Ein klassischer «Penny Stock» ist eine Aktie, die normalerweise unter einem Franken notiert. Bei kurzfristig orientierten Anlegenden und Spekulanten sind Aktien mit einem tiefen, einstelligen Kurs beliebt, da mit relativ wenig Einsatz im besten Fall ein sehr hoher Gewinn erzielt werden kann. Als Beispiel ist das Schweizer Biotechnologie-Unternehmen Kuros erwähnt: Hätte ein Anleger vor einem Jahr Aktien im Wert von 1000 Franken gekauft, könnte er einen Gewinn von rund 6'600 Franken einfahren.

Allerdings ist dies nur die eine Seite der Medaille. Geht es mit dem Aktienkurs in die andere Richtung, ist fast das gesamte Geld weg. Aktionärinnen und Aktionäre von Obseva oder Meyer Burger können ein Lied davon singen. 

Von echtem Investieren kann bei den Penny Stocks in diesem Sinne nicht gesprochen werden. Es ist eher wie am Roulettetisch, bei vielen steht das Zocken und das Hoffen auf einen schnellen Gewinn im Vordergrund. Im Gegensatz zum Roulette haben Penny Stocks immerhin einen deutlichen Vorteil. Die Wahrscheinlichkeit, einen Gewinn zu erzielen, ist deutlich höher als am Roulettetisch, wo das Kasino von Anfang an als einziger Gewinner feststeht. 

Spektakuläre Kursgewinne und Abstürze zeigen, welche Faszination Penny Stocks ausstrahlen. cash.ch hat hierzu achtzehn Schweizer Aktien zusammengetragen. Die erste Gruppe umfasst Penny Stocks, welche wie Aryzta, Kuros und Newron den Turnaround geschafft haben. In die zweite Gruppe fallen Titel wie Addex, Kudelski oder Meyer Burger. Bei diesen Firmen ist offen, ob eine Wende zum Guten gelingt. Die dritte Gruppe umfasst die Valoren, welche auf dem besten Weg zum Penny Stock sind, sollte sich die Kursbaisse der letzten drei Jahre in absehbarer Zeit wiederholen. Dazu gehören unter anderem Idorsia oder Hochdorf

Phänomenale Renditen bei den Gewinnern

Die Top-Performer über die letzten drei Jahre sind mit Kuros (+357 Prozent) und Newron (+334 Prozent) zwei Biotechnologiefirmen. Kuros ist mit der Entwicklung des Knochenersatzprodukt MagnetOS der Durchbruch gelungen. Das Unternehmen konnte den Absatz in den ersten drei Monaten des Jahres auf 13,9 Millionen Franken steigern - das ist ein Plus von 157 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen hat zudem einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 3,9 Millionen Franken erwirtschaftet. Für das Gesamtjahr peilt das Biotech-Unternehmen einen Umsatz von 70 Millionen Franken an. 

Bei Newron hat der Hoffnungsträger Evenamide die Wende gebracht. Dies ist eine Zusatztherapie für Patienten mit behandlungsresistenter Schizophrenie. Die positiven Studiendaten bringen das Unternehmen nun in eine komfortable Ausgangsposition bei seiner Suche nach einem Partner für die Vermarktung. Anlegerinnen und Anleger warten nun gespannt darauf, welchen Partner Newron aussuchen wird und ob dies dem Kurs weiter Flügel verleiht.

Trotz der positiven Entwicklung über die letzten drei Jahre stellen langjährige Aktionäre fest, dass die Aktienkurse der beiden Biotechunternehmen seit dem IPO richtige Wertvernichtungsmaschinen waren. Bei Kuros beträgt der Verlust 64 Prozent seit 2016, bei Newron beläuft sich dieser auf 79 Prozent seit dem Börsengang 2006.

