Seit dem frühen Dienstag kratzt der Preis für eine Unze Gold wieder an der Marke von 1300 Dollar. Zuvor hatte sich ihr das Edelmetall über Wochen hinweg langsam von unten angenähert.

Für Experten ist diese Marke von zentraler Bedeutung, fiel die Gold-Unze im bisherigen Jahresverlauf doch gleich bei mehreren Gelegenheiten wieder nach unten zurück. Gelingt dem Edelmetall der Sprung über 1300 Dollar, käme das deshalb einem Befreiungsschlag gleich.

Überraschend optimistisch gibt sich Edouard Garrana von Kepler Cheuvreux. Geht es nach dem bekannten Markttechniker, dann hat die Gold-Unze die Talsohle mittlerweile durchschritten.

Aufbäumen in einem mehrjährigen Abwärtszyklus

Garrana sieht das Edelmetall Kraft für einen Vorstoss auf das bisherige Jahreshoch sammeln. Dieses geht auf Anfang September zurück und liegt bei knapp 1358 Dollar. Der Markttechnikexperte rechnet noch vor Jahresende mit einem Anstieg auf 1380 Dollar und hält sogar für möglich, dass dieses Ziel übertroffen wird.

Die Gold-Unze könnte zum bisherigen Jahreshoch aufschliessen (Quelle: www.cash.ch)

Im August 2011 habe der Goldpreis eine zuvor 12 Jahre dauernde Aufwärtsbewegung abgeschlossen, so Garrana. Seither wähnt er das Edelmetall in einem mehrjährigen Abwärtszyklus. Verhält es sich wie in der Vergangenheit, dürfte letzterer immer wieder von einem mehrmonatigen Aufbäumen unterbrochen werden. Und genau ein solches sagt der Experte der Gold-Unze für die nächsten Wochen voraus. Er schliesst nicht aus, dass das Edelmetall ins kommende Frühjahr hinein sogar in Richtung von 1485 Dollar weiterzieht.

Wechselwirkung zwischen Gold und Dollar

Zurückhaltender sind die beiden für Julius Bär tätigen Berufskollegen Mensur Pocinci und Ali Sahin. Sie sehen in der Marke von 1300 Dollar zumindest auf kurze Sicht eine unüberwindbare Hürde und rechnen mit einer rückläufigen Preisentwicklung. Dabei verweisen die beiden Markttechniker auch auf die seit wenigen Wochen rückläufigen Momentum-Indikatoren.

Mit hinein spielen dürfte aber auch die Wechselwirkung zwischen dem Goldpreis und dem Dollar. Schon seit Jahren ist stets dasselbe Spiel zu beobachten: Lässt der Greenback seine Muskeln spielen, neigt das Edelmetall zur Schwäche - und umgekehrt. Diese Wechselwirkung lässt sich damit erklären, dass Anleger das Gold als Wertaufbewahrungsmittel nutzen.

Noch ist nichts entschieden

Da Pocinci und Sahin sowohl gegenüber dem Euro als auch gegenüber dem Franken mit einem deutlich festeren Dollar rechnen, können sie nicht gleichzeitig auch optimistisch für das Edelmetall sein. Den Dollar-Franken-Kurs sehen die beiden bei einem Sprung über die Parität von eins-zu-eins sogar bis auf 1,10 Franken klettern.

Aus Sicht von Rolf Bertschi ist hingegen noch nichts entschieden. Der früher für die Credit Suisse tätige und mittlerweile selbständigerwerbende Markttechnikexperte erachtet die Gold-Unze als in einem engen Handelsband zwischen 1260 Dollar unten und 1305 bis 1320 Dollar oben festgefahren. Wie Edouard Garrana von Kepler Cheuvreux glaubt auch Bertschi, dass das Edelmetall bei einem Sprung über 1305 Dollar in eine mehrmonatige Aufwärtsbewegung übergehen könnte.

Eigentlich kann sich die bisherige Jahresbilanz schon heute sehen lassen. Denn allen Unkenrufen zum Trotz errechnet sich beim Gold seit Anfang Januar in Dollar betrachtet ein Plus von gut 12 Prozent. Aus Sicht eines in Franken rechnenden Anlegers schmälert der schwächere Dollar dieses Plus allerdings auf rund 8 Prozent.