Wird der Pharma- und Diagnostikkonzern Roche ein drittes Mal in diesem Jahr die diesjährigen Zielvorgaben erhöhen? So und nicht anders lautete die Frage im Vorfeld der Veröffentlichung der Neunmonatsumsatzzahlen.
Seit dem frühen Mittwochmorgen gibt es auf diese Frage nun endlich eine Antwort. Entgegen den anders lautenden Erwartungen vieler Analysten schraubt das Basler Traditionsunternehmen tatsächlich an den Zielvorgaben. Neu erwartet es zu konstanten Wechselkursen ein Umsatzwachstum im hohen einstelligen Prozentbereich. Zuvor war von einem Verkaufswachstum im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich die Rede.
An der Schweizer Börse SIX reagieren die Anleger überraschend unterkühlt auf diese Neuigkeiten. Nach einem frühen Vorstoss bis auf 294 Franken fällt der Genussschein von Roche Gewinnmitnahmen zum Opfer. Zur Stunde verliert er 1,2 Prozent auf 286,70 Franken. Damit schrammt das SMI-Schwergewicht am bisherigen Rekordhoch aus dem Jahr 2014 bei 295,80 Franken vorbei.
Überzeugender Absatz bei den noch jungen Medikamenten
Wie die UBS schreibt, übertrifft der Gruppenumsatz die Markterwartungen auf das dritte Quartal bezogen um 4 Prozent. Im Pharmageschäft schneide Roche sogar um 7 Prozent besser ab. Die Grossbank begrüsst das starke Abschneiden junger Medikamente wie Perjeta, Kadcyla, Hemlibra oder Tecentriq. Bei allen diesen Präparaten werden sowohl die bankeigenen Schätzungen, als auch die Markterwartungen übertroffen. Die UBS sieht sich in ihrer Kaufempfehlung für den Genussschein von Roche bekräftigt. Das 300 Franken lautende 12-Monats-Kursziel dürfte erhöht werden.
Auch die Bank Vontobel sieht im zurückliegenden dritten Quartal ein weiteres sehr solides Quartal. Der Zürcher Bank zufolge übertraf vor allem das Krebsmedikament Avastin sämtliche Erwartungen. Hinter der erneuten Erhöhung der diesjährigen Zielvorgabe verberge sich viel Zuversicht in die Absatzentwicklung erst kürzlich auf den Markt gebrachter Präparate, so ergänzt die Bank Vontobel weiter. Sie stuft den Genussschein wie bis anhin mit "Buy" und einem Kursziel von 316 Franken ein.
Goldman Sachs zeigt sich erfreut darüber, dass die Erwartungen über sämtliche Medikamente hinweg übertroffen werden konnten. Positiv hebt die US-Investmentbank insbesondere die Absatzentwicklung der beiden zukünftigen Wachstumstreiber Tecentriq und Hemlibra hervor. Das Anlageurteil der Amerikaner für den Roche-Genussschein lautet "Buy" int einem 12-Monats-Kursziel von 325 Franken.
Übertriebene Angst vor Umsatzerosion bei Rituxan und Co.
In den ersten neun Monaten entwickelte sich der Absatz mit den beiden Schlüsselmedikamenten Rituxan und Herceptin zwar rückläufig. Bei Rituxan ging der Umsatz gegenüber den ersten neun Monaten letzten Jahres um 3 Prozent, bei Herceptin gar um 10 Prozent zurück. Beide Präparate verkauften sich allerdings auch im dritten Quartal besser als Analysten im Vorfeld befürchtet hatten. Die Verkäufe mit Avastin, dem umsatzstärksten Medikament, steigerte Roche im Jahresvergleich sogar um fast 7 Prozent.
Als der US-Biotechnologiekonzern Amgen vor wenigen Wochen früher als gedacht eigene Versionen von Herceptin und Avastin auf den Heimmarkt brachte, warf das in Analystenkreisen hohe Wellen. Nach Europa sei nun auch im wichtigen US-Markt mit einer Umsatzerosion bei den Originalpräparaten zu rechnen, so hiess es damals. Nun erweist sich diese Angst rückblickend als übertrieben.
Da nunmehr eher geringe Gefahren von günstigeren Nachahmermediakmenten ausgeht, stuft die Zürcher Kantonalbank den Genussschein von "Marktgewichten" auf "Übergewichten" herauf. Die Basler Kantonalbank bestätigt hingegen das "Übergewichten" lautende Anlageurteil und erhöht das Kursziel auf 330 Franken.
Leerverkäufer haben sich verspekuliert
Auch die wenigen pessimistischen Analysten geraten zusehends in Erklärungsnot. Das gilt sowohl für jene von HSBC als auch von Oddo. Erst kürzlich senkte der für Société Générale tätige Analyst den Daumen und stufte den Genussschein von Roche mit einem 285 (zuvor 200) Franken lautenden 12-Monats-Kursziel von "Sell" auf "Hold" herauf. Beobachter schliessen nicht aus, dass weitere Berufskollegen diesem Beispiel folgen könnten.
Ein Problem dürften nun auch die amerikanischen Leerverkäufer haben, erhöhten sie in den letzten Wochen ihre Wetten gegen die in New York gehandelten Titel von Roche doch (cash berichtete). Offiziellen Erhebungen zufolge waren zuletzt gut 2,1 Millionen American Deposit Receipts leerverkauft.
Mit einem Kursplus von gut 19 Prozent schnitt der Roche-Genussschein im bisherigen Jahresverlauf in etwa gleich wie der Swiss Market Index (SMI) ab.