Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat mit der Rückkehr der Inflation auch den Leitzins wieder in den positiven Bereich angehoben. Mit dem Übergang ins Positivzinsumfeld hat die Notenbank allerdings auch einen neuen Ansatz zur Umsetzung ihrer Geldpolitik am Geldmarkt wählen müssen, erklärten SNB-Direktoriumsmitglied Andréa Maechler sowie Thomas Moser, stellvertretendes SNB-Direktoriumsmitglied, in einem Vortrag.
Die Inflationsbekämpfung sei mittlerweile zur wichtigsten Aufgabe von Zentralbanken weltweit geworden, sagte Maechler laut Redetext am Donnerstag am Geldmarktapéro in Genf. Auch in der Schweiz sei die Inflation gestiegen, wenn auch etwas später und nicht so stark wie in anderen Volkswirtschaften: Gemäss den neuesten Zahlen beträgt die Inflationsrate hierzulande aktuell 3,0 Prozent.
"Damit liegt sie oberhalb des Bereichs, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt", betonte Maechler. Konkret ziele die SNB auf einen Anstieg des Konsumentenpreisindexes von weniger als 2,0 Prozent pro Jahr ab, erinnerte sie.
Mit der Verstärkung des Inflationsdrucks in der zweiten Hälfte 2021 habe die SNB entschieden, eine nominale Aufwertung des Frankens in einem gewissen Ausmass zuzulassen. "Zusätzlich strafften wir ab Juni dieses Jahres unsere Geldpolitik, indem wir den SNB-Leitzins anhoben." Es sei dies die erste Erhöhung seit 15 Jahren gewesen und somit ein "wahrlich historischer Moment". Seit der letzten Erhöhung im September liegt der Leitzins wieder im positiven Bereich bei 0,5 Prozent.
Allerdings hätten mehrere Faktoren bedingt, dass die SNB nun einen neuen Ansatz zur Umsetzung ihrer Geldpolitik verfolgt. Zum einen sei der Bestand an Sichtguthaben seit der globalen Finanzkrise massiv angestiegen. Zweitens habe sich die Landschaft der Referenzzinssätze in Franken wesentlich geändert. So sei insbesondere der Libor durch den Saron (Swiss Average Rate Overnight) abgelöst worden.
Der neue Ansatz der Geldpolitik umfasst laut den Vortragenden zwei Elemente: Zum einen das "Reserve Tiering", das heisst eine abgestufte Verzinsung von Sichtguthaben der Banken bei der SNB, und zum anderen eine Abschöpfung von Sichtguthaben durch Offenmarktoperationen - konkret über "Term-Repogeschäfte" und SNB-Bills. Damit könne die Nationalbank die Geldmarktzinssätze steuern.
Dank Feinsteuerungsoperationen - den Overnight-Repogeschäften - schaffe die SNB zudem eine "harte Untergrenze" für den Saron. Seit dem Zinsschritt im September sei der Saron tatsächlich nie unter den Zinssatz der Feinsteuerungsoperationen gesunken, den die SNB derzeit auf 0,38 Prozent festgesetzt hat.
Wichtig sei allerdings auch das Handelsvolumen im Interbanken-Geldmarkt: "Es ist seit dem Zinsschritt solide geblieben und stellt so eine robuste Berechnungsgrundlage für den Saron sicher."
(AWP)