cash: Der Swiss Market Index (SMI) verliert am Donnerstag bereits den sechsten Tag in Folge an Wert. Allein in den letzten drei Tagen ging der Index um fünf Prozent zurück. Was sind die Gründe für die Kursverluste?
Sandro Merino: Der SMI hatte den Entscheid der Schweizerischen Nationalbank vom Januar sehr gut weggesteckt und war überraschend schnell auf neue Höchststände gestiegen. Er hat dabei fast unser Jahresziel von 9500 Punkten erreicht. Unterstützt wurde dies durch einen stärkeren US-Dollar. In den letzten Tagen und Wochen kam dieser jedoch wieder unter Druck, ähnlich dem Euro. Der starke Franken ist somit stärker in den Blick der Investoren gerückt und hat Schweizer Aktien jüngst belastet. Auch der aktuelle Anstieg bei den Zinsen dürfte für Verunsicherung gesorgt haben. Dazu kommt die Situation in Griechenland, wo das Pokern um die Freigabe der Schuldenrefinanzierung weiter geht. Ein 'Full Grexit' ist immer noch unwahrscheinlich, ein Zahlungsausfall oder ein Zahlungsverzug Griechenlands im Mai oder Juni ist aber durchaus möglich. Wir haben in den letzten zwei Jahren an den Aktienmärkten immer wieder Korrekturen im Bereich von fünf bis zehn Prozent gesehen. Korrekturen im aktuellen Ausmass sind in den letzten Jahren also nicht so selten gewesen.
Vor allem Pharmawerte sind deutlich abgesackt. Wieso gerade die Pharmaindustrie?
Die Schweizer Exporte sind im ersten Quartal im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres um vier Prozent gefallen. Während andere Branchen die Euro-Preise teilweise anheben konnten, führt die starke Preis-Regulierung im Euroraum dazu, dass in der Pharma Branche die Margen durch den schwachen Euro besonders stark sinken.
Welche anderen Titel am SMI sind aktuell besonders gefährdet?
Die zyklischeren, exportorientierten Titel verlieren in Korrekturen immer deutlich mehr. Das aktuelle Kursgefüge im SMI weist jedoch auf kein aussergewöhnliches Verhalten einzelner Titel hin.
Wie geht es kurz- und mittelfristig mit dem SMI weiter?
Der deutliche Rückgang stellt wieder einen möglichen Einstiegspunkt dar, sind doch die Konjunkturaussichten für die USA und für Europa positiv. Die US-Notenbank sieht keine nachhaltige Verlangsamung der US-Wirtschaft nach dem schwachen ersten Quartal. Die Eurozone wächst schneller als noch vor sechs Monaten erwartet wurde. Die Situation in Griechenland kann bis Juni für mehr Volatilität sorgen, für eine Beeinflussung der fundamentalen Situation bis Ende Jahr hat Griechenland jedoch ein zu kleines makroökonomisches Gewicht.
Warum?
Man bedenke, dass Griechenland die Wirtschaftsleistung aus der Kombination des Kantons Zürich und Aargau hat. Ein Grexit könnte aber langfristig, im Sinne eines Präzedenzfalles, politisch weitreichende Folgen haben. Ein Grexit bleibt jedoch unwahrscheinlich, ein Zahlungsausfall Griechenlands ohne 'Full-Grexit' ist hingegen möglich. An unserer SMI-Prognose für 2015 halten wir fest.
Seit dem 11. März verlor der Dollar gegenüber dem Franken über zehn Prozent an Wert. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
Wir bleiben für den Dollar positiv und rechnen mit einem Anstieg Richtung Parität. Unsere Wechselkursprognose liegt bei 1.02 Franken je Dollar. Der Dollar ist stark unterbewertet gegenüber dem Franken. Die Gründe für unsere Einschätzung sind die im Vergleich zur Schweiz deutlich bessere konjunkturelle Lage in den USA und die Erwartung steigender US-Leitzinsen.
Wie sollen sich Anleger im derzeitigen Umfeld verhalten?
Wir raten zu keiner fundamentalen Änderung der Strategie. Aktien sind weiterhin attraktiver als Anleihen, auch wenn der Beginn einer Zinswende die Aktienmärkte kurzfristig negativ beeinflussen kann. Das Thema Griechenland ist nur taktisch und nicht strategisch relevant für die Anlageentscheide. Die aktuelle Konsolidierung ist für disziplinierte Anleger ein Einstiegspunkt, um das Portfolio wieder auf die angestrebte Aktienquote zu bringen.