Die Schweiz ist ein Land der Mieter. Mit einer Wohneigentumsquote von gut 42 Prozent belegt sie den letzten Rang in Europa. Während osteuropäische Länder mit Eigentumsquoten von 80 bis 90 Prozent die vorderen Ränge belegen, verfügen unsere unmittelbaren Nachbarn ebenfalls über höhere Eigentumsquoten: Deutschland und Österreich mit 50 respektive 54 Prozent, Frankreich mit knapp 65 Prozent und Italien mit 74 Prozent.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind wenig überraschend. Die Schweiz geniesst seit Jahrzehnten rechtliche und wirtschaftliche Stabilität, die Preise für Wohneigentum sind hoch. Zudem sind die für Mieter vorteilhaften Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen weit besser als in anderen Ländern. Beides begünstigt eine hohe Mieterquote.
Bei der Frage, ob Mieten oder Kaufen besser sind, scheiden sich dennoch die Geister. Letztendlich hängt die Entscheidung auch von subjektiven Kriterien ab. Betrachtet man jedoch objektive finanzielle Aspekte, hat das Wohneigentum eindeutig die besseren Karten.
Eine der besten Anlageklassen
Schweizer Immobilien gehören zur erfolgreichsten Anlageklasse der vergangenen Jahrzehnte. Sinkende Leitzinsen, stetiges Bevölkerungswachstum durch die Zuwanderung spezialisierter Arbeitskräfte und ein kontinuierlich steigendes Bruttoinlandprodukts ohne grosse Rücksetzer haben diese Entwicklung begünstigt.
Seit der Jahrtausendwende sind die Immobilienpreise für Wohneigentum durchschnittlich jährlich um 3,2 Prozent gestiegen. Aktien schnitten nur geringfügig besser ab: Der Swiss Performance Index erzielte in diesem Zeitraum eine Rendite von 5,1 Prozent pro Jahr, Dividenden inklusive. Der MSCI World kam auf 4,3 Prozent, allerdings ohne Dividenden. Berücksichtigt man die jeweiligen Risiken, schneiden Aktien jedoch deutlich schlechter ab. Während Aktien seit dem Jahr 2000 jährlichen Kursschwankungen von 16 bis 17 Prozent unterlagen, betrug die Volatilität von Immobilien nur 1,3 Prozent. Wohneigentum scheint unschlagbar zu sein.
Doch: Vergangene Ergebnisse sind kein Indikator für zukünftige Gewinne. Wie geht es also weiter? Immobilienexperte Claudio Saputelli von der UBS sieht mittelfristig weiteres Potenzial. «Ist das Preisniveau über derart viele Jahre ohne Korrektur gestiegen, erwarten die Marktteilnehmer weiteres Preiswachstum – und Nachfrage und Preise steigen weiter.» Besonders die erneut sinkenden Leitzinsen fördern dieses Verhalten. Aufgrund der niedrigen Inflation ist nicht mit einer Abkehr vom derzeitigen Zinspfad zu rechnen.
Steigende Immobilienpreise sprechen für den Kauf
Der UBS Real Estate Bubble Index deutet ebenfalls auf keine Überhitzung des Marktes hin. Er befindet sich auf moderatem Niveau, mit sinkender Tendenz. Viele Einflussfaktoren befinden sich im grünen Bereich, beispielsweise die Bautätigkeit, das Hypothekarwachstum oder Zinsniveau.
Aber wo liegen die Grenzen des Preiswachstums? Saputelli verweist in Bezug auf die knappe Angebotssituation in der Schweiz auf den Unterschied zwischen Durchschnitts- und Top-Einkommen. Stehen nur wenige Objekte zum Verkauf, zählt primär das Top-Einkommen der Bevölkerung - denn einkommensstarke Haushalte können sich die wenigen verfügbaren Objekte sichern. Steigt das Top-Einkommen, kann das Wachstum im Immobiliensektor anhalten.
Das Kaufen auf einem hohen Preisniveau trotz steigender Preise birgt jedoch Risiken. Der Zinsanstieg in der Eurozone 2022/2023 hat das erhebliche Korrekturpotential offenbart. In der Schweiz blieb eine vergleichbare Reaktion aus. Verkäufer konnten ohne Probleme die «Hochzinsphase» aussitzen, um später ohne Preisreduktion zu verkaufen. Dennoch bleibt eine solche Korrekturphase das grösste Risiko für Immobilienanleger in der Schweiz.
