Der Dollar schwächelt. In nur drei Sitzungen wertete er sich gegenüber dem Franken von 0.8727 bis auf 0.8522 am Mittwoch ab und befindet sich wieder fast auf dem Niveau von Anfang August. Damals fielen die US-Börsen aus Angst vor einer US-Rezession kurzzeitig um fast acht Prozent und die Anleger suchten Schutz in sicheren Häfen wie dem Franken. In den letzten drei Monaten hat der Dollar über 6 Prozent gegen die Schweizer Währung verloren.
Während auch der Euro in turbulenten Zeiten generell gegenüber dem Franken normalerweise an Wert verliert, reagiert er derzeit kaum. Das Euro-Franken-Paar notiert aktuell bei 95 Rappen, nachdem Anfang August fast bei 92 Rappen gehandelt wurde.
Ist der US-Arbeitsmarkt so stark wie bis anhin angenommen?
Die Zinsen von kurzfristigen US-Staatspapieren sind seit einigen Tagen unter Druck. Das belastet den "Greenback". Marktexperten der Bankengruppe ING gehen von zunehmenden Spekulationen über die Veröffentlichung von Benchmark-Revisionen der US-Arbeitsmarktdaten aus.
Das Bureau of Labour Statistics (BLS) wird basierend auf genauen Steuerdaten Korrekturen des Beschäftigungswachstums für das abgelaufene Jahr bis März 2024 veröffentlichen. Einigen Schätzungen zufolge könnte dies dazu führen, dass der Beschäftigungszuwachs in diesem Zeitraum um 500’000 bis 1’000’000 Stellen verringert wird - das entspricht bis zu einem Drittel der gemeldeten neu geschaffenen Stellen.
Gemäss den monatlich veröffentlichten «Non Farm Payrolls» des BLS betrug der Beschäftigungszuwachs in den zwölf Monaten bis März 2024 3’243’000 Stellen. Dieser Stellenzuwachs übertraf die Markterwartungen um gesamthaft 760’000 Stellen. Mit dieser Revision könnte das Narrativ des überhitzten US-Arbeitsmarkt in Frage gestellt werden - denn durch die Revision könnte das monatliche Stellenwachstum nur noch 180’000 Stellen pro Monat betragen und läge in etwa im Durchschnitt der vor-Covid-19 Jahre.
Sollte dies der Fall sein, könnte die Federal Reserve den Arbeitsmarkt in diesem Zeitraum als zu angespannt angesehen haben und möglicherweise den Umfang der Abkühlung unterschätzen. Bereits am Montag deutete Michelle Bowman, Gouverneurin der Federal Reserve, auf die Ungenauigkeit der Daten hin.
«Die zunehmenden Herausforderungen bei der Messung sowie die Häufigkeit und das Ausmass der Datenrevisionen in den letzten Jahren machen es noch schwieriger, den aktuellen Zustand der Wirtschaft zu bewerten und ihre weitere Entwicklung vorherzusagen», sagte Bowman. «Ich werde weiterhin vorsichtig sein, wenn es darum geht, Anpassungen des derzeitigen politischen Kurses zu erwägen.»
Die Revisionen werden am Mittwochnachmittag veröffentlicht und stellen gemäss ING ein Abwärtsrisiko für den Dollar dar. Werden die negativen Markterwartungen erfüllt oder sogar übertroffen, könnte das altbekannte Narrativ, dass die Fed «behind the curve» ist, erneut an Schwung gewinnen. Die Folge wären eine Veränderung des Marktkonsens über die erste Leitzinsreduktion von Anfang September zugunsten von 50 Basispunkten und einem abermals schwächeren Dollar.
Positive Leistungsbilanzdaten stärken den Euro
Dem schwachen Dollar steht ein starker Euro gegenüber. In einem neuen Marktkommentar gehen die Analysten von ING von weiterhin positiven Leistungsbilanzdaten für die Eurozone aus.
Der Leistungsbilanzüberschuss im Juni mit über 50 Milliarden Euro war ein monatlicher Rekord. Gemäss ING haben sich die Zahlungsbilanzdaten der Eurozone in den letzten zwei Jahren sehr zugunsten des Euro entwickelt, und der Basissaldo (Leistungsbilanz plus ausländische Direktinvestitionen plus Portfolioinvestitionen) ist nun so hoch wie nie zuvor. Auch die handelsgewichtete Euro-Bilanz der Europäischen Zentralbank ist nun die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Diese fundamentalen Treiber aus der Eurozone sollten demnach zu einem Aufwertungsdruck beim Euro gegenüber den meisten Währungen führen. «Falls Europa diese Art von Zahlungsbilanz mit einer Kombination aus stärkerer Binnennachfrage und (vor allem) starken Inlandsinvestitionen erreichen könnte, würde sich der Euro wieder auf 1,30 Dollar aufwerten», meinen die Strategen von Societe Generale. Derzeit befindet sich das Währungspaar bei einem Kurs von 1,11. Die Analysten fügen hinzu, dass die Daten zeigen, «dass sich der Euro weniger als die Eurozone-Wirtschaft von dem Terms of Trade-Schock von 2022 erholt hat. Dies wirkt stützend für den die Gemeinschaftswährung.»
Gemäss der Strategin Clémence Dumoncel von der UBS profitieren der Euro und der Franken von einem schwächeren Dollar. Der europäische Kontext bietet gemäss Dumoncel jedoch «wenig Aufregendes, was einen Franken rechtfertigt, der in einem eher risikofreudigen Umfeld ebenfalls von einem allgemein schwächeren Dollar profitiert.» Dabei sieht die UBS die Dollar-Schwäche vielmehr «in einen breiteren Kontext, wo sich die Fed auf eine erste Zinssenkung im September vorbereitet, während sich die US-Wirtschaft allmählich verlangsamt.»