Im November war im Euroraum die Teuerungsrate auf 2,4 Prozent gesunken - im Herbst 2022 waren noch Werte über zehn Prozent gemeldet worden. «Die Aussichten haben sich verbessert, aber der entscheidende Punkt, den wir im Auge behalten müssen, ist, dass wir noch nicht über den Berg sind und dass die Arbeit erledigt werden muss», sagte der Chefökonom der BIZ, Claudio Borio, zur Vorstellung des am Montag veröffentlichten jüngsten BIZ-Quartalsberichts. Weltweit hatten sich Währungshüter mit massiven Zinserhöhungen gegen den Preisschub gestemmt, der im Zuge der Wiedereröffnung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie einsetzte. Hochschnellende Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs hatten die Teuerung darüber hinaus erheblich nach oben getrieben.
Zentralbanken stünden nun vor der Herausforderung zu entscheiden, was als nächstes zu tun sei, sagte Borio. Die Entwicklung der Teuerung sei wie immer unsicher. «Es ist sehr wichtig für sie, laser-fokussiert zu bleiben auf die Inflation und auch flexibel und beweglich zu bleiben und sich auf die sich verändernden Umstände anzupassen.» Am Kapitalmarkt wird inzwischen damit gerechnet, dass sowohl die Fed als auch die EZB ihre Zinsen bereits nächstes Jahr wieder nach unten setzen werden. Eine erste EZB-Zinssenkung im April ist bereits fest in den Terminkursen am Geldmarkt enthalten.
Zwar sei die unmittelbare Marktreaktion auf die geopolitischen Erschütterungen nach dem Hamas-Überfall auf Israel verhalten und vorübergehend gewesen. Dennoch warnte Borio, dass Spannungen auf den Kreditmärkten einsetzten könnten. Ein Menge an Schulden werde in den nächsten Jahren fällig und müsse womöglich zu deutlich höheren Zinsen refinanziert werden. Vor allem kleinere Unternehmen könnten vom Refinanzierungsbedarf betroffen sein. Die Bankenturbulenzen im Frühjahr dieses Jahres hätten die sich ausbreitenden Zinsrisiken widergespiegelt. «Die Entfaltung von Kreditrisiken steht grösstenteils erst noch aus», so Borio. Die in Basel ansässige BIZ gilt als Zentralbank der Zentralbanken und ist eine wichtige Denkfabrik für die internationale Geldpolitik.
(Reuters)