Während Ems 2022 noch gut durch die konjunkturellen Verwerfungen und die Energiekrise nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs kam, schlugen die negativen Einflussfaktoren 2023 voll auf den Vorsteuergewinn des Spezialitätenchemie-Konzerns durch. Die Liste der Widerstände ist dabei lang: Starker Franken, schwache Automobilwirtschaft und Konjunktur in Europa, schwächelnder Konsum in China, hohe Transportkosten und die Fachkräfteintegration in den Wachstumsmärkten bleiben Herausforderungen.
Magdalena Martullo-Blocher machte am Freitag an der Medienkonferenz zum Jahresabschluss 2023 einmal mehr keinen Hehl daraus, dass die wirtschaftliche Zukunft Europas schwierig bleibt. «Europa ist für viele Firmen nicht mehr interessant und konkurrenzfähig, um zu investieren. Das hat vor allem politische Gründe und ist wirklich schade.» Sie bezweifelt, dass neue Batteriewerke, Solarzellenhersteller oder Artificial Intelligence die Technologien sind, mit welchen Europa die 'alten' Industrien ablösen kann. «Europa hinkt in diesen neuen Technologien hinterher und ich glaube kaum, dass dies aufzuholen ist. Die Innovationsfähigkeit kann man nicht einfach mit staatlichen Geldern erreichen.»
Ein im Jahr 2023 um 19,4 Prozent geschrumpfter Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 493 Millionen Franken gegenüber 611 Millionen Franken 2022 bekommen auch die erfolgsverwöhnten Aktionäre zu spüren. Die Ausschüttung wird von 20 auf 16 Franken zusammengestrichen, wobei der Generalversammlung eine ordentliche Dividende von 12,75 Franken und eine ausserordentliche Dividende von 3,25 Franken pro Aktie beantragt wird.
Bereits 2020 und 2022 hat Ems die Dividende gekürzt. Im Zehnjahresvergleich zwischen 2013 und 2023 stieg die Dividende aber immer noch um stattliche 45 Prozent. Ems plant weiterhin, eine Dividende von rund 19 Prozent des EBIT an die Aktionärinnen und Aktionäre auszubezahlen. Die Dividendenrendite beträgt 2,5 Prozent.
Die von 25 auf 22,5 Prozent gesunkene EBIT-Marge ist für Martullo-Blocher kein alarmierendes Zeichen. «Wir streben langfristig einen EBIT von mehr als 20 Prozent an. In den letzten Jahren waren wir ausserordentlich hoch und kehren heute in einem schwierigeren konjunkturellen Umfeld und einen starken Schweizer Franken zwischenzeitlich auf leicht tieferes Niveau zurück», erklärte Martullo-Blocher.
Kurzfristiger Ausblick wenig erbaulich
In der Industrie hat sich der Geschäftsverlauf über die ganze zweite Jahreshälfte verschlechtert. «Im vierten Quartal mussten wir bereits feststellen, dass auch die Nachfrage in der europäischen Autoindustrie bereits schwächer wurde. Generell haben viele Kunden auf Ende Jahr wegen der höheren Zinsen und der angespannten Liquiditätslage Läger reduziert.
Immerhin verlief das Geschäft im Januar 2024 vielversprechender. Aber es ist noch zu früh, um von einer nachhaltigen Trendwende zu sprechen. Die Firma aus Domat-Ems rechnet für das laufende Jahr mit einem Umsatz auf Vorjahresniveau sowie einem leicht über dem Vorjahr liegenden Betriebsergebnis. Die externen, im letzten Jahr negativ wirkenden Einflussfaktoren, dürften dabei die gleichen bleiben. Weltweit sei die Konjunkturkrise noch nicht ausgestanden, auch wenn sich China und die USA besser als Europa entwickeln.
Dank Innovation und Kostenoptimierung auf Kurs
Gegenüber der Konkurrenz wie Dupont oder Lanxess ist die Ems-Gruppe auf Kurs, da der Schweizer Spezialitätenchemiehersteller weiterhin mit einer wesentlich höheren Marge aufwarten kann. Um die Betriebsmarge zu halten, nimmt das Unternehmen Jahr für Jahr Millionenbeträge in die Hand, um die Betriebskosten zu senken und den Wettbewerbsvorteil auszubauen.
Zu Jahresbeginn wurde in Domat-Ems eine neue Polymer-Produktionsanlage in Betrieb genommen, welche rund 50 Prozent weniger Energie benötigt.
