Seit Wochen fristet die Nestlé-Aktie an der Börse ein Mauerblümchen-Dasein. Mal gewinnt sie den einen oder anderen Franken, dann verliert sie ihn wieder.
Die Tage des Mauerblümchen-Daseins könnten nun aber gezählt sein, wartet der Nahrungsmittelkonzern aus Vevey am frühen Freitagmorgen doch mit starken Quartalsumsatzzahlen auf. Mit 4,3 Prozent übertrifft das organische Wachstum nicht nur die durchschnittlichen Analystenerwartungen von 2,8 Prozent, sondern auch die höchsten Schätzungen.
Allen Unkenrufen zum Trotz bestätigt Firmenchef Mark Schneider die im Februar noch vor der Coronavirus-Krise kommunizierten Jahresvorgaben. Damals wie heute stellt er den Aktionären eine Beschleunigung beim organischen Umsatzwachstum gegenüber dem vergangenen Jahr (2019: 3,5 Prozent) sowie Margenverbesserungen in Aussicht.
Haben virusbedingte Hamsterkäufe geholfen?
Zur Stunde gewinnt die Aktie von Nestlé denn auch 2,9 Prozent auf 107,70 Franken.
Der Zürcher Kantonalbank zufolge hat sich Nestlé im zurückliegenden Quartal besser als die internationale Konkurrenz geschlagen und die Wachstumserwartungen klar übertroffen. Ihres Erachtens konnte der Nahrungsmittelmutli dabei einerseits von Hamsterkäufen in den Industrieländern, andererseits aber auch von der starken Nachfrageentwicklung im Internetvertrieb profitieren. Der Umsatz über diesen Absatzkanal wuchs im Jahresvergleich um fast 30 Prozent und trug erstmals mehr als 10 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Die Zürcher Kantonalbank stuft die Aktie wie bis anhin mit "Übergewichten" ein.
Bei der britischen Barclays erklärt man sich die kräftige Wachstumsbelebung in den Industrieländern (+ 7,4 Prozent) mit einem Lageraufbau im Detailhandel. Das starke Abschneiden im Vergleich mit anderen europäischen Nahrungsmittelherstellern sei ein Ergebnis des defensiven Geschäftsmodell der Westschweizer, so heisst es weiter. Auch Barclays hält an der "Overweight" lautenden Anlageempfehlung sowie am Kursziel von 105 Franken fest.
Beobachter beurteilen die von Hamsterkäufen und einem Lageraufbau im Detailhandel ausgehenden Impulse eher kritisch und stellen deren Nachhaltigkeit in Frage. Das Ergebnis der ersten drei Monate lasse sich im angelaufenen zweiten Quartal wohl nicht wiederholen.