Mit dem Backwaren-Konzern Aryzta (+34 Prozent in drei Jahren) hat ein weiteres Unternehmen den Status als Penny Stock hinter sich gelassen. Die Aktie steht nun um 700 Prozent höher als am Tiefstpunkt im März 2020 während der Corona-Pandemie. Der wichtigste Faktor für den erfolgreichen Turnaround ist die konsequente Umsetzung der Restrukturierung seit November 2020. Das Unternehmen hat sich komplett gewandelt mit einer stärkeren geografischen und strategischen Fokussierung. Einzelne Unternehmensteile wurden verkauft, Kundenbeziehungen verstärkt und die operationelle Effizienz erhöht sowie Schulden abgebaut. 

Drei Gewinner und fünfzehn Verlierer

Neben den drei erfolgreichen Titeln Kuros, Newron und Aryzta über die letzten drei Jahre dominiert bei der Kursentwicklung die Farbe Rot. Besonders auffallend: Mehr als die Hälfte der Titel verzeichneten Kursverluste über 90 Prozent. Dies zeigt, wie schwierig das Investieren in Penny Stocks respektive potenzielle Penny Stocks ist. Hätte ein eine Anlegerin oder ein Anleger vor drei Jahren je 1000 Franken in die 18 Titel investiert, würde ein Verlust von 30 Prozent zu Buche stehen. 

Firma Branche Kurs in Franken  18.6.24 Veränderung seit 18.6.21 Veränderung seit 18.6.23

Veränderung seit 1.1.24

Obseva Biotechnologie 0,0001 -99.99% -99.83% -99.74%
Meyer Burger Solar-Technologie 0,0073 -95.44% -96.44% -98.89%
Addex Biotechnologie 0,062 -96.10% -43.64% +37.78%
Arundel Immobililen 0,206 -91.27% -91.17% +106.00%
GAM Vermögensverwalter 2,495 -88.61% -57.20% -32.57%
Leclanché Batterienhersteller 0,50 -50.50% +6.38% +2.04%
Evolva Holding Biotechnologie 0,97 -97.88% -83.70% +0.00%
Relief Therapeutics Biotechnologie 1,12 -98.60% -64.73% -42.89%
AMS Osram Halbleiter/Elektro 1,31 -86.35% -65.07% -34.50%
Kudelski Technologie 1,37 -65.37% -20.29% +22.77%
Asmallworld Reisen und Livestyle 1,52 -50.33% -24.75% -15.56%
Aryzta Backwaren 1,67 +34.44% 19.07% +9.67%
Idorsia Biotechnologie 2,03 -92.08% -75.03% -0.39%
Wisekey Technologie 3,66 -94.75% -62.27% +14.02%
SHL Telemedicine Gesundheit 4,89 -67.62% -50.10% -26.47%
Hochdorf Nahrungsmittel 7,26 -87.59% -63.70% -52.24%
Newron Biotechnologie 10,6 +334.43% +137.67% +131.95%
Kuros  Biotechnologie 11,26 +357.72% +766.15% +190.21%

(Quelle: cash.ch)

Werden die Transaktionsgebühren hinzugezogen, dürfte der Verlust noch grösser sein. Zudem stellen gerade die tiefen Handelsvolumen bei den Penny Stocks ein Problem dar, wenn Anleger aus der Position aussteigen wollen und praktisch keine Liquidität am Markt vorhanden ist. Entsprechend können Aktien kurzzeitig mit hohen Abschlägen gehandelt werden. 

Das lässt sich an den Handelsvolumen ablesen. Bei Kuros beläuft sich die Anzahl der täglich gehandelten Aktien bis auf zwei Prozent der total ausstehenden Aktien. Meyer Burger bringt es auf rund ein Prozent, bei Kudelski sind es 0,5 Prozent und bei Leclanché weniger als 0,1 Prozent. Je geringer das Volumen, desto schwieriger der geordnete Ausstieg. 

