Small-Cap-Aktien erlebten im Juli eine Hochphase, als der Russell 2000 innerhalb einer Woche um 11,5 Prozent zulegte. Seitdem hat sich der Index weitgehend seitwärts bewegt. Morgan Stanley erwartet jedoch, dass dieser Sektor in den kommenden Monaten einen weiteren Aufschwung erleben könnte, sollte die Wirtschaft Anzeichen einer Erholung zeigen.
«Wir haben kürzlich die Bewertung von Small Caps gegenüber Large Caps auf neutral hochgestuft, nachdem sie 3,5 Jahre lang eine anhaltende Underperformance gezeigt hatten. Diese Entscheidung basiert auf dem starken Arbeitsmarktbericht vom September und der Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen auf der letzten FOMC-Sitzung um 50 Basispunkte zu senken», erklärte Nicholas Lentini, Aktienstratege der Bank, kürzlich.
«Um äusserst optimistisch für Small Caps zu sein, müssten die führenden Makroindikatoren wahrscheinlich eine deutliche Wachstumsbeschleunigung zeigen», fügte Lentini hinzu. Der Aktienstratege betonte, dass Small Caps zu Beginn eines neuen Konjunkturzyklus tendenziell besser abschneiden. Zu den Anzeichen für einen neuen Zyklus gehören Verbesserungen im Optimismus von Kleinunternehmen, positive BIP-Korrekturen und weit verbreitete positive Ertragskorrekturen.
Kurspotenzial von 222 Prozent für Abnehm-Wette
In Erwartung einer potenziellen Small-Cap-Rallye haben die Analysten der Bank eine Liste von 40 bevorzugten Small-Cap-Aktien zusammengestellt, die alle mit «Übergewichten» bewertet sind. Untenstehend sind die 10 Aktien mit dem grössten Aufwärtspotenzial gemäss den Kurszielen von Morgan Stanley aufgeführt.
Morgan Stanley sieht das grösste Aufwärtspotenzial mit plus 222 Prozent bei Structure Therapeutics, einem in San Francisco ansässigen Biotechnologieunternehmen, das seit Jahresbeginn um 3 Prozent gefallen ist. Nicht nur Morgan Stanley ist optimistisch, auch andere Analysten sehen Chancen: Alle elf von Bloomberg erfassten Analysten empfehlen den Kauf der Aktie, mit einem durchschnittlichen Aufwärtspotenzial von 121 Prozent.
Structure Therapeutics wird vor allem als Abnehm-Wette gesehen: Der Kandidat GSBR-1290 zeigt eine ähnliche Wirksamkeit wie das GLP-1-Präparat Orforglipron von Eli Lilly bei der Behandlung von Fettleibigkeit. Der Erfolg des Präparats muss jedoch noch in Studien im späteren Stadium nachgewiesen werden, und eine Partnerschaft könnte entscheidend sein, um diese Studien durchzuführen.
Das Unternehmen testet zudem LTSE-2578 zur Behandlung von idiopathischer Lungenfibrose, einer chronischen Lungenerkrankung mit wenigen Innovationen und hohem ungedecktem Bedarf. Daten der Phase-1-Studie werden für das zweite Halbjahr 2025 erwartet. Structure Therapeutics muss hierbei gegen konkurrierende LPAR1-Antagonisten von Bristol Myers (Phase 3) und Amgen (Phase 2) aufholen.
Titel | Kurspotenzial gemäss Morgan Stanley | Kursentwicklung seit Jahresbeginn | Vorwärtsgerichtetes Kurs-Gewinn-Verhältnis | Sektor |
Structure Therapeutics | 222 Prozent | -3 Prozent | - | Biotech |
10X Genomics | 183 Prozent | -72 Prozent | - | Gesundheit |
Bloom Energy | 110 Prozent | -31 Prozent | 98 | Energie |
Bicara Therapeutics | 75 Prozent | -6 Prozent* | - | Biotech |
Legend Biotech | 65 Prozent | -29 Prozent | - | Biotech |
ArcBest | 65 Prozent | -14 Prozent | 16 | Logistik |
Viking Therapeutics | 60 Prozent | 254 Prozent | - | Biotech |
Alaska Air | 57 Prozent | +15 Prozent | 10 |
Fluggesellschaften |
Dyne Therapeutics | 56 Prozent | +165 Prozent | - | Biotech |
American Airlines | 52 Prozent | -5 Prozent | 11 |
Fluggesellschaften |
*Bicara Therapeutics ist seit dem 13. September 2024 an der Börse kotiert.
