Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen ist der mutmassliche Attentäter festgenommen worden. Jemand, «den wir im höchsten Mass verdächtigen», sei in Gewahrsam genommen worden, sagte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen Herbert Reul am späten Samstagabend. Es sei mehr als eine Vermutung. Man habe auch Beweisstücke gefunden.

Die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte das Attentat für sich. Der Anschlag sei von einem «Soldaten des Islamischen Staates» ausgeführt worden, erklärte der IS in seinem Kanal im Kurznachrichtendienst Telegram. «Er hat den Angriff als Rache für Muslime in Palästina und überall ausgeführt.» Der IS belegte die behauptete Urheberschaft zunächst nicht.

Auch «Spiegel» und «Bild» berichteten über die Festnahme. Laut «Spiegel» stellte sich der Mann am Samstagabend einer Polizeistreife. Seine Kleidung sei schmutzig und blutverschmiert gewesen, zitierte das Magazin Sicherheitskreise. Demnach soll es sich um einen 26-Jährigen handeln, der aus der syrischen Stadt Deir al-Sor stammt. Er soll Ende Dezember 2022 nach Deutschland gekommen sein und in Bielefeld einen Asylantrag gestellt haben. Den Sicherheitsbehörden soll er nicht als islamistischer Extremist bekannt gewesen sein.

Die Fahndung nach dem Täter war am ganzen Samstag auf Hochtouren gelaufen. Spezialkräfte der Polizei waren in einer Solinger Flüchtlingsunterkunft im Einsatz und nahmen dort einen Verdächtigen fest, bei dem es sich aber offenbar nicht um den mutmasslichen Täter handelte. Zuvor hatte die Polizei einen 15-Jährigen festgenommen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers sagte, eine unbekannte Person soll Zeugenaussagen zufolge kurz vor dem Angriff mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tat passen würden. Dem 15-Jährigen werde bisher nur die Nichtanzeige geplanter Straftaten zur Last gelegt.

Anschlag bei 650-Jahr-Feier

Bei dem Angriff am Freitagabend wurden drei Menschen getötet und acht weitere verletzt. Der Täter soll den Ermittlungen zufolge gezielt auf den Hals der Opfer eingestochen haben. Die Tat ereignete sich auf dem Fronhof, einem Marktplatz in Solingen, wo bei einem Festival anlässlich des 650-jährigen Stadtjubiläums Live-Bands spielten.

Nach den Gesamtumständen sei kein anderes als ein terroristisches Motiv ersichtlich, sagte Staatsanwalt Caspers am Nachmittag. Die Ermittlungen wurden zunächst gegen Unbekannt geführt. «Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen. Wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann.»

Behördenvertreter und Politiker äusserten sich bestürzt. «Der brutale Anschlag auf das Stadtfest in Solingen erschüttert uns zutiefst», sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Kanzler Olaf Scholz sagte: «Wir trauern um die Toten. Wir bangen um diejenigen, die noch um ihr Leben ringen in den Krankenhäusern.» Solche Taten müssten hart bestraft werden. «Wir dürfen das in unserer Gesellschaft niemals akzeptieren.»

(Reuters)