Kriterien bei der Auswahl von Penny Stocks

Wer in Penny Stocks oder hochspekulative Aktien investiert ist, braucht starke Nerven und einen klaren Plan. Dieser setzt viel Disziplin voraus. Ein Problem ist dabei das sogenannte "Pump-and-Dump". Das heisst, eine Aktie wird gepusht und nach einem Kursanstieg wieder wie eine heisse Kartoffel fallen gelassen respektive abgestossen. Wer dann nicht sofort verkauft, hat im Normalfall das Nachsehen. Gerade in Internetforen ist dieses «Gepushe» in einzelnen Titel gang und gäbe - oder man versucht es zumindest.

Um diesem Pump-and-Dump aus dem Weg zu gehen, sind Interessierte gut beraten, entweder einen Ansatz mit technischer Analyse oder einen fundamentalen Ansatz zu verfolgen. Bei der technischen Analyse werden bevorzugt Indikatoren wie Relativer-Stärke-Index (RSI) oder der Fischer-Indikator herangezogen. Der Fisher-Indikator - auch Fisher Transform genannt - wurde entwickelt, um Trendwenden zu erkennen. Diese Positionen sollten in einem kürzeren Zeitfenster gehalten werden und mindestens wöchentlich überprüft werden, ob die Strategie noch richtig ist. 

Auf der anderen Seite steigen und fallen Penny Stocks je nach Handelsnachfrage und orientieren sich nur begrenzt an den Fundamentaldaten und der Bilanz des Unternehmens. Es ist oft nicht möglich, den tatsächlichen inneren Wert eines Penny Stocks zu berechnen. Deshalb ist die Kursentwicklung oftmals erratisch mit hohen Preisschwankungen und spiegelt eher das wahrgenommene Potenzial als den tatsächlichen Wert wider. 

Es gibt dennoch Punkte, welche eine gute Grundlage für den Investitionsentscheid bilden. Erstens die Höhe der Verschuldung sowie die Fälligkeitsstruktur der Schulden, zweitens die Veränderung beim Cashflow (Zufluss/Abfluss) und drittens die Glaubwürdigkeit des Managements. Als Beispiel sei Aryzta angeführt. Zuerst musste ein neues Management das Vertrauen der Anleger Ende 2020 wieder herstellen.

Die Restrukturierung gelang und die freien Cashflows begannen im Tandem mit dem Aktienkurs in den Folgejahren wieder zu steigen. Bezüglich der Schulden ist Aryzta immer damit beschäftigt, diese abzubauen. Dies zeigt, ein glaubwürdiges Management ist einer der entscheidenderen Punkte. 

Noch schwieriger wird die fundamentale Analyse bei den Biotechwerten. Es ist entweder Top oder Flop bei der Entwicklung eines neuen pharmazeutischen Wirkstoffs. Gelingt der Durchbruch, wird es interessant wie bei Kuros, Newron oder neuerdings auch Molecular Partners. Stellt sich der Forschungserfolg nicht ein wie bei Addex, Evolva oder Obseva, so sind happige Kursverluste meist vorprogrammiert.

Generell sollte der Kaufzeitpunkt bei Penny Stocks möglichst lange hinausgezögert werden. Erst wenn die Restrukturierung respektive die Forschungsresultate bei Biotechunternehmen in die richtige Richtung zeigen, drängt sich bei Penny Stocks ein gestaffelter Einstieg mit Kauf-Limiten unter dem aktuellen Aktienkurs auf. Bei täglichen Kursschwankungen kann ein Bestens-Börsenauftrag ins Geld gehen.

Aktuell können die stark gefallenen Werte von AMS Osram, Idorsia und Hochdorf auf eine Watchlist gesetzt. Ein Engagement drängt sich allerdings erst auf, wenn einerseits der Plan zur Reduktion der hohen Verschuldung in greifbarere Nähe rückt. Idorsia muss ferner bei der Forschung und Entwicklung weitere Fortschritte vorweisen. Langfristig orientierte Anleger sind bei Aryzta zudem weiter gut aufgehoben. Spekulativ können bei Kuros und Newron ausgeprägte Kursschwächen für kurzfristige Trades genutzt werden, auch wenn die zwei Titel aufgrund der Preishöhe keine Penny Stocks mehr sind. 

Thomas Daniel Marti
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