Investitionen in Fintech und andere ICT-Startups nahmen im Vergleich zum Vorjahr um über 40 Prozent ab. «Der ICT-Boom der Jahre ab 2019 ist damit definitiv vorbei», hält die neuste Studie zu Risikokapital und Risikokapitalgebern in der Schweiz fest.

Der aktuelle Halbjahresreport zu Swiss Venture Capital, herausgegeben vom Online-Newsportal Startupticker.ch und der Investorenvereinigung Seca in Kooperation mit Startup.ch, zeichnet ein düsteres Bild: Zum einen verharrten die Schweizer Risikokapitalfinanzierungen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Zum anderen ging auch die Zahl der realisierten Finanzierungsrunden zurück.

138 Runden für Finanzierungen

Die beiden Studienautoren haben in ihrer Umfrage über 300 Schweizer Investoren und Investorinnen befragt. Thomas Heimann, Co-Autor und stellvertretender Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Unternehmensfinanzierung (Seca) sowie Stefan Kyora, Co-Autor und Chefredaktor von Startupticker.ch, erfassten dabei 138 Finanzierungsrunden für Startups, bei denen hierzulande rund 1,082 Milliarden Franken in neu gegründete Unternehmen investiert worden waren.

Im ersten Halbjahr konnten Schweizer Startups somit 9,5 Prozent weniger an Risikokapital für sich generieren. Die Zahl der Finanzierungsrunden nahm laut den Studienautoren ebenfalls ab: Sie sank um 10,4 Prozent auf neu noch 138. Kyora und Heimann betonten gestern vor den Medien, es gebe trotz des Rückgangs auch Lichtblicke für die Schweizer Startup-Szene: etwa eine Zunahme der Investitionen im Biotech-Sektor.

Ein weiterer alarmierender Befund des neusten «Swiss Venture Capital Reports»: Während junge Startups in Bereichen wie AI oder Energieerzeugung und -speicherung Investoren überzeugen können, sind etwa Spätphaseninvestments dünn gesät.

KI-Startups bekommen mehr Geld

Positiv fiel den beiden Studienautoren auf: In Early-Stage-Finanzierungsrunden flossen 350 Millionen Franken an ganz junge Unternehmen. Das ist über 50 Prozent mehr Geld als in der Vorjahresperiode. Über die Gründe kann man nur mutmassen. Die Autoren halten es für möglich, «dass die Startups substanzielle Innovationen zu Trendthemen wie künstliche Intelligenz, Batterietechnologie oder auch Medikamente zur Gewichtsabnahme zu bieten haben».

Biotech-Firmen zogen 400 Millionen an

Biotech-Startups konnten über 400 Millionen Franken anziehen. Vier der grössten fünf Finanzierungsrunden schlossen Biotech-Firmen ab. Dies ist die dritthöchste Summe, die jemals von den Studienautoren verzeichnet wurde. Aussichtsreiche Entwicklungen von neuen Medikamenten, etwa von Fettweg-Pillen und Ähnlichem, könnten in den Augen der beiden Studienautoren der Grund sein. 

Ausblick macht Mut

Stefan Kyora und Thomas Heimann betonen, dass sich Investoren und Investorinnen laut ihrer Studie tendenziell zuversichtlicher zeigen. Die befragten Schweizer Startup-Investoren und -Investorinnen verfügten momentan über freie Mittel für Investments. «Die überwiegende Mehrheit erwartet, dass die Zahl der Investitionsmöglichkeiten für sie und die Zahl der Investments in den kommenden zwölf Monaten zunehmen», sagt Heimann. Zuletzt hätten sich die Käufer von Startups zurückhaltend verhalten. «Im Grossen und Ganzen zeigen sich die Investoren und Investorinnen optimistischer als vor einem Jahr – mit einer Ausnahme: Das Fundraising-Umfeld für sich selbst beurteilen sie weiterhin als schwierig.»

Dieser Artikel erschien zuerst auf Handelszeitung.ch unter dem Titel «Schweizer Startups fällt es zunehmend schwer, an Geld zu kommen».