Wenn Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder Aktien der eigenen Gesellschaft kaufen oder verkaufen, kann das ein Hinweis auf den Geschäftsgang des jeweiligen Unternehmens sein. Management-Transaktionen müssen daher bei der SIX gemeldet und publiziert werden (hier).

Kauft ein Manager Aktien der eigenen Firma, ist dies in der Regel ein positives Zeichen. Ein Verkauf kann als ein negatives Signal gedeutet werden. Trotzdem sollten Anleger bei der Interpretation kritisch sein: Es gibt viele Gründe für einen kurzfristigen Cash-Bedarf: Eine neue Wohnung, die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder eine Krankheit. Und auch Käufe sind trügerisch, decken sich doch gerade neue Manager aus Überzeugung - unabhängig von den tatsächlichen Aussichten - mit Aktien des eigenen Unternehmens ein.

Das Fehlen von Gründen für den Aktienhandel hat zur Folge, dass sich über Management-Transaktionen genüsslich spekulieren lässt. Sie können im positiven oder negativen Sinne zu überzogenen Ansichten über eine Aktie und deren potenzieller Rendite führen. Grundlage für eine vollumfängliche Handelsstrategie sind die Management-Transaktionen daher nicht, sie sollten aber bei einer Gesamtbetrachtung auch nicht ausser Acht gelassen werden.

Investoren verfolgen die Manager-Transaktionen mit grossem Interesse, vor allem in der aktuellen Marktlage: So hat der Swiss Market Index (SMI) seit Jahresbeginn trotz der steigenden Zinsen, der konjunkturellen Abschwächung und der kurzzeitigen Bankenkrise 5 Prozent gewonnen - obwohl für das zweite Halbjahr in den USA und anderswo eine Rezession erwartet wird und einige Unternehmen im In- und Ausland Gewinnwarnungen veröffentlicht haben.  Viele Unternehmen befinden sich vor den Halbjahresabschlüssen und oft in einer selbst auferlegten "Quiet Period". In dieser Phase wird nichts nach aussen kommuniziert, oft gelten auch Restriktionen beim Kauf und Verkauf von firmeneigenen Aktien.  

Seit Anfang Juni hat die Teppichetage von Schweizer Firmen dennoch mit Wertschriften im Wert von gut 580 Millionen Franken gehandelt, wobei grössere Teil - gut 320 Millionen Franken - auf Käufe zurückgeht. cash.ch mit einem Überblick zu denjenigen Schweizer Aktien, bei denen Manager besonders auffällige Zu- und Verkäufe getätigt haben:

Schindler - Nur Umschichtungen?

Beim Lift- und Rolltreppenhersteller sind im Juni hohe Verkäufe (134 Millionen Franken) und insbesondere Käufe (263 Millionen Franken) von eigenen Wertpapieren durch Geschäftsleitungsmitglieder bekannt geworden. Eine Sprecherin sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP, dass es sich bei den Transaktionen wie schon in den Vorjahren um "Umschichtungen im Zusammenhang mit dem Aktionärsbindungsvertrag" handelt. Die Aktionärsgruppe Familie Schindler, Familie Bonnard und Nahestehende hielt über den Vertrag per Ende 2022 rund 69 Prozent der Stimmen beziehungsweise 43 Prozent des Kapitals.

Ob die Umschichtungen alle elf Transaktionen betreffen, lässt sich aus den SIX-Daten nicht eruieren. Nur einzelne Transaktionen sind in dem Sinne als ausserbörsliche Transaktionen innerhalb des Aktionärsbindungsvertrags gekennzeichnet. Die Namenaktien und Partizipationsscheine haben aber von den Transaktionen wohl profitiert. Auf Monatssicht stehen die Titel 7 Prozent höher, seit Jahresbeginn beläuft sich das Kursplus auf 20 Prozent. Gleichzeitig bietet auch der Geschäftsgang Rückenwind. Der Lift- und Rolltreppenhersteller Schindler hat im Startquartal mehr umgesetzt und verdient.

