Am Freitagvormittag hat sich die Lage etwas stabilisiert. Die Aufwertung des Frankens der letzten Tage und Wochen zeigt aber vor allem eines: Die Schweizer Währung ist im Zuge der Finanzmarktturbulenzen und als Folge der Hauruck-Zollpolitik der USA wieder als sicherer Hafen gefragt.
Am Markt wird seit Tagen spekuliert, wie sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) verhalten wird. Wenn die SNB etwas nicht gerne sieht an der Währungsfront, dann sind es schnelle und ruckartige Aufwärtsbewegungen des Schweizer Frankens. Eine aufgewertete Landeswährung ist negativ für die stark exportlastige Schweizer Wirtschaft.
Ein Rückgang des Euro unter 0,92 in Richtung 0,90 wäre «eine Gefahrenzone» und markiere den Punkt, an dem die SNB in den Markt einsteigen könnte, lässt sich Volkmar Baur, Devisenstratege bei der Commerzbank in Frankfurt, von Bloomberg zitieren. Für Sascha Kever, Anlagechef bei der Pkb Private Bank in Lugano, muss der Kurs schon 0,90 erreichen, um Massnahmen der SNB auszulösen. Was wiederum bedeuten würde, dass die SNB dem Franken gegenüber früher mehr Raum zur Aufwertung liesse.
Als Instrumente stehen der SNB zunächst verbale Interventionen zur Verfügung, eine eher weiche Massnahme, die als Warnschuss an den Märkten in der Regel schnell verpufft. Dann, wie oft in den letzten 18 Jahren, Devisenmarktinterventionen - oder dann Zinssenkungen. Die neue SNB-Führung hat durchblicken lassen, sie bevorzuge Zinssenkungen gegenüber Eingriffen in den Devisenmarkt, solange der Leitzins über null liegt.
Das hat seinen Grund womöglich darin, dass sie mit Devisenmarktinterventionen die Aufmwerksamkeit der neuen US-Regierung auf sich ziehen könnte. Diese hat wiederholt sensibel auf solche Eingriffe reagiert. Schon 2020 stuften die USA die Schweiz als Währungsmanipulatorin ein.
Dies, da sie nach US-Sicht drei Kriterien erfüllte, die eine solche Einstufung rechtfertigte: Warenhandel, Leistungsbilanz und Devisenmarktinterventionen. Das Risiko, von der US-Regierung gerade jetzt als Währungsmanipulator abgestempelt zu werden, würde die Stellung der Schweiz bei Zoll-Verhandlungen mit den USA womöglich arg schwächen. Daher ist die Erwartungshaltung von SNB-Devisenmarktinterventionen eher gesunken.
Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen steigt
Die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen in der Schweiz hat dagegen zugenommen. Die Märkte gehen nun mit einer Probabilität von über 60 Prozent davon aus, dass die SNB Mitte Juni den Leitzins um 25 Basispunkte auf null senken wird.
Sogar eine Notfall-Zinssenkung der SNB wäre laut den Ökonomen der UBS «sicherlich nicht ungewöhnlich» - dies angesichts des aktuellen Umfelds, das durch bereits niedrige Inflation, sich verschlechternde Wachstumsaussichten und eine schnelle Aufwertung des Frankens gekennzeichnet sei, wie die Experten am Donnerstag schrieben.
Die Rendite zweijähriger Schweizer Staatsanleihen fiel kürzlich erstmals seit 2022 wieder in den negativen Bereich, ein Zeichen, dass die Märkte eine mögliche Rückkehr negativer Zinsen antizipieren. Schon früher hat die SNB ausserhalb der regulären, vierteljährlich stattfindenden Sitzungen den Leitzins gesenkt. Auslöser war jeweils rasche Aufwertung des Schweizer Frankens, besonders gegenüber dem Euro.
«Vieles ist unsicher, aber sich auf Negativzinsen vorzubereiten, ist sicher eine gute Idee», schrieb Claude Maurer, Chefökonom des Prognoseinstituts BAK Economics, vor zwei Tagen. Er sieht den Frankenkurs als das derzeitige Hauptproblem der SNB an.
Die SNB hielt von Anfang 2015 bis September 2022 ein Regime von Negativzinsen, um den Franken vor einer anhaltenden Aufwertung zu schützen. Die lange anhaltende Negativzinsphase stiess vor allem in Bankenkreisen auf viel Kritik.
1 Kommentar
Der CHF hat sich aufgewertet seit es ihn gibt. Eigentlich bleibt er ziemlich wertstabil und die anderen werten sich ab. Es gab eine Zeit, da eine italienische Lira gleich viel wert war wie ein CHF.