Um Brüche vom langfristigen Trend vorherzusagen, lohnt sich ein Blick auf die langfristigen Einflussfaktoren. Eine Studie des Immobiliendienstleisters Wüest Partner zeigt, dass Bevölkerungswachstum, reales BIP-Wachstum und Inflation einen positiven Effekt auf die Preise von Wohneigentum haben, während Arbeitslosigkeit, Hypothekarzinsen und Leerstandsquoten negative Auswirkungen zeigen.
Die Mehrheit der heimischen Unternehmen steht wirtschaftlich gut da. Viele behaupten sich erfolgreich in ihren Nischen – trotz herausfordernder Marktbedingungen und des starken Frankens. Entsprechend dürfte das reale BIP-Wachstum langfristig weiter zunehmen. Diese wirtschaftliche Stärke führt in vielen Branchen zu einem Fachkräftemangel. Der damit verbundene Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte dürfte das Bevölkerungswachstum positiv beeinflussen. Auch auf der Angebotsseite sind keine wesentlichen Veränderungen zu erwarten. Politische und rechtliche Massnahmen, die das Angebot einschränken, bleiben bestehen. Damit stehen weiteren Preissteigerungen kaum Hindernisse im Weg.
Konkretes Vergleichbeispiel
Ein direkter Vergleich zwischen Mieten und Kaufen einer einzelnen Liegenschaft liefert die aussagekräftigsten Erkenntnisse. cash.ch hat eine Immobilie im Nordosten von Zürich identifiziert, die sowohl zum Verkauf als auch zur Miete ausgeschrieben war. Steuerrelevante Unterlagen wurden ebenfalls analysiert.
Im direkten Kostenvergleich fahren Eigentümer hier deutlich besser als Mieter. Die Miete ist fast doppelt so hoch wie die Hypothekarzinsen. Der Steuereffekt fällt jedoch zugunsten der Mietoption aus: Im cash-Beispiel zahlt der Mieter etwa 1'200 Franken weniger an Staats- und Gemeindesteuern.
Der Wermutstropfen für den Eigentümer: Der Eigenmietwert kann mehrheitlich durch die Abzüge von Eigennutzung, den Zins- und Nebenkosten mehrheitlich auf und es fällt keine wesentlich höhere Steuerbelastung aus. Insgesamt sind die direkten Kosten beim Eigentum mit 22’200 Franken pro Jahr etwa 40 Prozent niedriger als in einem Mietverhältnis.
Kaufen | Mieten | |
Zinsen/Miete | 17’134 | 33’300 |
Nebenkosten | 3’900 | 3’900 |
Zusätzliche Steuerbelastung im Vergleich zur Miete | 1’200 | 0 |
Total | 22’200 | 37’200 |
Für die Berechnung der Kaufoption wird von einer Belehnung von 80 Prozent mit einer Hypothek mit einer Laufzeit von 10 Jahren ausgegangen. Die Zinskosten belaufen sich auf 1,59 Prozent. Amortisiert wird indirekt via Säule 3a.
Ein Gesamteinkommen beider Ehepartner von 200’000 Franken sowie die Verpfändung beider Pensionskassen und Säulen 3a in der Höhe von 100’000 Franken gelten als Mindestvoraussetzungen für den Erwerb. Das Eigenkapital beträgt somit 370’000 Franken. Das Nettoeinkommen beläuft sich beim Kauf-Szenario auf 150’000 Franken und bei der Miete auf 143’000 Franken. Die Einkommens- und Vermögenssituation stehen in keinem Verhältnis mit Personen in Verbindung zum Objekt.
Immobilien: Klumpenrisiko mit Hebeleffekt
Wer einen Grossteil oder gar sein gesamtes Vermögen ins Eigenheim steckt, geht ein Klumpenrisiko ein - ein nicht zu unterschätzender Faktor angesichts des aktuellen Preisniveaus. Die finanziellen Vorteile dürfen jedoch nicht verworfen werden.