Dottikon ES - Ganz im Sinne des Free Float

Der Spezialitätenchemiekonzern Dottikon ES sticht mit einer Transaktion ins Auge: Am 15. Juni verkaufte ein Mitglied der Geschäftsleitung Aktien im Wert von knapp 86 Millionen Franken. Dass dahinter CEO, Verwaltungsratspräsident und Hauptaktionär Markus Blocher steckt, ist kein Geheimnis. Dieser trennte sich von einem Anteil seiner Aktien, um den Free Float zu erhöhen. Dieser soll in Richtung 30 Prozent steigen. Blocher will jedoch weiterhin mindestens 60 Prozent am Unternehmen halten.

Dottikon ES hat im Geschäftsjahr 2022/23 sowohl den Umsatz als auch den Reingewinn deutlich gesteigert, wie das Unternehmen Ende Mai berichtete. Mit Blick in die Zukunft rechnet der Aargauer Pharmazulieferer mit weiterem Wachstum und baut seine Kapazitäten stetig aus. An der Börse stehen die Zeichen nach den Boomjahren 2020 und 2021 jedoch auf Konsolidierung. Dieses Jahr läuft der Titel seitwärts. Eine Erhöhung des Free Float könnte der Beliebtheit der Aktie guttun.

SIG Group - Baut ein Verwaltungsratsmitglied den Einfluss aus?

Beim Verpackungsspezialisten hat eine oder mehrere juristische Personen, die einem Verwaltungsratsmitglied nahesteht, Mitte Juni in zwei Transaktionen Aktien im Wert von 20 Millionen Franken in Form von Wandelrechten übernommen. Es könnte sich dabei um CLIL Holding handeln, die mit gut 9 Prozent der grösste Aktionär des Verpackungsherstellers ist. Diese gehört dem Verwaltungsmitglied Laurens Last. Gleichzeitig hat ein Mitglied der Geschäftsleitung Aktien im Wert von knapp 800'000 Franken veräussert. SIG wollte die Management-Transaktionen gegenüber cash.ch nicht kommentieren.

Im Analystenkreisen geniesst die Aktie, die seit Jahresbeginn 22 Prozent höher steht, grosses Wohlwollen. Die UBS bezeichnete den Titel im Zuge der letzten Kurszielerhöhung als "Momentum"-Aktie im laufenden Geschäftsjahr. Der Verpackungshersteller SIG ist auch im ersten Quartal 2023 kräftig gewachsen. Der Umsatz legte währungsbereinigt um 44,5 Prozent zu. Getrieben wurde das Wachstum unter anderem von den beiden Grossübernahmen Scholle IPN und Evergreen Asia. Ohne die Zukäufe ist SIG laut Mitteilung organisch um 6,9 Prozent gewachsen, verantwortlich dafür waren vor allem Preiserhöhungen. Trotz der finanziellen Belastung durch die Übernahmen stieg auch die Profitabilität. 

Kühne+Nagel - Grosse Aktienkäufe trotz rückläufigem Gewinn

Der Logistikkonzern Kühne+Nagel ist in den Swiss Market Index aufgestiegen. Auch sonst hat die Aktie Rückenwind: Seit Jahresbeginn steht der Titel 22 Prozent höher. Dies, obwohl sich der Gewinn in diesem Jahr im Vergleich zu 2022 in etwa halbieren und auch im nächsten Jahr nicht nennenswert zulegen dürfte.

Trotz dieses eher trüben Ausblicks und dem Höhenflug der Aktie überwiegen die positiven Signale aus der Teppichetage: Käufen im Wert von 17,4 Millionen Franken stehen in den letzten vier Wochen Verkäufen im Wert von 4,4 Millionen Franken gegenüber. Gemessen am Vermögen liegt man wohl nicht falsch, die Aktienkäufe mehrheitlich dem Ehrenpräsidenten, Mehrheitsaktionär und Milliardär Klaus-Michael Kühne zuzuordnen - insbesondere da die Transaktionen von einer "juristischen Person" ausgeführt wurden.

Einen anderen Weg gingen die Mitglieder der Geschäftsleitung und ein Verwaltungsratsmitglied mit ihren doch auch millionenschweren Verkäufen. 

Lindt & Sprüngli - Wieder «nur» Management-Entschädigungen

Ein oder mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung haben in den letzten vier Wochen in sechs Transaktionen Partizipationsscheine im Wert von 7,1 Millionen Franken veräussert. Dies, nachdem der Titel seit Jahresbeginn mit einem Kursplus von 19 Prozent auf das April-Niveau vom Jahr 2022 angestiegen ist. 

