Künzli wagt sich ins Gewühl der berühmten Zürcher Einkaufsmeile. 50 Schritte von der Bahnhofstrasse entfernt, im Schatten der Fraumünster-Kirche eröffnet die kultige Schweizer Schuhmarke einen neuen Flagship-Store. Der Mann hinter dem mutigen Schritt: Roberto Martullo (63). Der Unternehmer und Ehemann von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (55) hat die Firma gekauft – und die Angestellten im letzten Moment vor der Entlassung bewahrt. Die eigene Fabrik in Albanien setzt die Produktion der Turnschuhe mit den fünf Künzli-Streifen und der Spezialschuhe für Schwinger ohne Unterbruch fort.
In einer Anfangsphase ist Martullo selbst operativ tätig. Er hat die Fabrik in Albanien besucht, lanciert neue Modelle und will den Verkauf ankurbeln. Nicht zuletzt mit dem neuen Flagship-Store in Zürich. An der Poststrasse 8, einen Steinwurf vom Paradeplatz entfernt, sind im Geschäft derzeit noch Handwerker dabei, den Laden parat zu machen.
«Swissness ist wegen der Zölle wieder gefragt»
Wo früher mal ein Coiffeur-Salon war, sind auf 45 Quadratmetern künftig neue Sneaker-Modelle der Schweizer Traditionsmarke ausgestellt. Insgesamt 15 neue Modelle lässt Künzli in Portugal produzieren, nach Ostern sollen sie laut Martullo eintreffen. Im Internet werden die Modelle Pura, Nero und Apollo für 399 Franken angeboten. Damit liegen sie im hochpreisigen Segment. Zum Vergleich: Den Adidas-Kult-Schuh Samba gibts für 140 Franken.
Nach den Feiertagen will Martullo den Laden frühestens öffnen, spätestens in der ersten Mai-Woche. Noch sucht er Verkaufspersonal. Martullo erhofft sich viel vom neuen Laden, für den er auf Tiktok bereits Werbung macht. «Der Store ist an einer gut frequentierten Lage, an dem viele Touristen, aber auch Einheimische vorbeikommen», sagt er zur Handelszeitung. Und gibt sich zuversichtlich: «Die neuen Sneaker kommen gut an – gerade jetzt, wo Swissness wegen der ganzen Zölle wieder gefragt ist.
Noch vor Kurzem war es schlecht um Künzli bestellt. Im Herbst stand der kultige Schuhhersteller aus Windisch AG vor dem Aus. Nach 98 Jahren sollte das Unternehmen eingestellt werden. Inhaberin Barbara Artmann (63) hat keinen Nachfolger gefunden – und gab das Ende per Medienmitteilung bekannt. «Jetzt schliessen zu müssen, ist mehr als bitter», sagte sie. Denn die Firma sei gesund und wachse. Die elf Angestellten im Aargau sollten entlassen werden, für die Fabrik in Albanien suche man eine Lösung.
Dann kam alles ganz anders. Das Interesse an Künzli war riesig, verschiedene Interessenten gaben sich die Klinke in die Hand. Claudio Minder (43), CEO von Kybun und Ex-Mister-Schweiz, wollte sich die Firma schnappen. Auch Flavio Agosti (47) vom Luxus-Sneakerhersteller Rubirosa aus Gossau SG bekundigte sein Interesse an Künzli. Das Rennen gemacht hat mit Roberto Martullo (63) dann aber ein Branchenfremder.
Dieser Artikel ist zuerst in der Handelszeitung erschienen.