Der Einstieg der italienischen Grossbank Unicredit mit einem Anteil von 9 Prozent an der Commerzbank befeuert Spekulationen über eine mögliche Übernahme des deutschen Konkurrenten. Die Italiener nutzten zum einen die Gelegenheit beim vor einer Woche angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund. Zum anderen erwarben sie zusätzlich Anteile am Markt.

Unicredit wird zudem bei der Aufsichtsbehörde die Genehmigung beantragen, «falls und wenn nötig» die Beteiligung von 9,9 Prozent an der Commerzbank zu überschreiten - wobei Beteiligungen von über 10 Prozent aus aufsichtsrechtlicher Sicht als relevant gelten und 30 Prozent die Schwelle für eine vollständige Übernahme markieren. Laut Presseberichten wäre die Commerzbank offen für Gespräche mit Unicredit.

45 Prozent Aufwärtspotenzial

Nach Berechnungen der UBS würden die deutschen Geschäftsbereiche beider Banken zusammen eine Vermögensbasis von circa 550 Milliarden Euro, einen Kreditbestand von ungefähr 350 Milliarden Euro und einen Einlagenbestand von etwa 400 Milliarden Euro aufweisen, wobei die Marktanteile bei circa 10 Prozent liegen. In einem theoretischen Szenario eines vollständigen Übernahmeangebots würde das Gewicht Deutschlands für Unicredit von derzeit 20 bis 25 Prozent auf etwa 40 Prozent steigen.

«Unicredit hat den Spielraum, um zumindest einen Teil einer potenziellen Transaktion mit Barmitteln zu finanzieren, ohne die Kernkapitalquote-Schwelle von 13 Prozent zu überschreiten, und könnte daher einen soliden EPS-Zuwachs erzielen, was die Attraktivität der Aktie noch verstärken würde», schreiben die Analysten Ignacio Cerezo und Adele Palama in einem aktuellen Bericht.

Hinsichtlich des Kurs-Gewinn-Verhältnisses wird Unicredit mit einem zehnprozentigen Abschlag zum europäischen Durchschnitt gehandelt. Trotz der Risiken sieht die UBS die anfängliche Aussicht auf die Transaktion positiv, da sie Unicredit die Möglichkeit eröffnet, überschüssiges Kapital in einer Region einzusetzen, in der das Unternehmen bereits tätig ist, und das zu finanziell attraktiven Bedingungen. Die UBS sieht den Kurs von Unicredit bei 52 Euro, was ein Aufwärtspotenzial von 45 Prozent impliziert.

UniCredit-Chef sieht Übernahme der Commerzbank als Option

Eine Übernahme der Commerzbank durch die Muttergesellschaft der Münchener Hypovereinsbank wäre eine der grössten grenzüberschreitenden Fusionen in Europa. Sie dürfte jedoch bei den Gewerkschaften auf erheblichen Widerstand stossen. UniCredit ist mit der bislang aufgebauten Beteiligung der zweitgrösste Anteilseigner. Nach dem Verkauf des Aktienpakets an die Mailänder hält der Bund noch 12 Prozent. Er hat jedoch angekündigt, sich vollständig aus der Beteiligung zurückziehen zu wollen.

«Gespräche über M&A oder einen weiteren Zusammenschluss» seien ein Zusatz zu den aktuellen Erörterungen um die Beteiligung, erklärte Unicredit-Chef Andrea Orcel am Donnerstag in einem Interview mit Bloomberg-TV. «Da wir jetzt Aktionär sind, können wir konstruktiv darüber nachdenken, ob wir gemeinsam mehr schaffen können als nur den Wert, den die Commerzbank als eigenständiges Unternehmen schaffen kann.»

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren