Man könnte es den Investoren nicht verdenken, wenn sie sich über die Entscheidung von Porsche wundern, bei der Rettung von Varta mitzuwirken. Schliesslich ist das deutsche Traditionsunternehmen eher für Batterien für Hörgeräte und Fernbedienungen bekannt als für die Zellen, die im 911er verbaut werden.

Die Sportwagenschmiede gab am vergangenen Wochenende den Einstieg bei Varta bekannt, nachdem die Ellwangener innerhalb weniger Jahre in die zweite Umschuldung gestolpert waren. Bei der Herstellung von Batteriezellen für Autos verfügt der Hersteller nur über begrenzte Erfahrung und beliefert damit nur ein einziges Porsche-Modell, den 911 Carrera GTS Hybrid.

Der Deal zeigt, wie fragil das europäische Ökosystem für Elektroautos ist. Die Bemühungen, verlässliche heimische Zellhersteller aufzubauen, laufen schlecht - die europäischen Firmen haben mit Kostenüberschreitungen und Skalierungsproblemen zu kämpfen, während die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen nachlässt.

Die Automobilindustrie hat auf das stockende Absatzwachstum von Elektroautos reagiert und ihre Produktpläne angepasst, teilweise verschoben und in einigen Fällen sogar ganz gestrichen. Die Folgen sind nun auch in den vorgelagerten Bereichen zu spüren: Zelllieferanten überdenken ihre Investitionspläne und Materialhersteller wie Umicore und BASF stornieren Projekte.

Sogar Northvolt, der wohl am weitesten entwickelte einheimische Batteriehersteller in Europa, erwägt, den Hochlauf seiner Fabriken zu verlangsamen. Das Unternehmen musste in letzter Zeit eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen, und die Kunden sind unzufrieden. Der Lkw-Hersteller Scania beklagte sich kürzlich über Lieferverzögerungen, während BMW einen 2- Milliarden-Euro-Auftrag aufgrund von Qualitätsproblemen zurückzog.

Der desolate Zustand der europäischen Batterieindustrie erklärt, warum Porsche versucht, einen seiner Zulieferer über Wasser zu halten. Das 1887 gegründete Unternehmen Varta beschäftigt rund 4.200 Mitarbeiter und verfügt über Produktionsstätten in Europa und Asien. Eine Varta-Batterie hat die Kamera mit Strom versorgt, die Neil Armstrong bei der ersten Mondlandung mitnahm.

Varta stellt Mikrobatterien für Hörgeräte her, aber auch herkömmliche Alkalibatterien für Haushaltsgeräte. Das Unternehmen war einst ein Börsenstar. Anleger setzten auf das Potenzial, von der Nachfrage nach drahtlosen Kleingeräten wie Kopfhörern zu profitieren. Der Abschwung auf den wichtigsten Märkten und die gestiegenen Finanzierungskosten haben den Aktienkurs in diesem Jahr um mehr als 90% einbrechen lassen.

Porsche ist vor allem an der V4Drive-Einheit interessiert, die eine Zelle entwickelt hat, die nach Angaben von Varta die Konkurrenzprodukte übertrifft. Das Produkt habe einen niedrigen Innenwiderstand und eine gute Temperaturverteilung, die eine schnelle Beschleunigung, ultraschnelles Laden und eine lange Lebensdauer ermögliche. Eine Pilot-Produktionstlinie ist seit Mitte 2022 in Betrieb.

"Die Kombination aus einem fortschrittlichen chemischen System, einem besseren mechanischen Design und einer innovativen Prozesstechnologie führt zu einem schnellen Auf- und Entladen, einer idealen Wärmeableitung und einer optimierten Leistung auch bei niedrigen Temperaturen", sagte Dirk Schmitt, ein Sprecher von Varta.

Patrick Hummel, Analyst für Automobilaktien bei UBS, sagte in einer Kundenmitteilung, es sei zwar fraglich, warum sich Porsche auf dieses Risiko in der Lieferkette eingelassen habe. Das finanzielle Engagement des Autobauers dürfte aber das Joint Venture mit Varta absichern. Er warnte vor einer Verwässerung der Gewinne, da er bezweifle, dass das Geschäft derzeit profitabel sei.

Porsche versucht, eine eigene Batteriestrategie zu entwickeln, um die Pläne des Mutterkonzerns Volkswagen zu ergänzen. Über die Rolle, die Varta dabei spielen wird, hat der Autobauer noch nicht viel verraten. Er will aber im nächsten Jahr eine Produktionsstätte in Süddeutschland errichten und Varta dabei helfen, fit genug zu werden, um schließlich auch andere Autohersteller beliefern zu können.

"Wir wollen das Unternehmen vorantreiben und einen wichtigen Beitrag leisten, um Schlüsseltechnologien in Deutschland zu halten", sagte Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke.

(Bloomberg)