Die amerikanische Arzneimittelbehörde macht weiter Tempo bei Alzheimer. Nach Aduhelm, erforscht und entwickelt vom Zürcher Startup Neurimmune und dem US-BIotechunternehmen Biogen, und Donanemab von Lilly kommt nun auch Gantenerumab von Roche in den Genuss der Vorteile einer sogenannten Breakthrough Therapy Designation. Ziel der Bezeichnung ist es, vielversprechende Wirkstoffkandidaten für lebensbedrohliche Krankheiten beschleunigt zu behandeln.
Eine "Breakthrough Therapy Designation" ist noch keine Zulassung, aber ein Zeichen dafür, dass die Zulassungsbehörde einem Wirkstoffkandidaten einiges zutraut.
Gantenerumab greift, wie die beiden anderen Alzheimer-Hoffnungsträger, die Amyloid-Beta-Ablagerungen im Gehirn an. Es handelt sich dabei um Plaques, die – zumindest bei einem Teil der Patienten und Patientinnen – eine Rolle bei dem mit der Krankheit verbundenen kognitiven Verfall spielen dürften.
Im zweiten Halbjahr 2022 wissen wir mehr
Der Entscheid basiere auf Daten aus mehreren Studien, die zeigten, dass Gantenerumab die Amyloid-Plaques im Gehirn signifikant zu reduzieren vermöge, schreibt Roche. Zur Zeit wird der Wirkstoff in zwei parallelen, globalen, placebokontrollierten und randomisierten Phase-III-Studien getestet. Und zwar an mehr als 2000 Teilnehmenden über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren. Die Studien sollen im zweiten Halbjahr 2022 abgeschlossen werden.
Erst dann wird sich genau zeigen, inwieweit die Reduktion der Amyloid-Beta-Ablagerungen auch mit einem klinischen Benefit für die Patienten und Patientinnen verbunden ist; ob also das Medikament in der Lage ist, den Abbau der geistigen und motorischen Fähigkeiten, der für Alzheimer typisch ist, zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Bis jetzt konnte das keines der Medikamente, die den Status als Therapiedurchbruch bekamen, abschliessend zeigen.
Gantenermurab wäre das erste Alzheimer-Medikament, das subkutan, also unter die Haut, verabreicht werden könnte; das heisst, die Patienten und Patientinnen müssten für die Behandlung nicht ins Spital gehen – was eine grosse Erleichterung für sie und die Gesundheitssysteme wäre.
"Diese Breakthrough Therapy Designation stärkt unser Vertrauen in Gantenerumab", sagt Levi Garraway, Chief Medical Officer und Leiter der globalen Produktentwicklung von Roche. "Wir freuen uns darauf, einen umfassenden und robusten Datensatz zu liefern, der unser kollektives Verständnis dieser verheerenden Krankheit erweitert".
ZKB-Analyst: Roche liegt vor der Konkurrenz
Die Nachricht zu Gantenerumab wurde von Roche am Freitag nach Börsenschluss veröffentlicht. Die Valoren von Roche legten am Montag Morgen in einem ingesamt rückläufigen Marktumfeld leicht zu, gaben ihre Gewinne im Verlaufe des Vormittags allerdings wieder ab. Roche-Konzernchef Severin Schwan hatte schon im Juli gesagt, das Unternehmen sei wegen Gantenerumab in Gesprächen mit der FDA .
Die ZKB blieb bei ihrer Schätzung, wonach das Medikament einen Spitzenumsatz von 2,3 Milliarden Franken machen dürfte. Zudem glaubt ZKB-Analyst Marcel Brand, "dass Roche im Rennen um überzeugende klinische Endpunkte vor der Konkurrenz liegt", also Biogen/Neurimmune und Lilly.
Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Nun hat auch Roche seinen «Durchbruch» bei Alzheimer"