Die stark zugenommenen Unsicherheiten über den Konjunkturverlauf der USA oder den zukünftigen Zinszyklus der Bank of Japan haben Anleger dazu gebracht, ihre Portfolios in sogenannte «sichere Häfen» umzuschichten. In diesem Zusammenhang hat sich nicht nur der Schweizer Franken aufgewertet, sondern auch Schweizer Bundesobligationen sind in den Fokus der Anleger gerückt. Die Zinssätze der fünf- oder zehnjährigen Bundesobligationen sind infolge der hohen Nachfrage gefallen. Sie dienen als Richtungsmesser für die Festhypotheken in der Schweiz.

Am Mittwoch notieren die fünf- und zehnjährigen Eidgenossen bei etwa 0,53 respektive 0,45 Prozent. Zwar haben sie sich bereits deutlich gegenüber den Kursen vom Montag erholt - die Renditen fielen zeitweise bis auf 0,33 respektive 0,35 Prozent -, doch befinden sie sich weiterhin auf einem Niveau, das zuletzt im August 2022 erreicht wurde. 

Zinsentwicklung der zehnjährigen Eidgenossen in Prozent.

Im August 2022 betrug der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) noch minus 0,25 Prozent. Die Währungshüter standen kurz vor einer Reihe von aggressiven Zinserhöhungen aufgrund einer hartnäckig hohen Inflation. In den nachfolgenden Monaten erhöhten sich im Windschatten der Leitzinsanpassungen die Zinsen der zehnjährigen Eidgenossen auf knapp 1,6 Prozent sowie die Zinssätze des Saron- und Festhypotheken.

Auf einen erwarteten Richtungswechsel in der Zinspolitik der SNB drehten die Obligations- und Hypothekarzinsen erneut im November 2023 fundamental. Die Renditen der zehnjährigen Eidgenossen sanken von einem Niveau von etwa 1,2 Prozent auf etwa 0,7 bis 0,9 Prozent mit erhöhter Schwankungsbreite. Die zehnjährigen Hypozinsen sanken gleichzeitig gemäss Moneypark von 2,9 auf 2,4 Prozent.

Als Reaktion auf die am 20. Juni entschiedene zweite Leitzinsreduktion der Schweizerischen Nationalbank (SNB) um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent setzten die Hypothekarzinsen ihren Rückgang fort. Bereits am 2. August berichtete cash.ch über abermals fallende Zinsen bei den Festhypotheken. 

Unter Druck geratene Hypotheken

Per Ende Juli betrugen die «Schaufensterpreise» gemäss den Vergleichsportalen Hypotheke.ch und Moneyland 1,46 respektive 1,55 Prozent für eine fünfjährige Festhypothek und 1,5 respektive 1,67 Prozent für eine zehnjährige Festhypothek. Am Mittwochmorgen sind Hypotheken mit denselben Laufzeiten auf den beiden Vergleichsportalen mit 1,35 respektive 1,42 Prozent für fünf Jahre und 1,42 respektive 1,52 Prozent für zehn Jahre gelistet. Das entspräche einem Rückgang von etwa sieben bis acht Prozent in einer Woche.

Stand: 30. Juli Hypotheke.ch Moneyland
Saron (Marge) 0,56 Pte. 0,65 Pte.
Festhypothek 5 Jahre 1,46% 1,55%
Festhypothek 10 Jahre 1,50% 1,67%

 

Stand: 7. August Hypotheke.ch Moneyland
Saron (Marge) 0,56 Pte. 0,65 Pte.
Festhypothek 5 Jahre 1,35% 1,42%
Festhypothek 10 Jahre 1,42% 1,52%

Quelle: jeweiliges Vergleichsportal

Derzeit reagieren Obligationen schneller und mit grösseren Schwankungen. Die Preise von Staatsobligationen sind im jetzigen Umfeld von der Verhaltensweise der Finanzmärkte und den daraus resultierenden Geldflüssen abhängig. Hypothekarzinsen werden hingegen im Wesentlichen vom Angebot der Mitbewerber und der Nachfragehöhe beeinflusst. Da Änderungen in den Obligations- und Leitzinsen verzögert an die Kunden weitergegeben werden, können die täglichen Schwankungen der Eidgenossen derzeit nur bedingt als Gradmesser für die Hypothekarzinsen verwendet werden. 

Geduld kann sich auszahlen

Aus diesem Grund müssen die bereits wieder aufgeholte Renditerückgang bei Bundesobligationen der letzten Tage für Immobilieneigentümer mit Refinanzierungsbedarf oder Personen, die eine neue Hypothek abschliessen möchten, noch kein Grund zur Sorge sein. Für den Zinsverlauf der Hypotheken spielen langfristige Komponenten einen viel bedeutenderen Einfluss. 

Und dort ist gemäss Experten die Wahrscheinlichkeit von weiter fallenden Hypothekarzinsen gross. Während die Gefahr eines erneuten starken Anstiegs der Inflation in der Schweiz deutlich tiefer ist als im Ausland, rechnen Marktanalysten mit der Beibehaltung des derzeitigen Leitzinsniveaus oder gar weiteren Senkungen. Sollte die EZB mit den Zinsreduktionen zeitnah fortfahren oder die Fed wie geplant im September damit beginnen und die Zinsen aus Angst einer zu starken Abkühlung deutlich senken, dürfte auch die SNB mitziehen.

Falls sich ausserdem die derzeitigen Marktturbulenzen in den Aktienmärkten in eine ausgeprägte Korrektur wandeln, dürften sich die Rufe nach unterstützenden Massnahmen durch die Zentralbanken verstärken. Die kurzfristige Flucht in Sicherheit und die langfristige Aussicht nach marktstützenden Zinssenkungen, dürften in diesem Fall zu einem deutlichen Zinsabschlag führen. In diesem Fall könnten die Hypothekarzinsen erneut sinken.

Luca_Niederkofler
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