Die Aktien von Zurich Insurance, Swiss Re, Swiss Life, Helvetia und Baloise sind seit Anfang Jahr zwischen 7 und 9,5 Prozent gestiegen. Damit hebt sich der Versicherungssektor positiv ab vom Gesamtmarkt.
Unter dem Eindruck einer erheblichen Marktunsicherheit, versursacht nicht unwesentlich von den Zinsplänen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat der Swiss Performance Index (SPI) seit Anfang Jahr 3,6 Prozent verloren.
Für die Versicherer sind die Vorzeichen gut, dass es weiter aufwärts geht. Dies sind die Gründe dafür:
Steigende Zinsen: Für Bank- und Versicherungsaktien sind die Zinsanstiege ein positives Signal. Während die Fed 2022 die Zinsen bis zu vier mal anheben könnte, sind auch die Anleihenzinsen gestiegen. 10-jährige US-Anleihen rentierten am Dienstag über 1,8 Prozent, so hoch wie zuletzt im Dezember 2020.
Wenn die Renditen steigen, fallen auch die Kurse von Anleihen. Davon halten die Versicherer viele. Allerdings, sagt Analyst Georg Marti von der Züricher Kantonalbank (ZKB), ist dies derzeit kein massives Problem: "Die steigenden Zinsen werden zu einer gewissen Abnahme der Marktbewertungen bei den Bonds geführt haben, wobei dieser Effekt für die Investoren von Versicherungsaktien eher zweitrangig ist."
Die allgemeinen Kapitalmarktzinsen seien weiterhin sehr tief, weshalb der positive Ertragseffekt viel stärker im Fokus stehe, so Marti. Zudem stünden Änderungen an: "Ab nächstem Jahr, wenn die neue IFRS-17-Norm angewendet werden muss, wird mit steigenden Zinsen dann auch buchhalterisch ein positiver Effekt resultieren, wie dies der ökonomischen Realität entspricht."
Dividenden: Die Schweizer Versicherer sind gute Dividendenzahler. Zwar positionieren sich Investoren oft nicht erst Anfang Jahr für die Dividendenauszahlungen, die in den Monaten April und Mai über die Bühne gehen werden. Aber die Aussicht auf satte Gewinnbeteiligungen hat den Versicherungsaktien im bisherigen Jahresverlauf bereits geholfen. ZKB-Branchenkenner Marti rechnet im ganzen Sektor mit guten Dividendenzahlungen, die über die Zeit noch zunehmen sollten.
Corona-Pandemie: Wer Sachversicherungen anbietet - und dazu gehören alle fünf grossen börsenkotierten Versicherer ausser die Swiss Life - ist dem Risiko höherer Kosten durch Pandemie- und andere Schäden ausgesetzt. 2020 hat die Corona-Pandemie gegenüber Versicherungs-Aktien Misstrauen ausgelöst. Mit der Omikron-Variante besteht die Hoffnung, dass die Wirtschaft mittelfristig gut vorankommen wird. Auch dies stützt den Kurs der Versicherungsaktien, allerdings sieht die Lage je nach Unternehmen etwas anders aus.
Zurich, Swiss Life und Helvetia sind die interessantesten "Picks" bei Schweizer Versicherungsaktien. Unter gewissen Gesichtspunkten ist auch die Swiss Re nach wie vor interessant. Eine Übersicht:
Zurich: Frei gesetztes Kapital löst Erwartungen aus
Kurs seit Jahresanfang: +9,6 Prozent / Dividendenrendite: 4,5 Prozent
Der Kurs der Zurich-Aktie ist mit den Zinsanstiegen in diesem Januar erstmals wieder auf eine Höhe angestiegen, wie sie zuletzt vor der Coronakrise erreicht worden war. Bei der Zurich fallen die Pandemieschäden genauso wie Naturereignisse durchaus ins Gewicht. Allerdings schauen die Märkte auch stark auf die Ausschüttung, denn die Zurich gilt als eine der wichtigsten Dividendenaktien in der Schweiz.
Der Markt achtet aber auch wieder vermehrt auf die stetigen Effizienzverbesserungen und immer wieder stattfindenden Zu- und Verkäufe unter dem seit 2016 amtierenden CEO Mario Greco. Analysten gehen davon aus, dass dies dazu führt, dass das Eigenkapital 2022 um Milliarden entlastet werden könnte. Dies wiederum nährt Erwartungen, dass den Aktionärinnen und Aktionären zusätzliche Mittel zufliessen könnte. Über künftige Dividendenerhöhungen oder Aktienrückkäufe wird spekuliert.