"Diese Transaktionen stehen im Zusammenhang mit unserem Optionsprogramm für Mitarbeitende und sind Teil unseres Vergütungsmodells. Nach einer fixierten Sperrfrist gewährt die Option das Recht zum Bezug von jeweils einem Partizipationsschein pro Option zu einem nach Marktkriterien festgelegten Ausübungspreis", sagt eine Mediensprecherin von Lindt & Sprüngli auf Anfrage von cash.ch.

Die vergebenen Optionsrechte weisen eine Sperrfrist von 3 bis 5 Jahren auf und verfallen nach 7 Jahren, wenn sie nicht ausgeübt werden. Aufgrund des kontinuierlich guten Kursverlaufs des Lindt & Sprüngli Partizipationsscheins an der Börse sei es laut der Mediensprecherin daher verständlich, dass das Management von der Ausübung der Optionsrechte innerhalb der Frist Gebrauch machen. Warum dies nicht aus den SIX-Daten ersichtlich ist, bleibt ein regulatorisches Rätsel.

Der Premium-Schokoladenhersteller hat im Geschäftsjahr 2022 mehr Gewinn geschrieben und ist erneut profitabler geworden. Für das laufende Jahr bestätigte das Unternehmen im März seine Ziele, sieht jedoch weiterhin schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Inwieweit sich dies materialisiert haben, werden die Halbjahreszahlen Ende Juli zeigen.

Medacta, Forbo und Vontobel - CEO-Abgang und widersprüchliche Signale

Bei Medacta verkaufte 3B Future Holding, die unter einem signifikanten Einfluss vom Verwaltungsrat Riccardo Braglia steht, Ende Juni Aktien im Wert von 1,3 Millionen Franken. Dies, nachdem der Titel mit einem diesjährigen Kursplus von 18 Prozent auf das Kursniveau vom März 2022 zurückgekehrt ist. Das Tessiner Orthopädieunternehmen hat im Jahr 2022 den Umsatz erneut kräftig gesteigert. Einen Ausblick auf das Ergebnis oder die weitere Entwicklung gab es im Februar noch nicht. Gegenüber cash.ch sagte das Unternehmen auf Anfrage nur, dass die Transaktion von einem Verwaltungsratsmitglied durchgeführt wurde.

Bei Forbo, einem Hersteller von Bodenbelägen und Förderbändern, gibt es aus der Teppichetage in den letzten vier Wochen widersprüchliche Signale: Während ein Mitglied des Verwaltungsrats Aktien im Wert von 1,2 Millionen Franken gekauft hat, stiess eine andere Person aus dem gleichen Gremium solche im Umfang von 400’000 Franken ab. Mit einem Kursplus von 18 Prozent in diesem Jahr ist der zyklische Wert vor Rückschlägen nicht gefeit, insbesondere da die konjunkturelle Abkühlung im Bausektor in Europa besonders stark ist.

Von gleichen konjunkturellen Gegenwinden betroffen ist auch Arbonia, dessen Aktien seit Jahresbeginn 21 Prozent abgesackt sind. Die gestiegenen Material- und Logistikkosten, Materialknappheit, explodierende Energiekosten, höhere Zinsen und der starke Franken drückten letztes Jahr auf das Ergebnis. Anscheinend sehen Mitglieder der Teppichetage Licht am Ende des Tunnels. In sieben Transaktionen wurden Aktien im Wert von gut 2 Millionen Franken erworben, wobei der Grossteil auf eine juristische Person zurückgeht, die einem Verwaltungsratsmitglied zugeordnet wird. Dabei könnte es sich die Industrie- und Finanzbeteiligungsgruppe Artemis handeln, die dem Verwaltungsrat und Industrie-Investor Michael Pieper gehört.

Ein oder mehrere Vontobel-Geschäftsleitungsmitglieder haben Anfang Juni Firmen-Aktien im Umfang von gut 2,6 Millionen Franken verkauft. Zuvor, Mitte Mai, hatte CEO Zeno Staub nach zwölf Jahren an der Spitze der Gruppe seinen Rücktritt auf April 2024 bekanntgegeben. Das übte argen Druck auf die Aktie aus, der bis heute anhält. Schon aus diesem Grund war der Zeitpunkt des Aktien-Verkaufs Anfang Juni eher ungünstig.

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