Schuldenkrisen von Staaten sind einer Studie zufolge gar nicht so selten: In den vergangenen gut 200 Jahren hat es weltweit 321 Umschuldungsabkommen gegeben, wie aus der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorlag. «Was die Höhe der Gläubigerverluste angeht, war zwischen einem Totalverlust und keinem Verlust alles dabei», sagte die DIW-Expertin für internationale Makroökonomie, Josefin Meyer. Im Schnitt hätten die privaten und institutionellen Investoren seit 1815 rund 43 Prozent verloren. Im Laufe der Jahre waren unter anderen Staaten wie Russland, China, Argentinien und zuletzt auch Griechenland finanziell in die Bredouille geraten.

Ein Zahlungsausfall tritt beispielsweise ein, wenn ein Staat seine Schuldenzahlungen über die Schonfrist hinaus versäumt. Auch Änderungen im Schuldenvertrag können ein Auslöser sein - etwa, wenn ein bestehendes Finanzinstrument wie eine Staatsanleihe oder ein Kredit gegen ein neues ausgetauscht wird, das für die Geldgeber ungünstigere Bedingungen bietet. «Diese Umschuldungen treten meist im Kontext von geo- oder innenpolitischen Krisen auf», heisst es in der Studie.

Auffällig ist der Studie zufolge, dass es zunehmend zwei oder noch mehr Umschuldungen bedarf, um einen Zahlungsausfall beizulegen. «Dieses Phänomen lässt sich seit den 1970er und 1980er Jahren vermehrt beobachten», sagte Meyer. Ein einzelner und dafür etwas höherer Schuldenschnitt («Haircut») sei für den Gläubiger im Durchschnitt besser als mehrere kleine.

Totaler Forderungsverlust selten

Demnach enden Krisen, die mit nur einem Haircut beendet werden, mit Gläubigerverlusten von durchschnittlich mehr als 40 Prozent. Bei drei Umschuldungen summierten sich diese dagegen auf insgesamt 60 Prozent. «Die Ergebnisse zeigen, dass in vielen Fällen die anfänglichen Umschuldungsbedingungen nicht ausreichen, um Schulden auf einen nachhaltigen Weg zu bringen», sagte DIW-Forscherin Meyer. «Tendenziell sind geringe Schuldenschnitte oft nicht tiefgreifend genug, um die Schuldenkrise zu beenden.»

Vollständige Forderungsverluste von 100 Prozent kommen eher selten vor. «Meist gehen diese Extremfälle einher mit geopolitischen Turbulenzen oder Revolutionen, bei denen Schulden von legislativen oder exekutiven Organen als politisch illegitim erklärt werden», so die DIW-Studie. Das war etwa in Russland nach der Revolution 1917 und in China 1949 nach dem Sieg der Kommunisten im Bürgerkrieg der Fall.

(Reuters)