Bei einer Mitarbeiterversammlung am Donnerstag in Zürich forderte der ehemalige Goldman-Sachs-Manager die Mitarbeiter zum eigenständigen Denken auf. Dazu gehöre auch die Abhängigkeit von Beratern zu reduzieren. Wie zu hören ist, erklärte er, noch nie eine Bank mit mehr Beratern gesehen zu haben als Julius Bär.

Es gebe einen deutlichen Mangel an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die eigene Entscheidungsfindung der Bank, sagte Bollinger nach Angaben von Insidern. Für seine Aussage, die Mitarbeiter müssten daran glauben, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen können, erhielt Bollinger Applaus.

Ein Sprecher von Julius Bär wollte sich nicht zu der Veranstaltung äussern.

Bollinger, der bei seiner Rede Turnschuhe der Schweizer Marke On trug, appellierte an die Mitarbeiter, «authentisch» zu sein und ermutigte sie, Aktien der Bank zu besitzen. Das auf Wealth Management ausgerichtete Geschäftsmodell der Bank sei grundsätzlich das richtige, jedoch sollten die Mitarbeiter geradezu besessen von Kunden sein und so viel wie möglich mit ihnen sprechen.

Der Fokus auf Kostensenkungen bestätigt die Bedenken, die Analysten in den letzten Quartalen geäussert haben, da die Performance der Bank nach dem Benko-Immobilienkreditskandal hinter den Zielen zurückgeblieben ist. Die Ernennung Bollingers hatte bei Bär eine fast einjährige Phase der Ungewissheit beendet, die auf die Entlassung des vorherigen CEO Philipp Rickenbacher gefolgt war. Der neue Chef hat zuvor jedoch weder eine Grossbank noch war er bei einer solchen Vorstandsmitglied.

Am Donnerstag mahnte er, das Kosten-Ertrags-Verhältnis der Bank sei zu hoch, da viele Mitarbeiter eingestellt wurden ohne das das Wachstum entsprechend zugelegt hätte. Bollinger kündigte an, seine Amtszeit mit Kundentreffen zu beginnen — unter anderem auch auf dem bevorstehenden Weltwirtschaftsforum in Davos — sowie mit Gesprächen mit der Finanzaufsicht Finma. Die Behörde sollte einer der wichtigsten Stakeholder der Bank sein, so Bollinger.

Die Investoren von Julius Bär warten derzeit auf Nachrichten zum Abschluss der Finma-Untersuchung zum Benko-Skandal. Im Fokus steht die Frage, ob und wann wieder mit einer Rückkehr zur normalen Ausschüttungspolitik zu rechnen ist. Die Bank hatte zuvor erklärt, dies sei für dieses Jahr geplant.

(Bloomberg)