Wird aus der Boykottgruppe «Go European» bald ein «Go Switzerland»? In der EU häufen sich Beiträge in den sozialen Medien, die sich gegen amerikanische Produkte und für europäische Alternativen aussprechen.

Auch in der Schweiz werden Stimmen laut, die mit einem Boykott liebäugeln. Das Motto lautet: McDonald’s, Nike, Apple und Co. – nein danke!

Eine der Stimmen ist Pia Stebler. Die Ökonomin ist Präsidentin des Solothurner KMU- und Gewerbeverbandes mit über dreitausend Mitgliedern. Auf Facebook hat Stebler einen Beitrag geteilt, auf dem die Logos zahlreicher bekannter US-Firmen zu sehen sind, sogar Bezahldienste wie Paypal oder Mastercard. Stebler kommentiert die Logos mit den Worten: «diese Marken meiden».

Sie versuche tatsächlich, diese Marken zu umgehen, sagt Stebler zu Blick. Es gehe ihr dabei eher darum, ein Zeichen zu setzen. «Die Demontage des Freihandels durch die willkürliche Zollpolitik von Präsident Trump darf nicht widerspruchslos hingenommen werden.» Ihren neuen Laptop beispielsweise kaufe sie nicht bei einer US-Techfirma.

Die Ökonomin ist aber realistisch: «Kurzfristig wird unser verändertes Konsumverhalten kaum Einfluss auf Trumps Kurs haben. Da braucht es schon den Widerstand der US-Bevölkerung.» Stebler ist sich sicher, dass dieser Widerstand kommen wird, schliesslich würden auch die Amerikanerinnen und Amerikaner negative Auswirkungen der Zolltarife zu spüren bekommen.

Symbolischen Widerstand leisten

Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (61, Mitte) sieht in einem Markenboykott ein «politisch starkes Zeichen». Sie frage sich allerdings, wie wirksam diese Form des Widerstands sein kann. «Ich denke nicht, dass ein Boykott ein politischer Hebel ist, der Einfluss auf die Wirtschaft übt.» Das Nichtkonsumieren von US-Produkten sei vor allem von symbolischer Bedeutung.

Privat achtet Schneider-Schneiter dennoch vermehrt auf amerikanische Marken, «aber mehr aufgrund meines Interesses, wo es überall solche Produkte gibt», wie die Aussenpolitikerin Blick verrät.

Ständerätin Franziska Roth (58, SP) erklärt auf Anfrage: «Wenn sich eine Person individuell dafür entscheidet, gezielt Produkte von Scharfmachern wie Trump oder Musk zu boykottieren, so finde ich das durchaus legitim.» Einen generellen Boykott von Produkten aus den USA hält sie jedoch für «grundfalsch». Wie Schneider-Schneiter ist sie der Meinung, dass der Verzicht auf bestimmte Marken eher symbolischer Natur sei. Es stelle keine adäquate Antwort der Politik dar.

«Ich würde nicht auf meinen Burger verzichten»

Auch für SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (59) steht fest, dass jede Person selbst darüber entscheiden soll, welches Produkt sie kaufen will und welches nicht. Doch: «Einen grundsätzlichen Boykott finde ich unsinnig», so der Aussenpolitiker. Die symbolische Geste des Widerstandes sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er sei kein «Symbolfan», sondern eher ein Befürworter konkreter Aktionen.

So achtet Büchel bei seinem persönlichen Konsum nicht speziell auf amerikanische Produkte. «Wenn ich ein McDonald’s-Liebhaber wäre, würde ich jetzt nicht auf meinen Burger verzichten und im Ernst meinen, dass ich Trump damit abstrafe.»

Dieser Artikel ist zuerst im «Blick» erschienen.