Nachdem die Aktie des Chipherstellers Nvidia Anfang Juni erneut auf 135 Dollar gestiegen war, setzte abermals eine Verkaufswelle ein - so, wie schon im Juni, als die Aktie in wenigen Tagen zwölf Prozent einbüsste. Zurzeit ist sie 103,73 Dollar wert, gegenüber dem letzten Hoch ist sie 23 Prozent getaucht.
Nun aber ist der zuständige Analyst der US-Grossbank Morgan Stanley in die Offensive gegangen. Seiner Meinung hat sich nach den jüngsten Verlusten ein «guter Einstiegspunkt» ergeben. Der Experte sieht Nvidia zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder als Top Pick, als besonders vielversprechendes Investment.
Die Aktie sei wegen einer langen Liste von Bedenken verkauft worden, die nun verschwinden werden, sagt der Experte. Investitionen in Künstliche Intelligenz bleiben seiner Auffassung positiv, und Nvidia stehe trotz wachsender Konkurrenz nach wie vor im Zentrum der Branche.
Morgan Stanley veranschlagt das Kursziel für das Technologieunternehmen bei 144 Dollar - und ist damit nicht speziell optimistisch. Beispielsweise sieht Citi die Nvidia-Aktie auf 150 Dollar steigen, Wells Fargo hat sogar 155 Dollar ausgerufen.
Indes sehen Marktbeobacher durchaus Chancen neben Nvidia. «Auch wenn Nvidia immer noch die Story der Stunde sein mag, glauben wir, dass es für Anleger, die auf die sekundären und tertiären Nutzniesser des KI-Booms schauen, gute Möglichkeiten gibt», sagt Jamie Mills O'Brien von der Vermögensverwaltungsgesellschaft Abrdn. Er macht mehrere Sektoren aus, die vom Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) profitieren dürften. Dazu zählen Rechenzentren, aber auch die Energieinfrastruktur respektive Elektrounternehmen.
Diese beiden Sektoren greifen ineinander, da Rechenzentren auf eine stabile Stromversorgung angewiesen sind. Der Abrdn-Spezialist sagt: «Der zunehmende Bedarf an zuverlässiger Stromversorgung und die schleppende Modernisierung des Stromnetzes bieten Unternehmen, die Notstromaggregate und unterbrechungsfreie Stromversorgungsanlagen anbieten, Chancen.» Zu den Nutzniessern könnten SMI-Titel ABB, aber auch Eaton, Munters, Schneider und Siemens gehören.
Die «Mag 7» Europas
Laut Jordy Hermanns, Portfoliomanager bei Aegon Asset Management, gibt es neben den «Magnificent 7», zu denen Nvidia gehört, eine spezielle Gruppe europäischer Unternehmen. Sie stünden mit ihren amerikanischen Gegenparts auf Augenhöhe. Es handelt sich um Novo Nordisk, ASML, LVMH, Ferrari, Adyen, Schneider Electric und Hermès.
Im Unterschied zu den technologielastigen «Magnificent 7» deckt diese Gruppe ein breiteres Spektrum an Sektoren ab, unter anderem das Gesundheitswesen, die Luxusgüterbranche, aber auch den Automobilsektor.
Die Zusammensetzung der sieben europäischen Titel stehe im Einklang mit mehreren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trends, argumentiert Hermanns. Etwa profitiert Novo Nordisk von der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen, ASML von der Digitalisierung. Schneider Electric gehört zu den Gewinnern der Energiewende. Alles in allem haben diese «starken Trends zu einem bedeutenden Wachstumsmotor geführt», resümiert Hermanns.
Er streitet nicht ab, dass die «Magnificent 7» - mit Nvidia - zu recht viel Aufmerksamkeit erhalten haben. Es handle sich um führende Unternehmen, die sehr gut abgeschnitten hätten. Trotz der starken Leistung der amerikanischen Unternehmen, plädiert der Anlagespezialist für die Präsenz europäischer Unternehmen in einem gut diversifizierten Portfolio.