Die Schweizerische Nationalbank (SNB) misst Kryptowährungen wie Bitcoin wenig Potenzial zu. Die Chancen darauf, als Zahlungsmittel akzeptiert zu werden, sind aus Sicht der Zentralbank gering. Kryptowährungen hätten "eher den Charakter von spekulativen Anlageinstrumenten als von 'gutem' Geld", sagte der SNB-Präsident in einer Rede an der Universität Basel.
Gehe es ums Bezahlen oder Vermögensanlagen, sei Blockchain-Geld wenig geeignet: "Kryptowährungen sind aufgrund der grossen Wertschwankungen als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit nur beschränkt nützlich", konstatierte Jordan am Donnerstag anlässlich des 30 Jahr-Jubiläums des Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums (WWZ) der Uni Basel und der Vereinigung Basler Ökonomen (VBÖ).
Libra genau analysieren
Anders sehe es bei Digitalgelder aus, die mit stabilen Währungen hinterlegt sind. Sogenannte Stable Coins hätten aufgrund der geringeren Wertschwankungen das Potenzial, als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel grössere Verbreitung und Akzeptanz zu finden, sagte der oberste Währungshüter der Schweiz.
Das von Facebook angekündigte Projekt Libra etwa versuche, mit der Koppelung an Devisen wie den Dollar oder Euro den Status als stabile Ersatzwährung zu untermauern. "Und deshalb ist es wichtig, dass wir Stable Coins aus regulatorischer und geldpolitischer Perspektive genau analysieren und einordnen", betonte der SNB-Präsident.
Einfluss auf Geldpolitik
Jordan ging in seiner Rede auch auf die regulatorischen Herausforderungen der neuen Geldformen ein und warf Fragen zu den möglichen Auswirkungen von Libra und Co. auf die Geldpolitik auf: "Falls sich digitale Zahlungsmittel mit einer Anbindung an Fremdwährungen etablierten sollten, könnte dies die Wirksamkeit unserer Geldpolitik beeinträchtigen", warnte er.
Daher sei es zentral, dass mit Bankeinlagen vergleichbares Digitalgeld die gleichen Spielregeln erfülle wie herkömmliche Einlagen bei den Banken. Dabei stünde der Grundsatz im Vordergrund, die Tätigkeit und nicht die Technologie zu regulieren: "Same business, same risks, same rules", laute das Motto.
Unabhängig davon, ob eine Banklizenz nötig ist oder nicht, seien die Herausgeber von Stable Coins wie Libra natürlich ebenfalls dazu verpflichtet verschiedene Regulierungen einzuhalten. "Diese reichen vom Anlegerschutz über den Datenschutz bis zu den Regeln über die Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung", fasste Jordan zusammen.
"Denn ein breiter Zugang zu digitalem Zentralbankengeld würde das heutige zweistufige Bankensystem in Frage stellen", warnte Jordan. Statt als "Bank der Banken" zu operieren, wäre die SNB dann eine eigentliche Geschäftsbank und würde eine Rolle übernehmen, die heute dem Privatsektor zukomme.
Eher offen äusserte sich der SNB-Präsident aber zu der Idee, ein von Zentralbanken herausgegebenes "digitales Tokengeld" nur Geschäftsbanken und weiteren Finanzmarktakteuren zur Verfügung zu stellen. Eine solche Digitalwährung verglich Jordan mit den Sichtguthaben bei einer Zentralbank.
"Solche Token könnten im Zahlungsverkehr zwischen Finanzmarktakteuren eingesetzt werden und dereinst zu einer höheren Effizienz der Finanzmarktinfrastrukturen führen", führte der SNB-Präsident aus. Ob sich dadurch aber wirklich Effizienzsteigerungen realisieren lassen.
Mögliche Vorteile abwarten
Dabei gelte es aber noch mehrere Hürden zu nehmen. Einerseits müssten rechtliche und regulatorische Vorgaben erfüllt werden und andererseits dürften mögliche Effizienzsteigerungen "nie bestehende Sicherheitsanforderungen der technischen Systeme kompromittieren" betonte Jordan.
Vorerst bleibe abzuwarten, ob sich in der Finanzindustrie sogenannte "Wertpapier-Token" wie etwa digitale Aktien durchsetzen. Erst dann stelle sich die Frage, ob ein staatlich emittiertes digitales Tokengeld als Zahlungsmittel für Finanzmarktakteure nötig sei: "Hier muss ebenfalls der Beweis erbracht werden, dass solche Token Vorteile gegenüber dem bisherigen Buchgeld bringen."
(AWP)