Nachdem der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag die neue Atomdoktrin unterzeichnet hat, waren vor allem Staatsanleihen, Gold und als sicher angesehene Währungen wie Dollar, Schweizer Franken und Yen gefragt. Dagegen liessen Europas Aktienmärkte angesichts der erhöhten geopolitischen Spannungen Federn. Der Dax rutschte unter die 19'000er-Marke und verlor in der Spitze 1,4 Prozent auf 18'926 Zähler. Der EuroStoxx50 gab um bis zu 1,6 Prozent auf 4713 Punkte nach.

«Es ist einfach eine natürliche Reaktion, wenn ein Staatsoberhaupt das Wort 'Atom' erwähnt», sagte Patrick Armstrong, Chefinvestor bei Plurimi Wealth. «Es macht die Anleger offensichtlich auf mögliche Abwärtsrisiken aufmerksam, da eine Aktieninvestition von der Hoffnung auf Aufwärtschancen getrieben wird.» Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft oder die Erträge erwarte er dagegen nicht.

Der Kreml erklärte am Dienstag, das Ziel der aktualisierten Atomdoktrin bestehe darin, potenziellen Feinden die Unvermeidlichkeit russischer Vergeltungsmassnahmen im Falle eines Angriffs klarzumachen. Darin heisst es, dass Russland im Falle eines konventionellen Raketenangriffs, der mit Unterstützung einer Atommacht vorgenommen wird, selbst den Einsatz von Atomwaffen in Betracht ziehen kann. Putin hatte die Änderung der Doktrin bereits im Juni angeordnet.

Der Run auf Staatsanleihen liess im Gegenzug die Rendite von Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit um neun Basispunkte auf 2,282 Prozent fallen. Der Goldpreis zog unterdessen um knapp ein Prozent auf rund 2635 Dollar je Feinunze des Edelmetalls an. «Der Markt reagiert jetzt heftig», kommentierte auch Michael Weidner von Lazard Asset Management.

Rüstungsboom treibt Rheinmetall

Bei den Einzelwerten profitierte Rheinmetall von den Wachstums- und Rendite-Aussichten des Rüstungsgeschäfts. Der Vorstand sehe bis 2027 das Potenzial für einen Umsatz von 20 Milliarden Euro und eine Rendite von 18 Prozent, hiess es auf einer Investorenkonferenz. Die Aktie des Düsseldorfer Rüstungskonzern zogen in einem schwachen Marktumfeld in der Spitze um vier Prozent an die Spitze des Dax.

Gefragt war unterdessen auch Embracer. Die Titel des «Tomb Raider»-Machers stiegen in Stockholm zeitweise um mehr als fünf Prozent. Für Zuversicht sorgten die mittelfristigen Ziele der Brettspieltochter Asmodee, die vor der Ausgliederung aus der schwedischen Spielegruppe steht. Asmodee peilt mittelfristig ein organisches Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich sowie eine bereinigte Kerngewinnmarge von über 18 Prozent an. Embracer litt zuletzt unter Entwicklungsverzögerungen und einer mauen Aufnahme neuer Titel. Der Preis von drei Milliarden Dollar, den das Unternehmen 2022 für Asmodee bezahlt hat, entspricht mittlerweile der Marktkapitalisierung der gesamten Gruppe.

Unter die Räder kamen dagegen der Automobilsektor und Banken, deren Sektorindizes jeweils mehr als zwei Prozent nachgaben. Der Schweizer Hörgerätehersteller Sonova fiel ebenfalls um rund zwei Prozent, nachdem höhere Marketingkosten das operative Ergebnis geschmälert hatten. Auch Nestlé gab anfängliche Kursgewinne wieder ab und verlor knapp zwei Prozent. Der Lebensmittelriese hat seinen mittelfristigen Ausblick zurückgenommen und will unter anderem seine Marketingausgaben steigern.

(Reuters)