Der Münchner Technologiekonzern schluckt die US-Industriesoftwarefirma Altair Engineering für mehr als zehn Milliarden Dollar, wie die beiden Unternehmen am Mittwochabend mitteilten. Die Aktionäre von Altair erhalten 113 Dollar je Aktie, was einem Börsenwert von 10,6 Milliarden Dollar entspricht. Vorstandschef Roland Busch sprach von einem «bedeutenden Meilenstein für Siemens». Er will den Anteil von Software in der Sparte Digital Industries erhöhen, die sich mit der Steuerung von Maschinen und Anlagen sowie der Planung der Produktion befasst.
«Diese strategische Investition steht im Einklang mit unserem Engagement, die digitale und nachhaltige Transformation unserer Kunden durch die Verbindung der realen und digitalen Welt zu beschleunigen», sagte Busch. Mit Altair gewinne Siemens zusätzliche, KI-gestützte Fähigkeiten für das Design und die Simulation von Produktionsprozessen. Die Altair-Software ergänze das Siemens-Portfolio, mit dem sich Prozesse virtuell abbilden lassen - als «digitaler Zwilling». Busch: «Es ist ein logischer nächster Schritt: Wir haben in den vergangenen 15 Jahren unsere Führungsrolle bei industrieller Software ausgebaut und zuletzt die Vorteile von Daten und KI für ganze Industrien nutzbar gemacht.»
Zuletzt hatte die Sparte Digital Industries allerdings mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen, weil die Konjunktur in China schwächelt. Finanzvorstand Ralf Thomas hatte in einem Interview kürzlich gesagt, Siemens wolle in dem Bereich in den USA stärker Fuss fassen, wobei man «sehr interessiert» an Software-Zukäufen sei. Der Konzern konkurriert in der Automatisierungstechnik unter anderem mit der französischen Schneider Electric und Rockwell Automation aus den USA.
Altair soll langfristig Milliardenumsatz bringen
Altair war vor fast 40 Jahren in Detroit gegründet worden und beschäftigt heute in Troy im Bundesstaat Michigan rund 3500 Mitarbeiter, davon rund 1400 in der Forschung und Entwicklung. Geführt wird die Firma von Firmengründer James Scapa. Siemens erwartet von der Übernahme 600 Millionen Euro mehr Umsatz im Digital-Geschäft, das wäre ein Plus von acht Prozent. Langfristig erhofft man sich einen Milliarden-Dollar-Umsatz von Altair, wenn man den Siemens-Kunden auch die Produkte der Amerikaner anbieten könne. Finanzvorstand Ralf Thomas rechnet daneben mit mehr als 150 Millionen Dollar Kosteneinsparungen. Im zweiten Jahr soll sich die Übernahme positiv im Gewinn je Aktie niederschlagen.
Im abgelaufenen dritten Quartal hat Altair einen Umsatz von 151,5 Millionen Dollar erwirtschaftet, 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der bereinigte Nettogewinn lag bei 21,2 (2023: 12,7) Millionen Dollar.
Finanzieren will Siemens den Zukauf in bar «und (mit) den sich durch seine starke Bilanz ergebenden Finanzierungsmöglichkeiten», also wohl auch mit Schulden. Das Rating soll dadurch aber nicht gefährdet werden. Mehr als für Altair hat der Konzern bisher nur für den US-Krebsbehandlungs-Spezialisten Varian gezahlt, den sich die Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers rund 15 Milliarden Dollar kosten liess - finanziert überwiegend durch die Siemens AG.
Der Kaufpreis liegt 19 Prozent über dem Altair-Aktienkurs, bevor die Nachrichtenagentur Reuters vor gut einer Woche über Verkaufspläne für das Unternehmen berichtet hatte. Bloomberg hatte Siemens als Interessenten ins Spiel gebracht. Am Mittwoch hatten Altair an der Technologiebörse Nasdaq mit 108,63 Dollar je Aktie geschlossen.
(Reuters)