China ist der grösste Nutzer von Solarenergie. Und ausgerechnet mit diesem grössten Markt will der Solarkonzern Meyer Burger nichts zu tun haben.
Ob Meyer Burger als Unternehmen eine Zukunft hat, hängt dennoch massgeblich von der Volksrepublik ab. Und China – beziehungsweise dessen Industrie – war auch ein wichtiger Grund, wieso der Thuner Hersteller von Maschinen für die Solarzellenfertigung in seiner alten Form keine Zukunft mehr hatte.
Günstige Konkurrenz aus dem Osten
Ab Ende der 1990er-Jahre fluteten chinesische Hersteller den Weltmarkt mit günstigen Solarpanels und Produktionsmaschinen, mit kräftiger Unterstützung vom Staat. Dabei bedienten sie sich teilweise auch bei den Innovationen von ausländischen Konkurrenten – wie Meyer Burger.
Der Niedergang des Thuner Konzerns spiegelt sich in der ganzen europäischen Solarindustrie. Besonders vom einst florierenden "Solar Valley" im Osten Deutschlands ist wenig übrig geblieben.
Einst galt Meyer Burger als einer der vielversprechendsten Schweizer Titel: Zwischen dem Börsengang 2006 und 2009 versechstfachte sich der Kurs.
Doch dann begann die Krise, aus der Meyer Burger bis jetzt nicht herausgefunden hat. Vier Mal konnte sich das Unternehmen nur dank einer Kapitalerhöhung das Überleben sichern – seinen letzten Gewinn meldete Meyer Burger vor neun Jahren. Die Fabrik in Thun ist längst geschlossen, Teile davon wurden in China angesiedelt.
Sprung in der Wertschöpfungskette
Dieses dunkle Kapitel in der Firmengeschichte soll nun aber vorüber sein. Seit letzten Frühling hat das Unternehmen eine neue Führung, die den Konzern neu ausrichtet. Die Firma will ihre Produktionsmaschinen künftig gleich selber verwenden: Meyer Burger wird zum Hersteller von Solarpanels und -zellen.
Diese neue Stellung in der Wertschöpfungskette soll es dem Unternehmen aus Gwatt bei Thun ermöglichen, ein altes Versprechen einzulösen: Meyer Burger verweist seit Jahren seine technologische Überlegenheit, die bald wieder den Erfolg bringen soll.
Nur gelang es dem Unternehmen bisher nicht, genügend Kunden von seinen sogenannten Heterojunction-Smartwire-Solarmodulen zu überzeugen, die deutlich mehr Sonnenstrom produzieren als die gängigen Module. Nun will Meyer Burger der Technologie selber zum Durchbruch verhelfen – wie später auch der noch vielversprechenderen Perowskit-Techologie, die das Unternehmen am entwickeln ist.
Produktion in Ostdeutschland
Aus dem Krisenunternehmen soll Europas grösster Hersteller von Solarzellen werden. Ab Ende Mai wird Meyer Burger in zwei Fabriken in Ostdeutschland die ersten Solarmodule und -zellen produzieren.
Die Sonnenstromanlagen sind für Hausdächer gedacht. Meyer Burger will sie zu Beginn an grosse Kunden in Europa verkaufen, etwa an Handelsketten. Der Verkaufsstart in den USA ist für das zweite Halbjahr geplant.
Der Hersteller konzentriert sich bewusst auf hochentwickelte Märkte, in denen er seine Patente gut geschützt sieht – und wo er sich gute Chancen ausrechnet, für "Made in Europe" höhere Preise verlangen zu können. Um China, einst das wichtigste Land für den damaligen Maschinenhersteller, macht die neue Meyer Burger einen Bogen.
"Unsere Zukunft liegt in der Schweiz, in Deutschland, in Europa insgesamt oder auch in Nordamerika, in Australien oder in Japan", sagte Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt letzten Herbst im Interview mit "cash".
"China ist deswegen in der Photovoltaik so gross geworden, weil wir Europäer es ihnen erlaubt haben. Wir haben ihnen Technologie und Prozesse geliefert – letzten Endes zu unserem eigenen Verderben", so Erfurt.
«Made in Europe» statt «Made in China»
CEO Gunter Erfurt und seinem Führungsteam muss es gelingen, die Kunden von der technologischen Überlegenheit der Produkte zu überzeugen. Denn die Zellen und Panels der Thuner sind sehr leistungsfähig, aber der Preis für die Anlagen ist auch höher.
Die Strategie geht nur auf, wenn Meyer Burger insbesondere die chinesische Konkurrenz in Schach halten kann. Chinesische Hersteller sind dank ihrer tiefen Preise dominant geworden – doch inzwischen stecken auch sie viel in Forschung und Entwicklung. Der Erfolg von Meyer Burger bleibt mit der Entwicklung in China verknüpft.
Meyer Burger hat auch das Geschäftsjahr 2020 mit einem hohen Verlust abgeschlossen. Der Umsatz verringerte sich auf 90,5 Millionen (Vorjahr: 262,0 Millionen Franken). Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) betrug -44,6 Millionen (VJ +1,1 Mio. Fr.) Franken. Beim Reinergebnis resultierte ein Fehlbetrag von 64,5 Millionen, verglichen mit einem Minus von 22,9 Millionen im Vorjahr. Das ist der neunte Jahresverlust in Folge. |
Dieser Artikel erschien zuerst bei handelszeitung.ch mit dem Titel: "'Made in Europe': Meyer Burgers Antwort auf Chinas Dumping".