken. Für die nächsten zwei Jahre werden Werte von nur noch 0,6 und 0,7 Prozent erwartet. Im Juni noch wurden 1,1 Prozent, respektive 1,0 Prozent vorhergesagt. Eine Deflationsgefahr gebe es aktuell nicht: «Wenn man sich unsere Inflationsprognose ansieht, liegt diese immer noch im Bereich der Preisstabilität», sagte Jordan am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. «Ich kann keinerlei Risiko einer baldigen Deflation erkennen.» Es könnte aber nötig werden, die Zinsen weiter zu senken, um die Inflation in Zielbereich der SNB zu halten.

Die Nationalbank peilt für Preisstabilität eine Inflation zwischen null und zwei Prozent an. In diesen Bereich war die Teuerung bereits im Sommer 2023 zurückgekehrt.

Und die SNB hält sich die Tür für Eingriffe in den Devisenmarkt offen: «Bei Bedarf sind wir weiterhin bereit, am Devisenmarkt aktiv zu sein», sagte Jordan in seinen Ausführungen zum aktuellen Zinsentscheid. Der Franken hat laut den Nationalbankpräsidenten zuletzt «spürbar» an Wert gewonnen. Der Schweizer Franken ist das zweite Werkzeug der SNB in ihrem Kampf gegen die Inflation.

Zudem geht die Notenbank für dieses Jahr weiterhin von einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der Schweiz auf rund 1,0 Prozent aus. 2023 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 1,2 Prozent gestiegen. 2025 rechnet die SNB dann mit rund 1,5 Prozent BIP-Zuwachs.

Das dreiköpfige SNB-Direktorium um den Ende September abtretenden Präsidenten Thomas Jordan entscheidet in der Regel viermal jährlich über die Zinsen: Die nächste Lagebeurteilung ist für den 12. Dezember anberaumt. Derzeit geht eine knappe Mehrheit von Volkswirten davon aus, dass die SNB ihren Leitzins stabil bei 1,0 Prozent halten dürfte. 

(AWP)