Zudem investiert Ems weiterhin in die Entwicklung von neuen Produkten sowie die Verbesserung der Service-Qualität. Die Firma stellt ihre Produkte nach den Bedürfnissen der Kunden her. In der Automobil-Industrie zielt Ems primär darauf ab, neue Teile wesentlich günstiger herzustellen. So wurde im letzten Jahr zum Beispiel für den Baumaschinenhersteller Caterpillar einen neue Kupplung aus Kunststoff entwickelt, die dem US-Konzern einen Kostenersparnis im tiefen einstelligen Millionenbereich einbringt.
Zum Abschluss der Medienkonferenz präsentierte Martullo-Blocher in Captains-Uniform einen Aussenbordmotor, der mit neuen Kunststoffteilen von Ems gefertigt wird. Kostenmässig sind die Motorenteile aus EMS-Spezialkunststoff bis zu 20 Prozent günstiger als die bisherigen mit Lackierung. So kann der Kunde den Preis seines Produktes sogar senken», so die Ems-Chefin.
Die Kapitänin zieht das Steuer herum
Herumreissen muss Martullo-Blocher das Steuer bei Ems nicht, denn die Strategie mit Fokus auf innovative, kundenspezifische Polymeren ist nach wie vor hoch profitabel. Gegensteuer geben ist allerdings ein Thema, welches die Firma bei zwei Punkten auf Trab halten wird. China ist erstens der führende Markt für E-Autos und Europa hinkt immer stärker hinter. Deshalb werden die Verkaufskapazitäten in Asien ebenso wie in den USA ausgebaut, um die Abhängigkeit des Geschäfts vom lahmenden Europa zu reduzieren.
Seit dem Amtsantritt von Martullo-Blocher, welche bei Ems vor 20 Jahren auf ihren Vater Christoph Blocher folgte, haben sich die Umsatzgewichte deutlich verschoben: Europa macht nach 72 Prozent im 2003 heute noch 50 Prozent aus. Der Anteil am asiatischen Markt stieg auf der anderen Seite in der gleichen Periode von 8 auf 28 Prozent, jener in den USA von 14 auf 20 Prozent. Rund 60 Prozent des Umsatzes werden weiterhin in der Automobilbranche erzielt.
Ein zweiter Fokus liegt trotz schwieriger Ausgangslage auf dem Ausbau des technischen Verkaufs. Mit rund 120 zusätzlichen Mitarbeitern sollen bei den Kunden innovative Gesamtlösungen zur Kostenreduktion, bei der Beratung für C02- Einsparungen sowie für neue Technologien bei E-Autos umgesetzt werden. Dies umfasst ein umfassenderes Entwicklungsangebot mit beschleunigter Realisierung. «Wir machen genau das Gegenteil von unserer Konkurrenz, geben jetzt vollen Schub und gehen volle Kraft voraus.»
7 Kommentare
Genau so wollen es die USA, ein schwaches Europa.
Angst machen, die Russen kommen, damit Waffen, natürlich in den USA, gekauft werden. Es liegt auf der Hand, die USA sind schon lange Bankrott. BRICS kommt, der Dollar geht.
Die Schweiz sollte sich um ein einen Anschluss an China bemühen. Oder gäb's noch andere attraktive Diktaturen? Russland oder Nord-Korea vielleicht? EMS hat schon lange auf China gesetzt. Und jetzt soll plötzlich Europa am Misserfolg schuld sein? Parteipolitisch mag's den Blochers vielleicht nützen.
Ah ja, Europa ist solch ein Erfolgsmodell, die machen alles richtig. Aber Schweizer Unternehmen die in einem schwierigen Umfeld neue Stellen schaffen, die betiteln sie als Misserfolg. Das hat mit straighttalk nichts zu tun.
EMS wird sehr schlecht geführt und ist deshalb leider kaum mehr zu retten. Kein Wunder wenden sich die Aktionäre ab und verkaufen ihre Papiere!
Lieber sergio_viva, das ist doch Ihre Gelegenheit, es bei EMS besser zu machen und die Kommandobrücke von EMS zu besteigen. Melden Sie sich bei Frau Martullo-Blocher und eröffnen Sie wieder die Erfolgsgeschichte!
Als nächstes kommt bestimmt die Anfrage der EMS über Subventionen um Arbeitsplätze zu erhalten.
Das spekulative Verhälten der Aktionäre hat wenig zu tun mit den inneren Werten einer Firma. Die Ems Chemie z.B. ist weitgehend schuldenfrei, kann Investitionen mit eigenen Mitteln dtemmen und gehört in der Branche zur „forefront of technology“. Gelegenheit einzusteigen im Sinne einer längerfristigten Investition. Neid ist ein schlechter Berater!