Zweieinhalb Jahre hat das Bundesparlament an der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) gearbeitet, im September folgt nun die Abstimmung. Das Paket ist reich befrachtet: Der Umwandlungssatz soll sinken, der versicherte Lohn steigen. Zudem sollen die Sparbeiträge über die verschiedenen Altersklassen hinweg geglättet werden. Für bestimmte Personen gibt es Rentenzuschläge.

Die Mixtur soll die zweite Säule der Altersvorsorge stärken und besonders Personen mit tiefem Einkommen besser absichern. Doch die Pensionskassenreform gefällt nicht allen. «Mehr bezahlen, weniger Rente», tönt es von den Linksparteien, die das Referendum ergriffen und so die Abstimmung vom September erwirkt haben. Viele Menschen würden mit einer Rentensenkung konfrontiert, die Rechnung gehe nicht auf, heisst es. 

Eine Prognose, wie sich die Pensionskassenreform genau auswirkt, lässt sich jedoch nicht allgemeingültig vornehmen. Denn der Effekt hängt insbesondere vom Verlauf des Erwerbslebens, vom Alter beim Inkrafttreten der Reform und vom Einkommen ab.

Dennoch gibt es schematische Modellrechnungen und Versuche, die Reform fassbarer zu machen. Einen solchen Versuch hat das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PWC) unternommen.

Unter anderem hat sich PWC mit dem Prozentsatz befasst, über den das Alterskapital in eine jährliche Rente gegossen wird - dem Umwandlungssatz also. Er beträgt zurzeit 6,8 Prozent und soll durch die BVG-Reform auf 6,0 Prozent gesenkt werden. Ein Altersguthaben von 100'000 Franken ergibt neu eine Rente von 6000 Franken pro Jahr - nicht mehr 6'800 Franken pro Jahr.

Von dieser Anpassung sind laut dem Beratungsunternehmen aber längt nicht alle Versicherten der zweiten Säule betroffen, sondern nur 14 Prozent. Das seien jene Personen, die lediglich gemäss BVG-Minimum versichert sind. Für alle anderen gilt schon heute ein tieferer Umwandlungssatz, nach Berechnungen von PWC liegt der Median bei 5,3 Prozent.

Gerechnet hat auch das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). Die Resultate zeigen: Durch die Reform sind sowohl tiefere als auch höhere Renten als heute möglich.

Ein 45-Jähriger kann 41 Prozent gewinnen oder 14 Prozent verlieren

Besser weg kommt beispielsweise ein 45-Jähriger mit einem Jahreslohn von 40'000 Franken. Nach aktueller Regelung bringt er es auf eine Monatsrente von 412 Franken. Mit der Reform beträgt seine Rente 581 Franken pro Monat - sie steigt also um 41 Prozent. Grund für diesen Zuwachs sind höhere Beiträge während des Erwerbslebens.

Anders sieht es aus, wenn die 45-jährige Person nicht 40'000, sondern 88'200 Franken und damit den oberen Grenzlohn des BVG-Obligatoriums verdient. Unter der heutigen Regelung fliesst ihr eine Monatsrente von 1802 Franken zu. Kommt die BVG-Reform zustande, fällt die Rente um 14,3 Prozent auf 1544 Franken. Der Grund: Der Versicherte und sein Arbeitgeber zahlen tiefere Beiträge.

Allerdings können auch höhere Beiträge zu tieferen Renten führen. So zum Beispiel, wenn die 45-jährige Person pro Jahr 70'000 Franken verdient. Hierzu weist die Modellrechnung des BSV ein Minus von 7,6 Prozent aus, die Rente sinkt von 1277 Franken auf 1180 Franken pro Monat, sollte die BVG-Revision durchkommen. Die rentensenkende Wirkung des tieferen Umwandlungssatzes wird durch die ebenfalls geplanten Ausgleichsmassnahmen nicht kompensiert.

Insgesamt fördert die BSV-Modellkalkulation folgende Effekte zutage:

Alter Lohn (in CHF) Monatsrente nach heutiger Regelung (in CHF) Monatsrente mit der Reform (in CHF) Effekt (in %)
25 25'000 106 467 +340,6
25 40’000 412 747 +81,5
25 55'000 844 1027 +21,7
25 88'200 1802 1648 -8,6
45 25'000 106 318 +200,2
45 40'000 412 581 +41,0
45 70'000 1277 1180 -7,6
45 88'200 1802 1544 -14,3
50 25’000 106 262 +147,2
50 40'000 412 522 +26,8
50 70'000 1277 1150 -10,0
50 88'200 1802 1531 -15,0
55 25'000 106 306* +188,5
55 40'000 412 564* +36,9
55 88'200 1802 1578* -12,4
60 25'000 106 302** +185,2
60 40'000 412 566** +37,4
60 88'200 1802 1642** -8,9

Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) / *mit Rentenzuschlag von 100 Franken pro Monat / **mit Rentenzuschlag von 150 Franken pro Monat 

Die Berechnungen bieten einen Anhaltspunkt, sie können aber nicht für bare Münze genommen werden. Denn ihnen liegen rigide Annahmen zugrunde - zum Beispiel, dass die Menschen stets gleich viel verdienen, weder Karrieresprünge machen noch Brüche in der Erwerbsbiografie erfahren. Und das sie immer nur in einem BVG-Minimalplan versichert sind.

Umwandlungssatz, Ausgleichsmassnahmen und Beitragssätze: Der Werkzeugkasten der BVG-Reform

Das BVG-Paket gleicht einem Werkzeugkasten, der neben der Senkung des Umwandlungssatzes noch einiges mehr enthält. Unter anderem werden mit der Reform die Betragssätze angepasst und über die Altersklassen hinweg geglättet. Beispielsweise sollen die Ansätze für 25- bis 34-Jährige von sieben auf neun Prozent erhöht werden. Bei den 55- bis 65-Jährigen sollen sie von 18 auf 14 Prozent fallen. Damit dürfte die Weiterbeschäftigung von älteren Mitarbeitenden attraktiver werden.

Zur Tool-Box der BVG-Reform gehören auch Massnahmen, welche die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent aufwiegen sollen. Vorgesehen ist zunächst, dass die versicherte Lohn steigt. Neu beträgt er 80 Prozent des Grundlohns - bisher wurde ein fixer Betrag von 25'725 Franken abgezogen.

Diese Anpassung wirkt sich vor allem bei den tiefen Einkommen aus (Angaben in CHF):

Lohn Versicherter Lohn bisher Versicherter Lohn mit Reform Effekt (in %)  
40'000 14'275 32'000 +124  
60'000 34'275 48'000 +40,0  
80'000 54'275 64'000 +17,9  

Höhere versicherte Löhne bedeuten höhere Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber - und damit meist auch höhere Renten. Das BSV schätzt ausserdem, dass die Summe aller Einzahlungen pro Jahr um 1,4 Milliarden Franken wächst.

Als weitere Ausgleichsmassnahme sind Rentenzuschläge vorgesehen. Sie sind gedacht für Menschen, die bald nach der Umsetzung der Reform pensioniert werden. Bei ihnen können die höheren Altersguthaben den tieferen Umwandlungssatz nicht ausgleichen. Darum erhalten sie einen Zustupf von bis zu 200 Franken pro Monat.

Reto Zanettin
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