Die Bundesregierung hat an ihrem Rettungsplan für die Deutsche Lufthansa im Volumen von 9 Milliarden Euro festgehalten und überlässt es dem verärgerten Hauptaktionär Heinz-Hermann Thiele, ob er den Plan bei der Abstimmung diese Woche unterstützt oder nicht. Milliardär Thiele hatte zuvor gedroht, den Rettungsplan bei der Hauptversammlung am Donnerstag zu blockieren.
"Die Bundesregierung hat das Hilfspaket erläutert", sagten übereinstimmend zwei Regierungsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters nach einem Gespräch, zu dem Thiele und Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr in Berlin mit Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier zusammengekommen waren. Beide Seiten hätten ihre Positionen dargelegt, sagte einer der Insider. "Wir hatten ein freundliches Gespräch", sagte Scholz.
Lufthansa-Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele hatte vergangene Woche das bis zu neun Milliarden Euro schwere Finanzpaket kritisiert. Ihn stört vor allem der Einstieg des Staates mit 20 Prozent, für den das Grundkapital erhöht werden soll. Die bisherigen Aktionäre haben dadurch Einbussen.
Schutzschirmverfahren eine Option
Thiele liess offen, ob er bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag gegen den Plan stimmen wird. Da er mittlerweile 15,5 Prozent an der Lufthansa hält, kann er die auf der HV notwendige Zweidrittelmehrheit verhindern:. Nach Angaben des Unternehmens meldeten sich nur knapp 38 Prozent des Kapitals zum virtuell stattfindenden Aktionärstreffen an.
Die Lufthansa hatte erklärt, bei einem Scheitern des Finanzpakets womöglich ein Schutzschirmverfahren zu beantragen - eine Insolvenz mit dem Ziel der Sanierung. Doch darüber wurde bei dem anderthalbstündigen Gespräch im Bundesfinanzministerium offenbar nicht gesprochen. "Weitere über den Zeitpunkt der Hauptversammlung hinausgehende Themen waren nicht Teil des Gesprächs", hieß es in Regierungskreisen. Die Teilnehmer selbst äußerten sich bei Verlassen des Ministeriums nicht.
Finanzminister Scholz hatte Änderungen an dem Plan bereits vergangene Woche ausgeschlossen. Er äußerte sich nach dem Treffen zuversichtlich über den mit Spannung erwarteten Beschluss der Aktionäre. Das Paket sei gut und sorgfältig abgewogen mit vielen Seiten. "Und das wird auch, glaube ich, bei der Beurteilung der Aktionäre eine Rolle spielen."
Die Unsicherheit über die Zukunft der Airline ließ Lufthansa-Aktien an ihrem ersten Handelstag nach dem Dax-30-Abstieg um fast neun Prozent absacken.
Insolvenz wäre Blamage für Deutschland
Ein Schutzschirmverfahren sei mit großen Risiken verbunden, weil nur wenig Zeit für einen Neustart sei, warnte Ruxandra Haradau-Döser, Branchenexpertin vom Investmentberater Kepler Cheuvreux. "Ein Schutzschirmverfahren für die Lufthansa wäre für die Exportnation Deutschland eine große Blamage", sagte sie. "Eine Insolvenz würde die Beschäftigtenstrukturen der Lufthansa zerstören und das öffentliche Vertrauen in die Lufthansa nachhaltig beschädigen", mahnte auch Verdi-Vizechefin Christine Behle, zugleich stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Lufthansa. Die vor zweieinhalb Jahrzehnten privatisierte Lufthansa hatte sich gegen eine direkte Staatsbeteiligung gewehrt und vor einem Scheitern der dafür notwendigen Kapitalerhöhung auf der HV gewarnt.
Bei einem Schutzschirmverfahren bräuchte die Lufthansa umgehend mehrere Milliarden Euro Kredit, um den Flugbetrieb nicht einstellen zu müssen. Sie hätte dann drei Monate Zeit, um mit Geldgebern einen Sanierungsplan zu erstellen. Da das Unternehmen dann alle Verträge - auch Arbeitsverträge - kündigen könnte, würde sich der Druck auf die Gewerkschaften erhöhen.
Spohr wollte mit der Vereinigung Cockpit (VC) für die Piloten, der Flugbegleitergewerkschaft UFO und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bis zum heutigen Montag ein Sparpaket erzielen. Damit soll verhindert werden, dass die rechnerisch 22.000 überzähligen Vollzeitstellen gestrichen werden. Dabei zeichneten sich noch keine Einigung ab.
Verdi teilte mit, ihre Verhandlungen seien auf Freitag vertagt worden. Es habe einen konstruktiven Austausch über Zugeständnisse der Beschäftigten gegeben, für welche die Gewerkschaft im Gegenzug eine Absicherung der Mitarbeiter fordert. Die Lufthansa verhandele weiter mit den Gewerkschaften und hoffe auf ein gutes Ergebnis, sagte eine Sprecherin des Unternehmens.
(Reuters/Bloomberg)