Der neue Nestlé-Chef Laurent Freixe wird den Konzern unbefristet leiten. «Nein, er ist keine Übergangslösung», sagt der Verwaltungsratspräsident des Konzerns, Paul Bulcke in einem Interview mit der aktuellen «NZZ am Sonntag».

«Übergangslösungen sind nie gut», führt Bulcke aus. Er wies damit entsprechende Spekulationen zurück. Freixe sei mit 62 Jahren jung, sagt der Verwaltungsratspräsident. Mit seinen 16 Jahren Erfahrung in der Konzernleitung sei er von der ersten Minute an einsatzfähig und voll verantwortlich.

Ungewöhnlich abrupt hatte der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller am Donnerstag den Chefwechsel bekannt gegeben. Mark Schneider musste mit sofortiger Wirkung gehen. Sein Nachfolger wird der bisherige Lateinamerika-Chef Freixe. An der Börse sorgte der Wechsel für Verunsicherung und Spekulationen. Analysten gingen davon aus, dass der 62-jährige Konzernchef nur eine Übergangslösung sein könne.

«Viele Faktoren auf beiden Seiten»

Der Entscheid ist aber nicht abrupt gefallen, wie aus dem Interview hervorgehnt. «Wir sind in diese Situation hineingewachsen», erklärt Verwaltungsratspräsident Bulcke. Viele Faktoren auf beiden Seiten hätten eine Rolle gespielt.

Der Aktienkurs habe die Entscheidung nicht diktiert, so Bulcke weiter. Die Entwicklung bei Nestlé war zuletzt unterdurchschnittlich. Die Aktie fiel diesen Monat erstmals seit 2019 wieder unter die Marke von 90 Franken. Der Chefwechsel kam deshalb in Analystenkreisen nicht ganz überraschend.

Bulcke begründet den Schritt auch mit einer Kombination von Eigenschaften, die nötig seien, um den Konzern in die Zukunft zu führen. Dazu gehöre eine «überzeugende strategische Richtung», die intern und extern verstanden werde. Zudem bedinge es die «Leidenschaft für unsere Marken, das Marketing und die Konsumenten». Freixe bringe diese Merkmale mit.

Am Gesundheitsbereich festhalten

Umgekehrt bedeute es nicht, dass Schneider dieses Verständnis nicht habe, betont Bulcke. «Jede Person bringt unterschiedliche Stärken mit», sagt er und hebt unter anderem Schneiders Managementfähigkeiten und sein Verständnis für Gesundheitsthemen hervor.

Auch nach seinem Ausscheiden wolle Nestlé an der von Schneider ausgebauten Gesundheitssparte festhalten. Das Unternehmen habe mit diesem Bereich Neuland betreten. Damit sei das Risiko verbunden, dass auch mal auch etwas schief gehen könne.

Bei der Ankündigung des Chefwechsels hatte sich die Konzernspitze noch bedeckt zu den genauen Zielen des neuen Chefs gehalten. Freixe und Bulcke sagten in ersten Telefonaten mit Medien und Analysten, das Unternehmen werde sich voll auf seine Kernmarken und -produkte konzentrieren und auf organisches Wachstum setzen.

Der bald 70-jährige Verwaltungsratspräsident beabsichtigt selbst so lange in der in Vevey VD ansässigen Firma tätig zu sein, wie er für sie nützlich sei. «Wenn nicht, bin ich weg.»

(AWP)