Der grösste Vorteil (oder auch Nachteil) der Immobilie als Anlage ist ihr Hebeleffekt. Preissteigerungen erfolgen auf dem Gesamtwert einer Liegenschaft. Nominal beträgt der Anlagegewinn bei jährlichen Preissteigerungen von 3,2 Prozent 43'100 Franken. Bei Anlagen in die Aktienmärkte in der Höhe des Eigenkapitals mit einer Durchschnittsrendite von 5,1 Prozent liegt der Ertrag hingegen nur bei 18’800 Franken. Die Differenz von 22'260 Franken oder fast 6,6 Prozent des Eigenkapitals ist auf lange Sicht erheblich.
Mieten bietet jedoch einige nicht monetäre Vorteile. Die Freiheit, das Anlagevermögen je nach Einkommens- und Vermögenssituation flexibel zu diversifizieren, ist einer davon. Wer Klumpenrisiken vermeiden will, kann sein Geld schrittweise in Aktien, ETFs, Anleihen oder Immobilienfonds investieren und so zumindest teilweise von Preissteigerungen profitieren.
Auch unvorhersehbare Ereignisse wie Scheidung oder Tod sind schwer zu quantifizieren. Laut Immobilienexperten sind nach dem Wegfall eines Haushaltseinkommens viele Eigenheime nicht mehr tragbar und müssen verkauft werden - oft mit Preisabschlägen. Obwohl objektive Kriterien für den Kauf sprechen, sind also auch subjektive Faktoren oft ebenso ausschlaggebend. Je nach Anleger oder Eigenheimbesitzer können diese sogar wertvoller sein als die finanziellen Vorteile.
14 Kommentare
Die Berechnung der Kosten für Kauf sind nicht vollständig. Grössere Unterhaltskosten fallen meist nach 20 bis 30 Jahren an: neue Heizung, neuer Boiler, Fassade malen, Storen ersetzen. Wer ein eigenes Haus hat, kann das weitgehend selber planen. Bei einer Eigentumswohnung (Stockwerkeigentum) werden diese Kosten jährlich durch Einlagen in einen Renovationsfonds vorfinanziert. Die liegen n.m.E. für eine Wohnung in diesem Preisbereich ganz schnell bei zusätzlichen CHF 5'000.- pro Jahr.
Meines Wissens können nur 10 % des EK aus Pensionskassengeldern (Bezug oder verpfändet) bestehen. Beim Vorbezug fallen zudem Kapitalbezugssteuern an. Zudem muss die Hypothek auf mind. 66 % amortisiert werden. die Amortisationen werden in die Tragbarkeitsrechnung miteingerechnet, ebenso Rückstellungen von 1 % des Kaufpreise sowie weitere 1 % des Kaufpreises für Unterhalt, der - anders als im Mietverhältnis, wo nur der kleine Unterhalt vom Mieter übernommen werden muss - vollständig vom Eigentümer getragen werden muss. Entsprechend ist diese Liegenschaft gar nicht tragbar für das Ehepaar, bei einem Bruttoeinkommen von CHF 200'000.-- p.a.
Die Rechnung funktioniert solange die Schweiz eine starke Wirtschaft hat und viele Menschen in die Schweiz einwandern.
Allerdings befindet sich die grossen Nachbarn im Norden und Westen bereits in einer Strukturkrise. Den Schweizern ging es Jahrzehnte gut. Das Abstimmungsverhalten ist immer weniger von Vernunft und Pragmatismus geprägt. Die Energiewende in ein Nichts, die Begeisterung für den "Klimawandel" sind kritische Zeichen. Insofern ist es eher eine Frage wann die Schweiz in eine Krise gerät als ob die Schweiz in eine Krise gerät.
nach meiner Optik sind die Preise heute in den meisten Fällen zu hoch und könnte dadruch schwierig werden wenn knapp finanziert wird, sollten mal die Bewertungen mal etwas sinken. Aber ja wenn die CH Regierung das Bauland nach wie vor so in Grenzen hält wie heute und weiterhin soviele Leute in die CH einwandern, dann wird wohl Eigentum fast nur steigen... Aber Wehe wenn die CH plötzlich viel mehr Bauland einzont oder und die Wirtschaft nicht mehr brummt und keine Leute mehr in die CH kommen oder umgekehrt, diese kehren der CH den Rücken zu... ein derzeit kaum vorstellbares Zenario aber eben schon möglich. Wow dann würden die Immopreise ins bodenlose Fallen... somit muss man sich halt immer alles gut überlegen...