Die Ansage ist deutlich: Der Swiss Market Index werde Ende 2020 deutlich höher stehen als heute. Das sagt Christian Gattiker, Leiter Research bei der Bank Julius Bär, im cash-Börsen-Talk auf die Frage, wo der Schweizer Leitindex in zwölf Monaten liege (nehmen Sie hier an der Online-Umfrage ebenfalls Stellung).
Die Zuversicht überrascht etwas. Denn der Swiss Market Index hat in diesem Jahr 25 Prozent zugelegt. Bleibt es bis Ende Monat dabei, wäre dies der höchste Anstieg seit 2005. Allein die Aktie des Baustoffherstellers Sika hat in diesem Jahr 44 Prozent zugelegt. Die Indexschwergewichte Nestlé (32 Prozent), Roche (26 Prozent) und Novartis (25 Prozent) performten ebenfalls sehr gut (zum cash-Artikel der Top- und Flop-Aktien 2019 der Schweiz geht es hier).
Warum dem SMI im nächsten Jahr nicht die Luft ausgeht, erklärt Christian Gattiker mit Ereignissen, die in diesem Jahr stattgefunden haben und sich mindestens bis ins nächste Jahr hineinziehen werden. "Die Notenbanken haben durchs Band eine komplette Kehrtwende vollzogen", so Gattiker. Er meint damit die Entwicklung bei den Leitzinsen 2019, die nicht wie erwartet nach oben gingen, sondern nach unten. Das hat laut Gattiker Auswirkungen auf die Wirtschaft, wo nun eine Bodenbildung zu erkennen sei.
Die Wirtschaft Deutschlands etwa, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, nimmt im nächsten Jahr laut dem Ifo-Institut langsam wieder Fahrt auf. Und mit einem Aufschwung ist im übernächsten Jahr zu rechnen. In den USA wuchs die Wirtschaft im dritten Quartal stärker als angenommen.
Auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China tritt laut Gattiker im Börsenjahr 2020 nicht mehr dermassen als Störfaktor auf. Grund sind die Präsidentschaftswahlen in den USA im November: "Es gibt eine starke Anleitung für die US-Politik zum Stillhalten", so Gattiker. Die Unsicherheiten durch den Handelskrieg, die in den letzten 12 bis 18 Monaten die Märkte geprägt hatten, würden sich deshalb nicht mehr im gleichen Ausmass wiederholen.
«Qualität hat ihren Preis»
Dann gibt es auch Schweiz-spezifische Gründe für einen weiteren Anstieg des SMI, der mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 mittlerweile einer der höchst bewerteten Börsenplätze der Welt ist (zum cash-Artikel den weltweit besten Börsenplätzen 2019 geht es hier): "Qualität hat ihren Preis. Und Grund für die Qualität des Schweizer Marktes ist auch der relativ starke Franken", so Gattiker im Börsen-Talk. Der Franken sei eine Währung, die nicht immer gleich abwerte, wenn es ein Problem gibt. "Das wird geschätzt." Und vor allem auch im Vergleich zum Schweizer Obligationenmarkt sei der Schweizer Aktienmarkt nicht überbewertet.
Bei den Schweizer Aktien macht Gattiker doch die Einschränkung, dass gerade absolute Highflyer wie Sika ihre Performance im nächsten Jahr wohl kaum wiederholen werden. Dennoch empfiehlt er weiter, auf zyklische Werte zu setzen, wie zum Beispiel Geberit oder Georg Fischer. Daneben empfiehlt er Aktien wie Helvetia, Partners Group, Tecan und Lonza. Ausgehend von den drei grossen "Haushaltswerten" im SMI können sich Anleger also durchaus etwas "ausbreiten" auf Anlagen, die auf den ersten Blick etwas risikoreich erscheinen.
Skeptisch ist Gattiker zumindest auf mittelfristige Sicht bei Aktien von Grossbanken. Das Umfeld in Europa stimmt nicht für Titel wie UBS oder Credit Suisse. "Der Zug bei den Banken wird erst dann abgehen, wenn die langfristigen Zinsen jemals höher sein werden", so Gattiker. Dafür brauche es höheres Wachstum und höhere Inflation. Gattiker kann sich vorstellen, dass Grossbanken in zehn Jahren die Lücke zu Versicherungs-Aktien wie Zurich Insurance, die in diesem Jahr Rekordwerte erzielten, geschlossen haben. "Doch dazu braucht es Geduld, und die meisten Leute haben diese nicht."
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