Wir schreiben den 15. Januar 2015, 10:30 Uhr. Mitten in den Handel an den europäischen Märkten platzt die Meldung der Schweizerischen Nationalbank, dass die Kursuntergrenze zum Euro per sofort aufgehoben werde. Die Bilanzsumme der Nationalbank war wegen der Devisenkäufe zur Verteidigung der Kursuntergrenze auf über 1 Billion Franken gestiegen, sie drohte aus dem Ruder zu laufen. Das Experiment war beendet.

Es folgte an diesem Tag das nackte Chaos an den Märkten. Der Franken, der vier Jahre lang an der Kursgrenze von 1,20 geklebt hatte, wurde in die Freiheit entlassen und wertete sich am selben Tag zeitweise 40 Prozent auf. Der Swiss Market Index (SMI) verlor in zwei Handelstagen 16 Prozent. Niemals zuvor erschütterte ein Ereignis "made in Switzerland" die Finanzmärkte weltweit so heftig wie die Aufhebung der Kursuntergrenze.

Frontseite der Financial Times vom 16. Januar 2015 - dem Tag nach dem SNB-"Frankenschock".

Frontseite der "Financial Times" vom 16. Januar 2015 - dem Tag nach dem SNB-"Frankenschock".

Quelle: cash

Thomas Jordan, der morgen Donnerstag "seinen" letzten Zinsentscheid bekannt gibt und Ende Monat die SNB-Führung an Martin Schlegel übergibt, musste sich erklären. Denn die Schweiz war aufgewühlt, Jordan wurde mit Kritik überhäuft. Für den ehemaligen Preisüberwacher und ex-Nationalrat Rudolf Strahm etwa war die Glaubwürdigkeit von Thomas Jordan "irreversibel" dahin, die SNB sei unter dem Druck von Investoren zusammengebrochen. Applaus kam dagegen von der Finanzwelt.

Der Tsunami an den Finanzmärkten überraschte wohl auch Jordan selber. Sichtlich angespannt trat er am Nachmittag des 15. Januar vor die Medien und gab anschliessend cash.ch ein Video-Interview:

Die Wogen nach der Aufhebung der Kursuntergrenze glätteten sich bald. "Die Aufhebung der Kursuntergrenze war im Moment schmerzhaft, war aber der richtige Entscheid", sagte Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, zwei Jahre nach der Aktion. "Dadurch hat die SNB mehr Flexibilität bei ihrer Frankensteuerung erhalten. Ihr Verhalten ist unberechenbarer geworden, was es gefährlicher macht, gegen die SNB zu spekulieren." Die Schweiz gewöhnte sich an den "befreiten" Franken, eine befürchtete Rezession blieb aus.

 

Daniel Hügli
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