Der Chefökonom des Prognoseinstituts BAK Economics, Claude Maurer, sieht die Eintrittswahrscheinlichkeit von Negativzinsen in der Schweiz als hoch an. In einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform LinkedIn zieht er nach Darlegung der für die Inflation in der Schweiz relevanten Einflussfaktoren das Fazit: «Vieles ist unsicher – aber sich auf Negativzinsen vorzubereiten, ist sicher eine gute Idee.»
Konkreter Hauptgrund ist für seine Schlussfolgerung die übermässig hohen Importzölle der USA. Diese Zölle dürften aufgrund verschiedener Einflussfaktoren die bereits niedrige Inflation in der Schweiz weiter reduzieren.
In der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung im Dezember setzten die Ökonomen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) die Zinsprognosen für dieses Jahr bei durchschnittlich 0,3 Prozent an. Diese Einschätzung lag deutlich unter den Schätzungen vom September 2024, als noch mit einer Teuerung von 0,53 Prozent gerechnet wurde. Sie dürfte nun weiter sinken.
Denn derzeit lässt sich beobachten, dass viele Rohstoffpreise aufgrund des sich verschlechternden Ausblicks des globalen Wirtschaftswachstums fallen. Beispielsweise gibt der Preis für ein Barrel Light Crude seit Anfang April um 20 Prozent nach und befindet sich auf einem Zweijahrestief. Der Bloomberg Commodity Index, der eine Vielzahl von Rohstoffen umfasst, fällt in dieser Zeitspanne 9 Prozent.
Auch hebt Maurer die Aufwertung des Frankens hervor. Bereits in den Jahren 2021 bis 2023 könnte der dämpfende Einfluss des starken Franken auf die Inflation beobachtet werden. Dies dürfte erneut der Fall sein.
Am Mittwoch stieg der Franken gegen den Dollar auf den höchsten Stand seit Sommer 2011 und gegen den Euro nahe an ein Rekordniveau.
Einerseits bringt allein die Stärke des Frankens die SNB unter Zugzwang, andererseits muss sie bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen den Leitzinsreduktionen der EZB oder der Fed folgen. Das europäische Leitzinsniveau befindet sich bei 2,5 Prozent und das Fed setzt den Referenzsatz bei 4,5 Prozent fest. Fallen diese auf oder nahe 0 Prozent - aufgrund einer Rezession -, befindet sich die Schweiz erneut in einem Negativzinsumfeld.
Maurer äussert sich auch über die Überkapazität an Gütern. Der abschwächende Konsum führt in exportorientierten Regionen wie China, Europa und der Schweiz zu Überkapazitäten. Dies wirkt sich ebenfalls negativ auf die Teuerung aus.
Entscheidend für den Ausgang der jetzigen Lage sind die Importzölle und deren Dauer. Bleiben die Zölle lange in Kraft - oder erwarten Wirtschaftsakteure dies - wird sich die Zollstrategie der USA weiterhin negativ auf die Finanzmärkte auswirken und in der Schweiz schliesslich zu Negativzinsen führen.
(cash)