«Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, ist für mich überhaupt kein Problem», sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ARD. Allerdings machte er dies davon abhängig, dass sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz auf einen Termin einigen. «Ich bin damit einverstanden: Wenn sich Mützenich und Merz einigen, daran werde ich mich orientieren», betonte der Kanzler in der Sendung «Caren Miosga». «Ich klebe nicht an meinem Amt», fügte Scholz hinzu. Er setze aber auf eine Wiederwahl, betonte der SPD-Politiker. Der Vorsprung der Union lasse sich aufholen.
Scholz hatte nach der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner und dem Bruch der Ampel-Koalition zunächst vorgeschlagen, dass der Bundestag am 15. Januar über die Vertrauensfrage abstimmen könnte. CDU-Chef Merz und andere Unionspolitiker fordern dagegen, dass der Kanzler wegen der fehlenden Mehrheit von SPD und Grünen sofort die Vertrauensfrage stellen sollte. Sie lehnen den von Scholz und der SPD vorgeschlagenen Weg ab, dass sich zunächst die Bundestagsfraktionen verständigen sollten, welche laufenden Gesetzesprojekte sie noch beschliessen wollten. Die Union und auch die FDP sind dazu erst bereit, wenn Scholz den Weg zu Neuwahlen freimacht.
Zuletzt hatte es Kritik aus Union und FDP daran gegeben, dass die Bundeswahlleiter und etwa der Berliner Landeswahlleiter auf Probleme aufmerksam gemacht hatten, wenn Neuwahlen wie von Merz gefordert schon am 19. Januar stattfinden.
Scholz begründete den Rauswurf von Finanzminister Lindner erneut mit dessen Verhalten. Er habe drei Jahre lang versucht, das schwierige Bündnis aus SPD, Grünen und FDP trotz früherer Provokationen zusammenzuhalten. In der Frage des Haushalts 2025 habe Lindner dann aber auf «Rentenkürzungen» bestanden, sagte Scholz mit Hinweis auf geforderte Änderungen an der Rentenformel. Dies habe er nicht mittragen können. Er widersprach Lindner zudem, dass er vom Finanzminister eine Aussetzung der Schuldenbremse gefordert hätte. Die Schuldenbremse sehe vielmehr in besonderen Notlagen ausdrücklich die Möglichkeit eines Überschreitensbeschlusses vor, mit dem für bestimmte Zwecke mehr Schulden aufgenommen werden können.
Scholz nannte in diesem Zusammenhang die Ausgaben von mehr als zwölf Milliarden Euro für die Ukraine im Haushaltsansatz. «Ich habe den Bruch nicht provoziert», betonte er zudem zu entsprechenden Vorwürfen des FDP-Chefs. Er habe für Mittwochabend auch eine Rede für den Fall eines Durchbruchs der Haushaltsgespräche vorbereitet gehabt. Der Bruch der Ampel-Regierung hätte nicht sein müssen. Er hätte von Anderen eine andere Kooperationsbereitschaft erwartet.
Als Erklärung zu seiner Aussage, er freue sich, dass die Union Merz als Kanzlerkandidaten aufgestellt habe, sagte Scholz, dass er und der CDU-Chef sich in «Charakter und Temperament» sehr unterschieden. «Ich finde mich etwas cooler, wenn es um Staatsangelegenheiten geht - um es mal so höflich zu sagen.» Mit Blick auf die veränderte Parteienlandschaft fügte der Kanzler hinzu, dass man sich daran gewöhnen müsse, künftig vier oder fünf Kanzlerkandidaten zu haben.
(Reuters)