Roche hat erneut einen Forschungsrückschlag erlitten. Dieses Mal geht es um den Alzheimer-Kandidaten Crenezumab, mit dem der Konzern nicht die gewünschte Wirkung erzielt hat.
Die Nachricht kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Erst in den letzten Wochen hatte Roche für einen neuartigen Krebskandidaten gleich in zwei Studien Misserfolge erlitten. Analysten hatten recht prompt darauf reagiert und ihre Prognosen und Modelle in der Folge angepasst.
Im Fall Crenezumab wurde der Kandidat zur Prävention bei kognitiv nicht beeinträchtigten Menschen eingesetzt, die eine bestimmte genetische Mutation tragen, die wiederum eine früh einsetzende Alzheimer-Krankheit verursacht. Allerdings führte der Wirkstoff nicht zu einer bedeutsamen Veränderungsrate der kognitiven Fähigkeiten.
Schlecht für die Stimmung
Die Nachricht dürfte nicht nur für Roche negativ sein. Das Biotechunternehmen AC Immune hat den Wirkstoff entwickelt und mit Roche zusammengearbeitet. Wie Analystin Lucy Codrington von Jefferies in einem ersten Kommentar festhält, könnten die Ergebnisse in dem aktuell volatilen Börsenumfeld zu einer möglicherweise verzerrten Reaktion führen.
Wie allerdings sowohl Codrington als auch Stefan Schneider von Vontobel betonen, kommen die Ergebnisse nicht ganz überraschend. Denn die beiden Partner Roche und AC Immune hatten bereits 2019 ihre Forschungsprogramme mit dem Kandidaten eingestellt. Die nun vorgelegten Daten stammen von einer kleinen Untergruppe an Patienten, mit denen das Programm in Kolumbien fortgeführt wurde, wie Analyst Schneider schreibt.
252 Personen nahmen laut Roche-Mitteilung an dieser Studie teil. Sie alle sind Mitglieder der weltweit grössten Grossfamilie mit Dominant vererbte Alzheimerdemenz (Autosomal Dominant Alzheimer's Disease; ADAD) in Kolumbien. Das Land geriet bereits vor einigen Jahren in den Fokus der Medien. Es gibt dort einige Dörfer, in denen die Menschen massenweise an Alzheimer erkranken.
Von den Teilnehmern schlossen 94 Prozent die Studie ab, wie Roche weiter mitteilte. Zwei Drittel der Teilnehmer wiesen eine bestimmte genetische Mutation auf, die typischerweise im Alter von 44 Jahren zu kognitiven Beeinträchtigungen durch die Alzheimer-Krankheit führt.
Für Roche wiederum kommen diese Ergebnisse zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Zum zweiten Alzheimer-Kandidaten Gantenerumab werden Daten im vierten Quartal erwartet. Die Nervosität ist angesichts der generell grossen Misserfolgsrate in der Alzheimer-Forschung bereits jetzt hoch. Auch wenn man zwischen den beiden Kandidaten keine Parallelen ziehen könne, wie Analyst Schneider in seinem Kommentar betont.
Die Kursreaktion fällt denn auch tatsächlich weniger dramatisch aus als noch beispielsweise bei den Krebs-Studien zuletzt. Kurz nach Handelsbeginn fallen die Roche-Bons um 0,5 Prozent zurück und bewegen sich damit in etwa auf dem Niveau des Gesamtmarktes.
(AWP)