Sandoz wolle sich - als nun eigenständiges Unternehmen - ganz auf die Umsetzung seiner Strategie konzentrieren. «Sie strebt nachhaltige Marktführerschaft in der wachsenden und bedeutenden Generika- und Biosimilars-Industrie an», sagte CEO Richard Saynor zum Börsengang der ehemaligen Novartis-Tochtergesellschaft im Oktober 2023. Ob er zu diesem Zeitpunkt ahnte, wie erfolgreich das Unternehmen an der Börse effektiv sein würde?

Fakt ist jedenfalls: Seit dem Börsengang haben die Aktien des Generikaspezialisten 56 Prozent zugelegt - von 24 Franken zur Eröffnung auf gegenwärtig über 38 Franken. Sie haben sich damit deutlich besser entwickelt als der Gesamtmarkt, der gemessen am Swiss Performance Index (SPI) im gleichen Zeitraum fast 15 Prozent hinzugewonnen hat.

Allerdings war die Kursentwicklung durchaus zweigeteilt, namentlich im laufenden Jahr. Zwischen Januar und April ging es insgesamt abwärts. Dann liess der Verkaufsdruck nach, Nachrichten über Zulassungen sowie positive Prognosen durch Analysten folgten und trieben die Aktie an, sodass sie unter gewissen Schwankungen immer weiter avancierte.

Eine Episode steuerte die Investmentbank Jefferies bei. Sie nahm die Abdeckung von Sandoz im April auf, als die Aktie noch weniger als 27 Franken wert war. Das Rating lautete von Anfang an «Buy», das Kursziel wurde mit 38 Franken veranschlagt. Inzwischen hat sich das Aufwärtspotenzial von zirka 40 Prozent realisiert.

Getragen wurde Sandoz' Abschneiden an der Börse indes auch von einem soliden Geschäftsgang im ersten Semester, zu dem Anfang August berichtet wurde. Mit einem Umsatz von über fünf Milliarden Dollar hatte Sandoz die Analystenerwartungen erfüllt. Und gerade das Biosimilars-Geschäft ist markant gewachsen, um 28 Prozent in den ersten sechs Monaten des Jahres.

Mit einem Stand von rund 38 Franken notieren die Sandoz-Papiere aktuell unter dem Analystenkonsens von 40,95 Franken. Entsprechend sehen die Experten ein Aufwärtspotenzial von mehr als sieben Prozent. Wobei: Die Einschätzungen liegen zum Teil weit auseinander. Die US-Grossbank Morgan Stanley sieht die Aktie auf 32 Franken fallen, derweil das Analysehaus Redburn Atlantic das Preisziel mit 50 Franken veranschlagt hat.

Eine Note setzte der zuständige Analyst der amerikanischen Grossbank JP Morgan Anfang Woche. Neben der Einstufung «Overweight» hat er das Kursziel auf 43 von 36,50 Franken hochgesetzt. Er merkt an, das Unternehmen aus Basel dürfte den operativen Gewinn im kommenden Jahr und darüber hinaus im zweistelligen Prozentbereich steigern. Und diese längerfristige Perspektive sei im aktuellen Kurs noch nicht vollständig abgebildet.

Der JP-Morgan-Experte gehört zu einer Gruppe von total 16 Analysten, die für Sandoz eine Kaufempfehlung aussprechen. Diese Gruppe macht rund drei Viertel aller von Bloomberg erfassten Sandoz-Analysten aus. Nicht zu ihr gehört die Expertin der Privatbank Berenberg. Sie hat das Preisziel jüngst zwar bei 38 Franken belassen, das Rating aber von «Buy» auf «Hold» gesenkt. Dieses neue Rating bedeutet, dass die Expertin derzeit begrenztes Aufwärts- respektive Abwärtspotenzial und keine unmittelbaren Katalysatoren sieht. Anders formuliert: Eine Verschnaufpause ist angesagt.

Prognosen gehen von weiterem Wachstum aus

Eine solche Verschnaufpause muss nicht eine Absage von Investoren an Sandoz bedeuten. «Es ist das führende Generikaunternehmen in Europa und verfügt über starke Marktanteile auf internationalen Märkten», heisst es in der Studie der deutschen Privatbank weiter.

Weitere Aufschlüsse erhofft man sich vom Management selbst. Sandoz berichtet am 30. Oktober über die Geschäfte in den ersten neun Monaten. Im März folgt die Berichterstattung zum Gesamtjahr 2024. An diesen Daten wird das Management Stoff für neue Einschätzungen liefern - und aufzeigen, ob das Unternehmen effektiv so stark wie erwartet wächst.

Eine Prognose zur nächsten Berichterstattung hat die Grossbank UBS am Mittwoch veröffentlicht: Der Drittquartalsumsatz werde 2,61 Milliarden Dollar betragen. Dazu werde das Generikageschäft 1,88 Milliarden Dollar beisteuern, das Biosimilargeschäft 0,73 Milliarden. Mit diesen Prognosen geht die UBS über die Konsensschätzungen hinaus.

Berenbergs bisheriger Analyse zufolge wird der Umsatz im Jahr 2024 voraussichtlich um knapp fünf sowie 2025 und 2026 um jeweils über sieben Prozent wachsen - und somit letztlich die 12-Milliarden-Dollar-Marke überschreiten. Der Gewinn auf Stufe EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) dürfte dieses Jahr um 19 Prozent steigen, bevor er sich 2025 um 15,9 und 2026 um 13,6 Prozent entwickelt und dann 2,3 Milliarden Dollar beträgt. Für Aktionäre besonders interessant ist: Die Dividendenrendite dürfte von 1,5 Prozent im Jahr 2024 auf 2,3 Prozent im Jahr 2026 erhöht werden.

Freilich gibt es Risiken, beispielsweise in Bezug auf Forschung und Entwicklung sowie auf Lieferketten und Verfügbarkeit von Rohstoffen, doch auch: «Zunehmender Wettbewerb bei Generika und Biosimilars kann zu einem Preisverfall führen», so die Analystin von Berenberg. Inwieweit gerade dieses Risiko eintritt, ist offen. Nach bisheriger Berichterstattung ist Sandoz' Geschäft mit Biosimilars im Jahresverlauf gewachsen. Ferner dürfte sich auch der Gesamtmarkt weiterentwickeln. Schätzungen gehen von einem durchschnittlichen Wachstum von zirka 17 Prozent in den nächsten Jahren aus. Somit kann der Weltmarkt für Biosimilars auf über eine Billion Dollar zu Beginn des nächsten Jahrzehnts anwachsen.

 

 

 

Reto Zanettin
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