Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) erwartet nun, dass die Produktion in der Branche um 8 Prozent schrumpfen wird, gemessen am Vorjahr, das vor dem Ukraine-Krieg ordentlich begonnen hatte. Die Produktion der Chemie alleine betrachtet dürfte gar um 11 Prozent zurückgehen, teilte der VCI am Freitag in Frankfurt mit. Der Branchenumsatz dürfte ebenfalls deutlich stärker zurückgehen als zuletzt angenommen. Der Verband rechnet mit einem Rückgang der Erlöse um 14 Prozent.

"Die Hoffnungen, dass nach einem milden Winter und deutlich gesunkenen Gas und Strompreisen eine Erholung einsetzt, haben sich nicht erfüllt", sagte VCI-Präsident Markus Steilemann. Im Gegenteil, die Nachfrage nach Chemikalien nehme ab. Die Zahlen für das erste Halbjahr seien rot und die Produktionskosten am Standort Deutschland nicht wettbewerbsfähig. Bisher hatte der Verband mit einem Produktionsrückgang von fünf Prozent gerechnet und mit einem Minus von acht Prozent für das reine Chemiegeschäft. Für den Umsatz war zuvor ein Minus von sieben Prozent prognostiziert.

Die Chemie- und Pharmaindustrie mit rund 477 000 Beschäftigten in Deutschland ist von hohen Energiepreisen besonders betroffen. Die Branche ist nach Angaben des Verbands mit einem Anteil von 15 Prozent grösster deutscher Gasverbraucher, knapp ein Drittel des Industrieverbrauchs entfällt auf sie. Sie braucht Gas als Energiequelle und als Rohstoff zur Weiterverarbeitung - etwa in Kunststoffen, Arzneien oder Düngemitteln.

Der Branche macht vor allem die schwächelnde Wirtschaft zu schaffen. Die Chemie ist als Lieferant etwa für die Auto-, Konsumgüter- und Bauindustrie konjunkturabhängig. Im ersten Halbjahr sank die Produktion in der Chemie- und Pharmabranche um 10,5 Prozent zum Vorjahr. Der Umsatz ging wegen der schwachen Nachfrage um 11,5 Prozent auf 114 Milliarden Euro zurück.

Wegen eines schwachen zweiten Quartals haben bereits etliche Unternehmen aus der Branche deutliche Abstriche bei ihren Jahreszielen gemacht. Darunter Lanxess , Clariant , Evonik BASF und Wacker Chemie .

Die Chemiebranche leidet seit Herbst 2022 massiv unter einem Abbau von Lagerbeständen durch Kunden. Negativ hinzu kommt die verminderte Kauflaune der Konsumenten im tristeren Konjunkturumfeld mit hoher Inflation.

(AWP)