Der Kurs der Zurich-Aktie ist wieder beim Stand vom Februar 2020 (alle Grafiken: cash.ch).
Swiss Life: Es gibt fast nur Gutes zu berichten
Kurs seit Jahresanfang: +9,5 Prozent / Dividendenrendite: 3,4 Prozent
Der Kurs der Swiss-Life-Aktie liegt heute um 18 Prozent über dem Level von vor der Coronakrise im Februar 2020. Mit dieser Kursbilanz übertrifft die Swiss Life die übrigen Schweizer Versicherer. Als Vorsorgedienstleisterin und Vermögensverwalterin ist die Swiss Life der Gefahr von Corona-Kosten weniger stark ausgesetzt. Mit ihrem grossen Immobilienpark der Schweiz ist die Gesellschaft ein Stück weit auch gegen Inflation abgesichert.
Für das in den letzten zehn Jahren modernisierte Geschäft wird weiteres Wachstum über mehrere Jahre erwartet. Ein Aktienrückkauf und steigende Dividendenaussichten wirken günstig auf den Kurs. Und: Analysten können sich für 2022 und 2023 eine Dividendenrendite von über 5 Prozent vorstellen. Bei so guten Eckdaten muss allerdings der Gewinn im Jahresabschluss stimmen, über den die Swiss Life am 1. März berichten wird.
Beim Swiss-Life-Kurs zeigten sich 2020 und 2021 weniger Corona-Sorgen als bei anderen Versicherern.
Helvetia: Die Aktie wird wieder positiv gesehen
Kurs seit Jahresanfang: +8,9 Prozent / Dividendenrendite: 4,3 Prozent
Im Januar 2020 kündigte die Helvetia den Kauf der spanischen Gesellschaft Caser an. Ein Monat später fing die Pandemie mitsamt Konjunktureinbruch an, wodurch die Skepsis am Nutzen des Zukaufs grösser wurde. Wie 2021 gezeigt hat, liefert Caser aber einen positiven Gewinnbeitrag an die Helvetia und stärkt das Geschäft in Europa.
Bei Analysten ist die Helvetia beliebt und wird gerne als dividendenstarke Portfolio-Ergänzung empfohlen, nicht zuletzt deswegen, weil das Unternehmen als unterbewertet gilt. Ein Aktienkurs unter dem Buchwert löst gewisse Value-Erwartungen aus. Die Wachstumsaussichten sind zudem gut - allerdings ist das Unternehmen mit seinem beträchtlichen Sachversicherungsgeschäft Naturkatastrophenrisiken ausgesetzt. Die Helvetia wird immer wieder als Übernahmeziel gehandelt. Dafür müsste Grossaktionärin Patria (34 Prozent) aber mit dem Preis einverstanden sein.
Die Skepsis gegenüber der Helvetia-Aktie ist 2021 zurückgegangen.
Swiss Re: Wenn es um Einkommen geht, eine lohnende Investition
Kurs seit Jahresanfang: +8,4 Prozent / Dividendenrendite: 6,1 Prozent
Bei der Swiss Re hat der Kurs den Corona-Sturz - der Börsenwert halbierte sich im März 2020 - nie mehr ausglichen. Zu sehr belasten tatsächliche oder befürchtete Kosten das Anlegervertrauen. Naturkatastrophen verschlingen immer wieder Milliarden. "Mit weiteren Corona- Aufwendungen ist ebenfalls zu rechnen", sagt ZKB-Analyst Marti. Der Rückversicherer sei wesentlich im US-Mortalitätsgeschäft verankert, das weiterhin erhöhte Todesfallzahlen aufweisen werde.
Die Kursaussichten sind gedämpft. Der Vorteil des tiefen Kurses ist allerdings, dass die Swiss Re derzeit die höchste Dividendenrendite unter den Schweizer Versicherern aufweist. Berenberg-Analystin Kathryn Fear schrieb vor wenigen Tagen unter anderem, die Kapitalerträge bei der Swiss Re seien weniger starken Schwankungen unterworfen wie früher. Für die Dividende ist dies weiterhin ein gutes Zeichen.
Auffällig ist der starke Kurssturz der Swiss Re im Frühling 2020.