Angefangen hat 2022 gleich einmal mit einer grossen Aufregung in der ersten Börsenwoche. Protokolle der amerikanischen Notenbank Federal Reserve, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, deuten auf einen schnellen Zinserhöhungs-Zug in den USA hin. Die Märkte überraschte auch, dass die Fed nach der ersten Zinserhöhung auch schnell mit der Verringerung ihrer Bilanzsumme anfangen will. Manche Stimmen sprechen schon davon, dass Wachstumstitel zugunsten von Value-Aktien fallengelassen werden. So ähnlich klang es auch Anfang 2021.
In der Bilanz der ersten Handelswoche des Jahres zeigen sich sowohl im Swiss Market Index (SMI) als auch im breiten Swiss Performance Index (SPI) wenig Spuren dieses Aufregers. Beide Gradmesser der Schweizer Börse gingen mit weniger als einem Prozent im Minus aus der Woche.
Bei den Einzeltiteln ergibt sich sowieso ein anderes Bild. SMI-Gewinnerin dieser Woche - und fünftbeste Aktie von allen im Markt - ist die UBS (+8,7 Prozent). Schon in der ersten Jahreswoche hat es für die grösste Bank in der Schweiz eine Reihe von Kurszielerhöhungen und Kaufempfehlungen gegeben. Die UBS sei eine der "am stärksten aufgestellten Banken in Europa", schrieb ein JPMorgan-Analystenteam um Kian Abouhossein.
Erwartet wird ein gutes Jahresresultat und ein guter Start ins Jahr 2020 (die UBS wird am 1. Februar Zahlen vorlegen und über den Geschäftsgang informieren). Dank steigender Anleiherenditen stehe die UBS auf einem guten Fundament, heisst es bei JPMorgan. Die US-Zinsen, die mit 1,735 Prozent so hoch sind wie zuletzt im März 2021, helfen auch der Credit Suisse (+4,2 Prozent). Die CS ist nach einem Jahr mit Krisen und Abschreibern an der Börse allerdings nur noch gut ein Drittel so viel wert wie die UBS (cash berichtete).
Die SMI-Aktien in der ersten Handelswoche 2022 (Grafiken: Bloomberg).
Einen definitiv guten Start haben auch die Versicherer erwischt. Swiss Life (+5,3 Prozent), Zurich (+4,5 Prozent) und Swiss Re (+4,3 Prozent) rangieren im ersten SMI-Drittel. Unter anderem der Verkauf eines Zurich-Lebengeschäfts in Italien hat bei einem Berenberg-Analysten die Fantasie ausgelöst, auf Aktionärinnen und -Aktionäre könnte bald ein warmer Geldregen in der Form einer Sonderdividende oder eines Aktienrückkaufprogramms niedergehen (der cash Insider berichtete): Michael Huttner glaubt, dass bei der Zurich sieben Milliarden Dollar Kapitalbindung reduziert werden könnten.
Versicherer gefragt
Während in Wackelphasen der Börse Versicherer wegen ihrer defensiven Qualitäten gefragt sind, dürften sich auch einige am Markt bei diesen guten Dividendenzahlern positionieren. Die Swiss Re kommt im Moment auf eine Dividendenrendite von 6,3 Prozent, Zurich auf 4,8 Prozent und Swiss Life auf 3,6 Prozent. Auch an die Swiss Life bestehen Erwartungen, dass die Ausschüttungen sich künftig noch mehr lohnen werden.
Auf der anderen Seite wirkt die Schwäche der Wachstumstitel nach. Logitech (-4,7 Prozent) steht sinnbildlich dafür. Der Lausanner Tech-Konzern schafft es weiterhin nicht über die 80-Franken-Marke. Die Luft ist auch bei anderen Hochfliegern wie Partners Group (-7,8 Prozent) oder Sika (-5,1 Prozent) etwas draussen. Nestlé (-1,8 Prozent) hat nach viel Lob für einmal einen negativen Analystenkommentar samt Herabstufung auf "Underperform" von der US-Investmentbank Jefferies kassiert. Hinsichtlich der SMI-Verlierer der ersten Woche ist es nun spannend zu beobachten, wie sich der Markt in den nächsten ein bis zwei Wochen wieder sammelt.
Absolute Gewinnerin des Jahresauftakts ist indessen Relief Therapeutics, wo sich der Börsenwert innert kurzer Zeit um mehr als die Hälfte erhöht hat. Vom Biotech-Unternehmen prasselte es im Lauf der Woche mehrere Communiqués herein. Darunter ein Antrag auf Notfallzulassung für das Medikament Aviptadil, das gegen Corona-Erkrankungen eingesetzt werden soll.
Seit März 2020 beschäftigt Relief dem Unternehmen zugeneigte Anlegerinnen und Anleger. Im zweiten Quartal 2020 konnte man Kursrenditen um bis zu 58'000 Prozent einfahren. Seitdem ist der Kurs aber deutlich zurückgekommen. Der jüngste Anstieg hat den Preis der Relief-Aktie lediglich wieder auf das Niveau von Oktober 2021 gebracht. Wer bei diesem Unternehmen, das jetzt mit seinem Entwicklungspartner NRx Pharmaceuticals einen Rechtsstreit ausficht, zum richtigen Zeitpunkt investiert hat, konnte viel - zum Teil phänomenal viel - Rendite einfahren. Mit etwas Abstand betrachtet ist Relief aber nach wie vor ein Unternehmen, über dessen Zukunft an der Börse nicht viele belastbaren Aussagen gemacht werden können.
Einen Schub erhalten hat auch Swatch. Das Ex-SMI-Mitglied profitiert von einer weltweiten Nachfrage nach Uhren und Schmuck. Stets im Schatten der erfolgreicheren Branchennachbarin Richemont, bestehen teils hohe Erwartungen an Swatch. Allerdings bestanden diese auch schon vor einem Jahr. Im Lauf von 2021 ist die Swatch-Aktie zunächst stark gestiegen, dann aber auch wieder zurückgefallen. Sollte die Omikron-Welle den weltweit wichtigsten Uhrenmarkt China noch treffen, könnten sich die Vorzeichen bei Swatch schnell wieder ändern.
Bachab mit dem Bachem-Kurs
Schlechteste Aktie im Markt war indessen Bachem (-16,8 Prozent). Wie bei den Lonza, Siegfried oder Dottikon aus der Pharma-Zulieferbranche hat der Kurs des Nordwestschweizer Unternehmens zuletzt gelitten. Die Kurse dieser hoch bewerteten Aktien - Bachem hat ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 56, Lonza und Siegfried von etwa 36 - reagieren empfindlich auf die Aussicht steigender Zinsen respektive deren unmittelbare Ursache, die höhere Inflation. An dieser Front dürfte sich das Sentiment auch nicht so schnell ändern.
Zieht man das Messband länger als eine Handelswoche, hat Bachem immer noch einen strahlend guten Track-Record. Auf 12 Monate zurückblickend ist der Kurs um die Hälfte gestiegen. Innerhalb von 36 Monaten beträgt das Kursplus gar gut 400 Prozent.