2022 war für viele ein herausforderndes Jahr – unter anderem auch für die Credit Suisse.  Wer kann besser über die Lage der Krisenbank sprechen als der Mann für Krisen selbst – Oswald Grübel? Der Bankier hat erst die Credit Suisse und dann die UBS als CEO geführt.

Als der CS-Kurs im Oktober bei vier Franken lag, sagte Grübel noch, dass es nicht schlimmer werden könnte. "Ich habe damals sogar selber Aktien gekauft", scherzt Grübel im Bilanz Business Talk, der am Mittwoch aufgezeichnet wurde und am Sonntag am Fernsehen ausgestrahlt wird. 

Allerdings zeigte Grübel schon Anfang Jahr Sypathien für die CS-Aktie: "Ich kenne nicht alle Fakten, um eine zuverlässige Antwort geben zu können. Aber Credit Suisse ist eine Turnaround-Situation. Der Aktienkurs spiegelt die Kapitalverluste der vergangenen Jahre. Wenn keine weiteren Verluste hinzukommen und der Turnaround erste Früchte zeigt, dann ist die Aktie ein Kauf", sagte Grübel im Januar 2022 zur deutschen "Börsen-Zeitung" in einem Interview. Damals notierte die Aktie noch bei über 8 Franken.

Für den ehemaligen Bank-Chef haben die vielen Geldabflüsse bei der CS jüngst verdeutlicht, wie wichtig das Vertrauen für Banken ist. Die moderne, beschleunigte Kommunikation habe aktuell gar nicht geholfen: "Rechtmässige Kritik muss sein, aber wir müssen der Credit Suisse jetzt auch Zeit geben."  Der Bankier plädiert zudem für den intakten Zustand: "Die Bank ist sicher", und weist auf die Kapitalerhöhung und das ständige Durchwinken der Finanzmarktaufsicht hin. 

Raubritter in Massanzügen 

Sehr harte Worte für die Bank fand wiederum Unia-Präsidentin Vania Alleva am Business Talk, dwer unter dem Thema "Ausblick 2023: Hoffnung oder Rezession?" lief. Im "heissen Lohnherbst" kämpfte sie für den Teuerungsausgleich. Die äusserst grossen Lohnscheren bei den Banken (1:200) und die "Raubritter" sind ihr ein Dorn im Auge. Bankmitarbeiter-Gehälter werden nicht nach oben korrigiert, aber die absurd hohen Teppichetagen-Löhne und Boni bleiben – trotz Verlusten und Skandalen. 

Tatsächlich, im letzten Katastrophenjahr für die Credit Suisse mit den Greensill- und Archegos-Debakeln lag der Bonuspool bei zwei Milliarden. 

Da muss sogar Banker-Grübel zugeben: "Das war für das Ergebnis nicht gerechtfertigt." Früher sei die Grundlage für Bonis der Gewinn gewesen, aber das sei ausgeartet seit sich immer mehr "das amerikanische System" durchgesetzt hat. Ausserdem dienten die hohen Boni auch als Lockmittel, um amerikanische Banker abzuwerben. "Überall falsche Politik", so Grübel. 

Auf die Gewerkschafts-Lohnforderungen (4 bis 5 Prozent), die über der Inflationsrate (3 Prozent) liegen, angesprochen, beteuert Alleva: "Es gibt grossen Nachholbedarf." Nicht nur wegen der Teuerung, sondern auch wegen der Produktivität, die in den letzten Jahren in einigen Branchen gestiegen ist, aber nie ausgeglichen wurde. 

KOF-Direktor Franz Egebert-Sturm fand, die Lohnentwicklung sei in der Schweiz immer sehr fair gewesen und man habe sich immer an der Produktivität orientiert. Dies aber auch nur, weil die Gewerkschaften Druck machen. Infolgedessen seien auch die aktuellen Forderungen nicht zu hoch, da sich ja alles in der Mitte einpendeln würde: "Wir brauchen die Gewerkschaften, die kämpfen, aber auch die Arbeitgeberverbände, die ihre Position verteidigen."

Bye, bye Corona-Winter

Während Grübel und Egbert-Sturm bezüglich der Energiethematik, der unsicheren Börsen und der konjunkturellen Lage eher besorgt ins nächste Jahr schauen, gab sich Roche-VR-Präsident Christoph Franz am Bilanz Business Talk wenigstens im Hinblick auf die Pandemie einen Lichtblick.

Die Corona-Winter wurden die vergangenen Jahre oft gefürchtet, doch die Zeiten für strenge Corona-Massnahmen seien vorbei: "Natürlich werden die Ansteckungen wieder steigen, aber es wird keinen Anlass geben, das gesellschaftliche Leben zu reduzieren – wir sollten zuversichtlich in die Zukunft schauen."

Den BILANZ Business Talk zum Thema "Ausblick 2023: Hoffnung oder Rezession?" wird am 11.12.2022, 13:10 Uhr, auf SRF 1 ausgestrahlt.