Der Franken steigt gegen den Euro am Mittwochmorgen bis auf 0,9308. Das ist ein Niveau, das seit Anfang August nicht mehr erreicht wurde. Das weckt Ängste bei Marktteilnehmern.
Denn während Ökonomen davon ausgehen, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) bei ihrer nächsten Sitzung am 26. September die Zinsen um einen weiteren Viertelpunkt senken wird, ist die Wahrscheinlichkeit einer Senkung um einen halben Punkt stetig gestiegen. Der Markt geht inzwischen von einer Wahrscheinlichkeit von etwa eins zu drei aus, während sie vor einem Monat noch bei null lag. Das könnte der erste grössere Schritt einer wichtigen Zentralbank in diesem Jahr sein.
Der Anstieg des Frankens bremst die Exporte und senkt die Preise für Importe zu einer Zeit, in der die Inflation bereits weit unter dem Zielwert der SNB liegt - und das nahe einem Dreijahrestief. Währungsstrategen der Finanzgruppe Mitsubishi UFJ (MUFG), der UBS und der Bank of America sind der Meinung, dass das Direktorium um Thomas Jordan energischere Massnahmen ergreifen sollten, um weitere Währungsgewinne zu verhindern.
«Sie haben keine Angst, die Märkte zu überraschen», meint der Leiter der Devisenforschung bei der MUFG-Gruppe. «Und um die Devisenmärkte aufzurütteln, ist das wahrscheinlich genau das Richtige.»
Die SNB wird ihren Entscheid eine Woche nach der September-Sitzung der Federal Reserve bekanntgeben. Während der Markt eine etwa 20-prozentige Chance auf eine Senkung um einen halben Punkt durch die US-Notenbank erwartet, ist diese Wahrscheinlichkeit in letzter Zeit gesunken.
«Es wird für die SNB schwierig sein, gegen den Markt zu kämpfen»
Seit Anfang Juli hat der Franken gegenüber dem Dollar rund 6 Prozent zugelegt. Dieser Anstieg war das Resultat des Zusammenbruchs in den bis dahin beliebten Carry Trades - also die Aufnahme von Krediten in Niedrigzinswährungen um in Hochzinswährungen zu investieren - und die anschliessende Flucht der Anleger in sichere Anlagen. Im vergangenen Monat erreichte der Franken gegenüber dem Euro den höchsten Stand seit 2015.
Vor diesem Hintergrund haben Schweizer Exporteure die SNB aufgefordert, «schnell zu handeln» und so einen zusätzlichen Anstieg des Frankens zu stoppen. Ihrer Meinung nach gefährden die Kursgewinne des Frankens die Erholung der Auslandsverkäufe. Die SNB verzichtete in den ersten drei Monaten des Jahres weitgehend auf Interventionen am Devisenmarkt. Die vierteljährlichen Interventionszahlen für den Zeitraum von April bis Juni werden Ende September veröffentlicht.
«Es wird für die SNB schwierig sein, gegen den Markt zu kämpfen», sagte ein Devisenstratege bei der UBS gegenüber Bloomberg. Er sieht das Risiko einer Senkung um einen halben Punkt, auch wenn die Ökonomen der Bank eine geringere Senkung erwarten.
Nicht jeder ist davon überzeugt, dass die Zentralbank eine grosse Zinsreduktion vornehmen muss. Regelmässige Senkungen um 25 Basispunkte in Kombination mit direkten Devisenmarktinterventionen könnten ausreichen, um eine weitere Aufwertung des Frankens zu verhindern, so der Leiter der G-10 Devisenmarktstrategie bei Nomura. Er sieht eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Senkung von mehr als 25 Basispunkten.
Die SNB hat die geldpolitische Lockerung früher als die anderen Zentralbanken der Welt eingeleitet und die Zinssätze bei beiden Sitzungen in diesem Jahr gesenkt, womit das Leitzinsniveau nun bei 1,25 Prozent liegt. Die Inflation liegt seit über einem Jahr innerhalb des von der Zentralbank angestrebten Zielbereichs von 0 bis 2 Prozent und betrug im August 1,1 Prozent. «Die Inflation ist in ihrem Fall viel zu niedrig und sie brauchen eine Abschwächung der Währung», sagte der Leiter der G-10 Devisenstrategie bei der Bank of America. «Ich denke, sie sollten 50 Basispunkte machen.»
(Bloomberg)
6 Kommentare
Der Zins des Geldes ergibt sich durch den freien Markt. Er zeigt an, wieviel Geld momentan Wert ist, und wie hoch das Risiko ist, es auszuleihen. Der Zins sollte also nicht zentral durch irgendwelche Instanzen gesetzt werden können. Dieses zentralistische Festlegen des Zinses wird immer zu grossen Verwerfungen am Markt führen. Die SNB ist dabei ziemlich dem Dollar ausgeliefert und kann immer nur reagieren nach den Entscheidungen in den USA...
Der Leitzins ist ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Entwicklung einer Volkswirtschaft. Würde man den Zins dem Markt überlassen, würde man nicht nur dieses wichtige Instrument verlieren, sondern es würde dennoch kein Wettbewerb stattfinden, da auf der Anbieterseite nur sehr wenige Anbieter stehen (Oligopol), die in der Vergangenheit mehr als einmal bewiesen haben, dass sie die Märkte kartellisieren und manipulieren.
Den Zins ist eben nicht nur eine mikroökonmiosche Grösse, sondern eine makroökonomische, die eine sehr grosse Auswirkung auf die volkswirtschaftliche Entwicklung und damit auf den nationalen Wohlstand hat. Dessen Steuerung sollten wir nicht privaten Unternehmen überlassen.
In der Theorie sollte man nur Zinsen senken wenn man in der Rezession ist. Um danach die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn wir jetzt schon die Zinsen senken feuert das die Wirtschaft zusätzlich dafür erleidet die Bevölkerung wieder höhere Inflation da der import teuerer wird . Daher sollte mit bedacht die Zinsen gesenkt werden.
Ich stauen, wie diese angebeblichen Fachleute die Augen vor der Realtität verschliessen.
Erstens sagen uns alle makroökonomiscen Modelle, dass Zinssenkungen für die Steuern des Wechselkursverhältnisses denkbar ungeeignet sind, weil sie eine dermassen breite Wirkung haben, dass die sich daraus ergebenden Kollateralschäden für die Volkswirtschaft viel grösser als der mögliche Nutzen ist.
Zweitens haben uns die Märkte in den letzten Monaten klar gezeigt, dass nicht die Zinssenkungen der SNB den Wechselkurs treiben, sondern ganz andere Player und Faktoren sehr viel dominanter sind.
Dritten wissen wir aus Zeiten der Euro-Fixierung, dass eine langfristige Stabilisierung des Frankens nur durch permanente und massive Offenmarktinterventionen der SNB möglich ist.
Wir haben also sowohl aus der Theorie/Wissenschaft als auch aus der Praxis/Empirie ein klares und einheitliches Bild: Zinssenkungen funktionieren nicht für mittel- und langfristige Beeinflussung des Wechselkurses.
Unter dem Strich hilft langfristig sowieso nur eines: Produktivitätsgewinne der exportierenden Unternehmen.
Plutos, ausgezeichneter Kommentar. Genauso ist es ist es auch. Zinssenkungen sind nur für Profiteure wie Hypotheken Besitzer und Exportwirtschaft. Und bei einer Wirtschaftskrise wollen wir -5%-10% machen? Wirtschaftlich völliger Blödsinn sowas.
In der Tat. Dieser Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf. Wieviele Angestellte führt wieder die Nationalbank?