Quelle: Bloomberg.
Wasserstoff-Fantasie dank KI
Die Analysten von Morgan Stanley sehen auch bei Bloom Energy ein grosses Aufwärtspotenzial von 110 Prozent. Das Technologieunternehmen aus San Jose spezialisiert sich neben der Entwicklung von Elektrolyseuren für die Wasserstoffproduktion insbesondere auf die Herstellung und Entwicklung von Festoxid-Brennstoffzellen. Das Hauptprodukt ist die stationäre Stromerzeugungsanlage, die vor Ort bei den Kunden Strom erzeugt und mit Brennstoffen wie Erdgas, Biogas und Wasserstoff betrieben wird.
Der Boom in der künstlichen Intelligenz in den USA und der damit stark steigende Energiebedarf in Rechenzentren tragen zu einer erhöhten Nachfrage bei. Für das Gesamtjahr 2024 wird erwartet, dass die adjustierte Ebitda-Marge in den positiven Bereich vorstösst und bei 12,5 Prozent liegt. Auch der freien Cashflow wird voraussichtlich 2025 positiv sein.
Fünf der zehn aufgelisteten Unternehmen stammen aus dem Biotech-Sektor, wobei ausser Viking Therapeutics und Dyne Therapeutics alle seit Jahresbeginn eine negative Kursentwicklung aufweisen. Ersteres Unternehmen wird trotz des starken Anstiegs weiterhin von den Analysten mit einem Potenzial von 68 Prozent höher bewertet, hauptsächlich aufgrund der Abnehm-Wette.
Viking Therapeutics ist ein relativ junges Biotechnologieunternehmen, das auf die Entwicklung von Therapien zur Behandlung von Stoffwechsel- und endokrinen Störungen spezialisiert ist. Obwohl das Unternehmen bisher noch kein Medikament zur Marktreife geführt und folglich auch keine Umsätze erzielt hat, besitzt es einen vielversprechenden GLP-1-Wirkstoff (VK2735) zur Behandlung von Fettleibigkeit. Kürzlich gab Viking Therapeutics nach Abschluss der Phase-II-Studie bekannt, dass die Injektionen zur Gewichtsreduktion früher als geplant in die Phase III starten können. Die bisherigen Ergebnisse waren überaus vielversprechend.
Das Besondere an VK2735 sind die im Vergleich zu Konkurrenzprodukten bislang sehr geringen Nebenwirkungen. Zudem arbeitet das Unternehmen an einer Tablettenform – die Phase I wurde Anfang 2023 abgeschlossen, und Phase II soll im zweiten Halbjahr 2024 erfolgen. Auch hier sind die vorläufigen Ergebnisse vielversprechend.
Darüber hinaus hat das Unternehmen weitere aussichtsreiche Projekte in der Pipeline. Besonders im Fokus steht derzeit der Wirkstoff VK2809, der sich in Phase II für die Behandlung von nichtalkoholischer Steatohepatitis (NASH) befindet. Für diese Lebererkrankung, die mit einer nicht durch Alkohol verursachten Fettleber einhergeht, gibt es bislang noch kein zugelassenes Medikament auf dem Markt.
Fluggesellschaften bieten mehr Defensive
Wichtig bei Investitionen in Biotechnologie: Es handelt sich um hochspekulative Anlagen, die nichts für schwache Nerven sind. Die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien ist ein langwieriger, komplexer und teurer Prozess, der über Jahre hinweg erhebliche Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen erfordert, ohne Erfolgsgarantie. Solche Unternehmen leben vor allem in den Anfangsphasen von Zukunftsversprechen und erzielen zunächst keine Gewinne.
In Bezug auf investitionstechnische Stabilität und einfacheren Zugang bieten Fluggesellschaften wie Alaska Air oder American Airlines mehr Sicherheit. Insbesondere für American Airlines, das eine Marktkapitalisierung von 8,5 Milliarden Dollar aufweist,dürfte dies sprechen. Bloomberg-Daten deuten darauf hin, dass sich der Zustand und die Marge des Unternehmens im kommenden Jahr verbessern könnten, was Chancen bietet.